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Monde

Titel: Monde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Sekunden zu den dreieckigen Fenstern hinausgestarrt, auf die gleißenden Gipfel, pechschwarzen Täler und Vorgebirge der Mondmassive im Erdlicht. »Okay«, hatte Dave da geflüstert, während die Gipfel auf sie zukamen wie Zähne und die Berge näher rückten wie gefrorene weiße Wellen aus Stein. »Ich könnte hier etwas Hilfe gebrauchen, Amigo.«
    Die Musik ging zu Ende, der Huey ließ das Tal hinter sich, und dann überflogen sie einen breiten Fluss, bei dem es sich, um den Columbia handeln musste. Wind peitschte gegen die Maschine, Dave bediente die Pedale und kompensierte mühelos. Sie stiegen auf dreißig Meter, als ein Damm unter ihnen zurückblieb. Baedecker spähte nach unten und sah eine Lichterkette vorüberhuschen, entdeckte Mondschein auf weißen Schaumkronen. Sie stiegen auf hundertfün fz ig Meter und schwenkten weiter steigend nach rechts. Unter ihnen glitt das nördliche Ufer vorbei und zur Rechten eine steile Felsenklippe, dann stiegen sie erneut, drehten sich um die Achse des Huey und schwebten.
    Sie schwebten. Kein Laut war zu hören. Der Wind brandete einmal gegen die stillstehende Maschine, dann ließ er nach. Dave deutete mit dem Finger, und Baedecker öffnete das Fenster weiter und beugte sich hinaus, damit er bessere Sicht hatte.
    Dreißig Meter unter ihnen erhob sich als einziges Bauwerk auf einem Hügel hoch über dem windgepeitschten Columbia River der Quaderkreis von Stonehenge, milchig weiß und schattig im Licht des Vollmonds.
    »Okay«, sagte Dave. »Ich könnte hier etwas Hilfe gebrauchen, Amigo.«
    Staub wirbelte auf, als sie dreißig Meter tiefer sanken. Der Landescheinwerfer wurde ausgefahren, blinkte und erleuchtete das Innere einer wirbelnden Wolke. Baedecker konnte flüchtig einen Schotterparkplatz auf einer unebenen Fläche unter ihnen erahnen, dann hüllte der Staub sie wieder ein, und Steine prasselten wie Hagelkörner gegen den Bauch der Maschine.
    »Sprich mit mir«, meinte Dave ruhig.
    »Acht Meter, Vorwärtsbewegung«, sagte Baedecker. »Viereinhalb Meter. Schaut gut aus. Drei Meter. Warte, drei zurück, da ist ein Felsbrocken. Rechts. Okay. Runter. Eineinhalb Meter. Alles gut. Sechzig Zentimeter. Okay. Zwanzig Zentimeter. Kontakt.«
    Der Huey wippte leicht und ließ sich schließlich fest auf seinen Kufen nieder. Staub hüllte sie ein, verwehte aber im starken Wind. Dave schaltete die Maschinen ab, das rote Leuchten im Cockpit verschwand, und Baedecker stellte fest, dass sie sich wieder im Reich der Schwerkraft befanden. Er nahm den Helm ab, löste die Gurte und öffnete die Tür. Er schlenderte um den Helikopter herum zu Dave, dessen dunkles Haar schweißnass war und dessen Augen leuchteten. Der Wind wehte jetzt heftiger, zerzauste Baedeckers schütteres Haar und kühlte ihn rasch ab. Gemeinsam schritten er und Dave zu dem massiven Bauwerk hinüber.
    »Wer hat das gebaut?«, fragte Baedecker nach mehreren Minuten des Schweigens. Der Vollmond stand genau über dem höchsten Bogen. Schatten fielen über den großen Stein, der in der Mitte des Kreises lag. Dies war Stonehenge, wie es ausgesehen haben musste, als die Druiden ihre Arbeit gerade beendet hatten, bevor Zeit und Touristen ihren Tribut von den Steinen forderten.
    »Ein Mann namens Sam Hill«, sagte Dave. »Er war Straßenbauer. Kam Anfang des Jahrhunderts her, um eine Stadt zu gründen und Weinberge anzulegen. Eine Art utopische Kolonie. Er hatte sich eine Theorie zurechtgebastelt, wonach dieser Abschnitt der Schlucht des Columbia ideal für Weinanbau sein müsste – Regen von Westen, Sonnenlicht auf den Osthängen. Perfekte Harmonie.«
    »Hatte er Recht?«
    »Nein. Lag schätzungsweise dreißig Kilometer daneben«, sagte Dave. »Die Stadt liegt hinter dem Hügel da in Ruinen. Sam wurde da unten begraben worden.« Er deutete auf einen schmalen Pfad, der einen steilen Abschnitt des Hügels hinabführte.
    »Warum Stonehenge?«, fragte Baedecker.
    Dave zuckte die Achseln. »Wir alle möchten Monumente hinterlassen. Sam hat sich seines eben ausgeliehen. Er war im Ersten Weltkrieg in England, als die Fachleute noch glaubten, Stonehenge sei ein Opferaltar gewesen. Sam hat daraus eine Art Antikriegsdenkmal gemacht.«
    Baedecker ging näher hin und konnte Namen in den Steinen erkennen. Und die Steine bestanden in Wahrheit aus Beton.
    Sie wanderten zum südlichen Rand des Kreises und blickten über den Fluss hinweg. Die Lichter einer Stadt und einer Brücke leuchteten mehrere Kilometer entfernt im Westen. Der Wind wehte

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