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Monde

Titel: Monde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Kilometer weiter und stoppten schließlich auf Kink Weltners Wiese. Dave kramte Notizblöcke und Taschenlampen hervor und führte eine gründliche Inspektion durch, kroch sogar unter die dunkle Masse der Maschine und vergewisserte sich, dass sich keine Kondensflüssigkeit in der Treibstoffleitung abgesetzt hatte. Gemeinsam standen sie auf dem flachen Dach der Maschine und überprüften Rotornabe und -mast, das Steuergestänge und die große Mutter am Rotor, als Baedecker sagte: »Das ist doch nicht unser Ernst, oder?«
    »Warum nicht?«, sagte Dave.
    »Wir werden Kink aufwecken.« Mehr fiel Baedecker auf die Schnelle nicht ein.
    Dave lachte. »Nichts weckt Kink auf. Komm mit.«
    Baedecker kletterte nach unten und stieg ein. Er nahm auf dem linken Sitz Platz, ließ den Schultergurt in dem breiten Schoßgurt einrasten, streifte den vorgeschriebenen National Guard-Helm über, den er beim Flug hierher nicht getragen hatte, setzte den Kopfhörer auf und betrachtete blinzelnd die roten Lichter, die ihm vom mittleren Armaturenbrett entgegenleuchteten. Dave beugte sich nach vorne und führte den Cockpitcheck durch, während Baedecker die Positionen der Trennschalter durchging. Als er fertig war, befestigte Dave ein Gerät in den Metallklammern auf seiner Seite des Armaturenbretts und testete es.
    »Was, zum Teufel, ist das?«
    »Tonband«, sagte Dave. »Kein Huey, der was auf sich hält, fliegt ohne.«
    Der Starter heulte, die Rotoren drehten sich, die Turbine hustete und sprang an. Dave schaltete den Bordfunk ein. Seine Stimme klang gedämpft. »Nächster Halt: Stonehenge.«
    »Wie bitte?«
    »Wart ’ s nur ab, Amigo. Oh, sitzt meine Brille richtig?«
    Baedecker schaute nach rechts. Dave trug eine klobige Nachtsichtbrille, aber das Gesicht unter Brille und Helm war nicht das von Dave. Es war nicht einmal das eines Menschen. Im roten Leuchten des Cockpits konnte Dave nur zwei riesige Augen erkennen, die in einem Winkel von fünfundvierzig Grad auf kurzen, fleischigen Stummeln abstanden, darunter einen breites, lippenloses Froschmaul, das ohne den Umweg über ein Kinn in den Hals überging, so faltig und schlaff wie der eines steinalten Truthahns.
    »Ja, alles in Ordnung«, sagt Baedecker.
    »Danke.«
    Drei Minuten später schwebten sie siebenhundertfünfzig Meter über Lonerock. Unten waren nur wenige Lichter zu erkennen. »Hat dir mein Admiral Ackbar nicht gefallen?«, fragte Dave.
    »Au contraire« , sagte Baedecker, »es war die beste Admiral-Ackbar-Maske, die mir jemals untergekommen ist. Was tust du da?«
    Dave hatte den Schalter für die Landelichter an der Kollektivsteuerung ge drückt. Jetzt bewegte er den An/ Aus-Schalter hin und her. Baedecker konnte das pulsierende Licht durch den transparenten Kinnschutz erkennen.
    »Ich schick nur ein paar außerirdische Grüße an Miz Callahan«, sagte Dave, »damit sie für heute Nacht Schluss machen und zu Bett gehen kann.« Er schaltete das Licht aus und schwenkte den Huey in eine Kurve.
    Sie flogen in einer Höhe von fünfzehnhundert Metern über Condon hinweg. Baedecker sah Lichter um einen menschenleeren Musikpavillon in einem kleinen Park schimmern, eine im Schein von Quecksilberdampflampen erstarrte verlassene Hauptstraße und dunkle Seitenstraßen, in denen man die hellen Flecken von Straßenlaternen zwischen hohen, alten Bäumen hindurch erahnen konnte. Vielleicht, überlegte Baedecker plötzlich, waren Kleinstädte geistig gesünder als Großstädte, weil sie schlafen durften.
    »Leg die mal ein, Richard.« Dave reichte ihm eine Kassette. Baedecker musterte sie im blassen Schein der Sammelanzeige. Es stand nur »Jean Michel Jarre« darauf. Er legte sie ein. Prompt musste er an den kleinen Kassettenrekorder denken, den sie im Kommandomodul mitgenommen hatten. Jeder hatte drei Kassetten beigesteuert; Tom Gavin brachte Country & Western und Hits von Barry Manilow; Baedecker präsentierte Bach, Brubeck und die Preservation Hall Jazzband; und Dave hatte … nun, Dave hatte die bunteste Mischung von allen dabei – Bänder mit Walgesang, Paul Winters Gruppe »Consort«, die Icarus spielte, die Beach Boys, ein Duett mit japanischer Flöte und indischer Sitar und die Aufnahme einer Art Stammeszeremonie der Massai.
    »Was jetzt?«, fragte Baedecker.
    Dave drückte den Knopf des Kassettenrekorders und strahlte ihn an, wobei die Enden der runden Brille rötlich leuchteten. »S.E.E.S.U.S.E.A.L.«, sagte er.
    Die ersten Takte der Musik erklangen im selben Augenblick in

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