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Monde

Titel: Monde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Wissenschaftler wies nach, bewies sogar mathematisch. Wenn die Erde tatsächlich so alt wäre, müsste sie unter mehreren Kilometern Meteoritenstaub begraben sein!«
    Das Publikum applaudierte hemmungslos. Die Frau des Gastgebers rang die Hände, lobte Jesus Christus über den Lärm hinweg und wippte vor und zurück. Gavin lächelte und hatte immerhin den Anstand, peinlich berührt dreinzuschauen . Baedecker musste an den »orangeroten Felsbrocken« denken, den er und Dave vom Mariusgebirge mitgebracht hatten. Altersbestimmungen mit Argon-39 und Argon-40 hatten ergeben, dass dieser Brocken Troktolitgestein 3,950 Milliarden Jahre alt war.
    »Das Problem mit der Evolutionstheorie«, erklärte Gavin, »besteht darin, dass sie konträr zur wissenschaftlichen Methode läuft. In Anbetracht der kurzen menschlichen Lebensspanne ist es unmöglich, diese sogenannten evolutionären Mechanismen, die sie postulieren, tatsächlich zu beobachten. Die geologischen Daten sind zu fragwürdig. Ständig zeigen sich Lücken und Widersprüche in diesen Theorien, wogegen alle biblischen Geschichten immer und immer wieder bestätigt worden sind.«
    »Ja. Ja«, sagte der Gastgeber und nickte nachdrücklich mit dem Kopf.
    »Gelobt sei Jesus Christus«, ergänzte seine Frau.
    »Wir können uns einfach nicht darauf verlassen, dass die Wissenschaft unsere Fragen beantwortet«, sagte Gavin. »Der menschliche Intellekt ist zu fehlbar.«
    »Wie wahr, wie wahr«, sagte der Gastgeber.
    »Gelobt sei Jesus Christus«, sagte seine Frau, »und Gottes Wahrheit werde verkündet.«
    »Amen«, sagte Baedecker und schaltete den Fernseher aus.
    Kurz nach dem Essen, in den letzten Minuten der Dämmerung, kamen die anderen auf die Lichtung. Die ersten beiden waren junge Männer im Collegealter, die offensichtlich schwere Rucksäcke mit Aluminiumstativen darauf trugen. Sie beachteten Baedecker und die anderen gar nicht, sondern beeilten sich, die Rucksäcke abzusetzen und die Stative aufzustellen. Aus den Rucksäcken holten sie Schaumgummipolster und zwei Sechzehn-Millimeter-Filmkameras.
    »Herrgott, ich hoffe, wir haben noch genug Licht«, ächzte der Übergewichtige in Shorts.
    »Müssten wir haben«, sagte der andere, ein großer Rothaariger mit Flaumbart. »Diese Tri-X ist schnell genug – Hauptsache, er taucht bald mal auf.« Sie konzentrierten sich darauf, die Kameras an den Stativen festzuschrauben und auf den Wegabschnitt zu richten, über den sie gerade gekommen waren. Hoch droben kreiste ein Falke in den letzten Aufwinden des Tages und stieß einen trägen Schrei aus. Ein letzter Sonnenstrahl ließ kurz seine Flügel aufschimmern, dann herrschte allumfassende Abenddämmerung.
    »Sie sollten ihre Aufnahme möglichst schnell machen«, sagte Maggie. »Es wird dunkel.«
    »Will noch jemand was?«, fragte Deedee.
    Eine blasse Bewegung war im Halbdunkel unter den Fichten zu erkennen, dann tauchte ein Mann auf, der gebeugt unter einer langgestreckten Last ging und sich langsam, aber sicher die letzten paar Meter des Wegs bis zur Lichtung heraufbewegte. Auch er schien im Collegealter zu sein, wirkte aber etwas älter als die anderen beiden, die sich konzentriert hinter ihren Kameras duckten: er trug ein schweißnasses blaues Baumwollhemd, zerrissene Khakishorts und feste Wanderstiefel. Auf dem Rücken trug er einen irgendwie zu groß geratenen blauen Bergsteigerrucksack mit Nylonnetz, an dem eine zylindrische, in rotes und gelbes Segeltuch gewickelte Last befestigt war. Die Stangen mussten viereinhalb Meter lang sein, sie ragten fast zwei Meter über die gebeugten Schultern des Mannes hinaus und schleiften in gleicher Entfernung hinter ihm durch den Staub. Das braune Haar des Mannes war lang und in der Mitte gescheitelt, es hing ihm in feuchten Strähnen herunter und lockte sich an seinen ausgeprägten Wangenknochen. Als er näher kam, bemerkte Baedecker die tiefliegenden Augen, die schmale Nase und den kurzen Bart. Die ganze Haltung und die mehr als eindeutige Erschöpfung des Mannes bestärkten Baedecker in seinem Eindruck, dass er hier einen Schauspieler vor sich sah, der den letzten Gang Christi auf den Berg Golgatha darstellte.
    »Großartig, Lude, wir kriegen es!«, rief der rothaarige Junge. »Komm schon, Maria, bevor das Licht weg ist! Beeilung!« Eine junge Frau erschien vor dem dunklen Pfad. Sie hatte kurzes, dunkles Haar, ein langes, schmales Gesicht und trug über ihren Shorts ein Oberteil, das ein paar Nummern zu groß schien. Auch sie hatte einen

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