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Monde

Titel: Monde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Mastercard-Abrechnungen. In der Bibel steht, dass der Antichrist Staatsoberhaupt einer Konföderation von zehn Nationen in Europa sein wird. Nun, es könnte ein Zufall sein, aber der große Computer im Gebäude der Handelsverwaltung in Brüssel wird von manchen seiner Programmierer › das Tier ‹ genannt. Er nimmt drei Stockwerke in Anspruch.«
    »Na und?«, sagte Baedec ker. »Die NASA-Zentren in Hunts ville und Houston haben damals, 1971, mehr Computerraum gebraucht. Das bedeutet nur, dass Computer damals klobiger waren und mehr Raum beanspruchten als heute, aber hat nichts mit der Ankunft des Antichrist zu tun.«
    »Ja«, sagte Gavin, »aber das war, bevor der Barcode entwickelt wurde.«
    »Der Barcode?«, fragte Maggie. Sie erschauerte und rückte ein wenig näher zu Baedecker, als ein kalter Wind aufkam.
    »Der Strichcode«, sagte Gavin. »Diese Streifen auf sämtlichen Verpackungen, die du kaufst. Im Supermarkt … der Laserscanner liest den Code, der Computer registriert den Stückpreis.«
    »Ich kaufe in einem kleinen Eckladen in Boston ein«, sagte Maggie. »Ich glaube, die haben nicht mal eine elektronische Registrierkasse.«
    »Sie werden eine bekommen«, sagte Gavin. Er lächelte, aber seine Lippen bildeten nur eine dünne Linie. »Bis 1994 werden Barcode-Scanner überall im Einsatz sein, zumindest in diesem Land.«
    Baedecker rieb sich die Augen und hustete, als der Rauch in seine Richtung wehte. »Ja, Tom«, sagte er, »aber der Scanner liest die Preisauszeichnungen auf meinen Suppendosen und Chips-Packungen, nicht auf meiner Stirn.«
    »Lasertätowierungen«, sagte Gavin. »Professor R. Keith Farrell von der Washington State University entwickelte schon vor vielen Jahren einen Laser, um Fische zu registrieren. Das Ding ist schnell – braucht nicht mal eine Mikro sekunde –, schmerzlos und kann unsichtbar sein, außer für UV-Laserscanner. Schecks der Sozialversicherung tragen bereits ein S oder ein H unter ihrem Computercode. Das steht mit Sicherheit für › Stirn oder Hand ‹ . Als Nächstes wird die Regierung anfangen, die Empfänger der Sozialhilfe selbst zwecks leichterer Identifizierung und Kodierung zu markieren.«
    »Das wäre praktisch, wenn man nach der Pause wieder ins Rock-Konzert reinwill«, sagte Maggie.
    Deedee beugte sich vor ins rote Licht des erlöschenden Lagerfeuers. Ihre Stimme klang weich. › »So jemand das Tier anbetet und sein Bild und nimmt das Malzeichen an seine Stirn oder an seiner Hand, der soll von dem Wein des Zornes Gottes trinken, der unvermischt eingeschenkt ist in seines Zornes Kelch, und er wird gequält werden mit Feuer und Schwefel vor den heiligen Engeln und vor dem Lamm. Und der Rauch ihrer Qual wird aufsteigen von Ewigkeit zu Ewigkeit; und sie haben keine Ruhe Tag und Nacht, die das Tier anbeten und sein Bild, und wer das Malzeichen seines Namens annimmt. ‹ « Deedee lächelte schüchtern. »Offenbarung vierzehn: neun bis elf.«
    »Puh«, sagte Maggie mit aufrichtiger Bewunderung, »wie können Sie sich das nur alles merken? Ich konnte in der Highschool nicht mal die ersten zwei Verse der › Betrachtung über dem Tod ‹ , der Thanatopsis, auswendig lernen.«
    Gavin ergriff Deedees Hand. »Vielleicht lässt sich ein anderer Vers leichter auswendig lernen. Johannes drei: sechzehn, siebzehn«, sagte er. › »Denn Gott hat seinen Sohn nicht gesandt in die Welt, dass er die Welt richte, sondern dass die Welt durch ihn gerettet werde. ‹ «
    Ein paar schwere Regentropf en zischten im Feuer. Bae decker spähte nach oben und stellte fest, dass die Sterne verschwunden waren und der Himmel über ihnen ebenso schwarz war wie die Felswände des Tals. »Verdammt«, sagte er, »ich wollte heute Nacht im Freien schlafen.«
    Baedecker lag in dem kleinen Zelt und dachte über seine Scheidung nach. Das war ein Thema, das er sich nur selten ins Gedächtnis rief; die Erinnerungen waren so verschwommen und schmerzlich wie die an jene zwei Monate, die er 1962 im Krankenhaus verbracht hatte, nachdem er mit einer F-104 abgestürzt war. Er drehte sich um, aber der unebene Boden drangsalierte ihn durch den Schlafsack und die dünne Schaumgummiunterlage. Tommy Jr. schnarchte neben ihm. Der Junge roch nach Wein und Pot. Draußen klatschten ein paar Regentropfen auf das Zelt, und zehn Meter entfernt plätscherte der Cimarron River, nicht breiter als ein Bach, leise vor sich hin.
    Baedeckers Scheidung war im August 1986 rechtskräftig geworden, nur zwei Wochen vor ihrem

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