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Monde

Titel: Monde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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nach dieser weiten Reise, ich meine, es war fast der Mond, richtig?«
    »Dreihundertsechsundachtzigtausend Kilometer, minus etwa achtzehntausend Meter«, sagte Gavin mit einem weiteren dünnen Lächeln.
    »Doch während die anderen staubiges Mondgestein im Gepäck hatten, sind Sie mit der ewigen Wahrheit von Gottes Wort zurückgekehrt, ist das richtig, Tom?«, fragte der Gastgeber.
    »Das ist richtig«, erwiderte Gavin und machte sich daran, von den zweiundfün f zig Stunden zu erzählen, die er allein im Kommandomodul verbracht hatte, von der Zeit ohne Funkverbindung auf der Rückseite des Mondes und von der plötzlichen Offenbarung über dem Krater Ziolkowski, als Gott zu ihm gesprochen hatte.
    »Meine Güte«, sagte der Gastgeber, »das war eine Botschaft von der wahren Kontrolle, was?« Seine Frau quietschte und klatschte in die Hände. Das Publikum applaudierte.
    »Tom.« Der Gastgeber wurde plötzlich ernst, streckte eine Hand aus und berührte den Astronauten am Knie. »Alles, was Sie während dieser … während dieser unglaublichen Reise gesehen haben … alles, was Sie während Ihres Flugs zu den Sternen erlebten … ich habe gehört, wie Sie jungen Menschen davon erzählt haben … das alles war Zeugnis für die Wahrheit von Gottes Wort, wie es in der Bibel offenbart wurde … alles kündete vom Ruhm Jesu Christi, oder nicht, Tom?«
    »Unbedingt, Paul«, sagte Gavin. Er blickte direkt in die Kamera, und Baedecker erkannte dieselbe Willenskraft und wütende Entschlossenheit, an die er sich noch von den Handballturnieren der Apollo - Besatzungen erinnerte. »Und, Paul, so aufregend und erhebend und lohnend es war, zum Mond zu fliegen … das ist nicht mit der Belohnung vergleichbar, die ich an dem Tag erfuhr, als ich Jesus Christus schließlich als meinen Herrn und Erlöser akzeptierte.«
    Der Gastgeber wandte sich der Kamera zu und nickte, scheinbar völlig überwältigt. Das Publikum applaudierte erneut. Die Frau des Gastgebers brach in Tränen aus.
    »Und, Tom, Sie hatten viele Gelegenheiten, davon zu künden und anderen Menschen Christus nahezubringen, oder nicht?«, fragte der Gastgeber.
    »Unbedingt, Paul. Erst letzten Monat wurde mir das Privileg zuteil, die Volksrepublik China zu besuchen und dort eines der wenigen verbliebenen Klöster zu besichtigen … «
    Baedecker ließ sich auf das Bett zurücksinken und presste die Handballen gegen die Stirn. Während des dreitägigen Rückflugs hatte Tom seine Offenbarung mit keinem Wort erwähnt, auch nicht bei den Gesprächen während der wochenlangen Quarantäne. Tatsächlich hatte Tom noch fünf Jahre nach dem Unternehmen mit gar niemandem darüber gesprochen, geschweige denn wie ein Bekehrter gehandelt. Erst kurz nach der Pleite seiner Großhandels-Vertretung in Sacramento hatte Gavin in der Talkshow eines lokalen Rundfunksenders von seiner Offenbarung gesprochen. Wenig später waren er und Deedee nach Colorado gezogen, um eine religiöse Organisation zu gründen. Letztlich überraschte es Baedecker nicht, dass Tom nach der Mission weder mit ihm noch mit Dave über die Sache gesprochen hatte; sie drei waren eine gute Mannschaft gewesen, standen einander aber nicht so nahe, wie man es nach zwei Jahren gemeinsamen Trainings eigentlich hätte erwarten können.
    Baedecker setzte sich wieder auf. » … in unserer letzten Sendung hatten wir einen bedeutenden Wissenschaftler zu Gast«, sagte der Talkmaster, »einen Christen und missionarischen Befürworter für Schöpfungsgeschichte als gleichberechtigtes Unterrichtsfach an den Schulen … wo man den Kindern, wie Sie sicher wissen, Tom, derzeit nur eine einzige, völlig falsche und gottlose Theorie eintrichtert, wonach der Mensch vom Affen und anderen niederen Lebensformen abstammt. Dieser bedeutende und angesehene Wissenschaftler wies jedenfalls nach, dass bei der Anzahl von Sternschnuppen, die jedes Jahr auf die Erde treffen … Sie müssen davon ja eine Menge gesehen haben, als Sie im All waren, was, Tom?«
    »Mikrometeoriten bereiteten den Ingenieuren einiges Kopfzerbrechen«, sagte Gavin.
    »Nun, mit diesen Millionen kleiner … kleiner Felsbrocken, das sind sie doch, oder? Mit diesen Millionen Felsbrocken, die auf die Erde fallen … wenn die Erde tatsächlich so alt wäre, wie diese Theorie behauptet … wie alt? Drei Milliarden Jahre?«
    Viereinhalb, dachte Baedecker. Idiot.
    »Etwas über vier Milliarden«, sagte Gavin.
    »Ja«, sagte der Gastgeber lächelnd, »nun, dieser bedeutende christliche

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