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Mondgeschöpfe (Phobos)

Mondgeschöpfe (Phobos)

Titel: Mondgeschöpfe (Phobos) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Schuck
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heißt du Renfield. Du wusstest es bis heute nur noch nicht."
    Renfield hatte nicht den Eindruck, als sei es ratsam, auf seinem angestammten Namen zu bestehen. Und was machte das schon: Renfield oder Timo? Er ließ diese Angelegenheit auf sich beruhen.
    Ich fuhr fort: "Schluss mit diesen Feinheiten! Heute Nacht noch überfallen wir einen Geldtransport."
    "Überfall!?", wiederholte Renfield, während sich Hysterie in ihm auszubreiten begann.
    Für Menschen wie Renfield empfand ich Verachtung, weil sie sich nicht wehrten. Sie wehrten sich nicht gegen das, was sie in die Klapsmühle gebracht hatte. Und sie wehrten sich nicht gegen mich, selbst wenn ich sie dorthin zurückbringen würde. Aber ich ahnte schon damals, dass ich mit Hilfe der Verach tung weichere Gefühle abwehrte, etwa Mitleid. Und vielleicht sogar die Sehnsucht danach, auch einmal so hilflos sein zu dürfen.
    Ich erklärte Renfield alles, was er über diesen nächtlichen Einsatz wissen musste. Zwei Stunden später saßen wir im Wagen, den ich in Sichtweite der Kreuzung Südring geparkt hatte. Ich betätigte mit sanften Fingern das Frequenzmodul und drängte mich an den Sender der Uppershare-Geldtransportgesellschaft heran. Als der Transporter, auf den ich es abgesehen hatte, in den Sendeschatten der Hochhäuser von Klein-Manhattan geriet, übernahm ich ihre Frequenz ganz und drängte den Zentralfunk mit meinem Störsender komplett ab. Nun begann ich vom Notebook aus ein wenig Infraschall im 17Hz Bereich hinzuzumischen.
    Renfield und ich sahen den kleinen, kastenartigen Transporter aus dem Autotunnel kommen und auf die Kreuzung zufahren, an der wir lauerten. Ich sah vor meinem inneren Auge genau, was in seinem Inneren los war. Ohne zu zögern stieß ich meine aggressive Unterfrequenz wie ein Messer in ihren Wagen. Sie fraß sich durch ihren Empfänger, griff auf alles über, was aus Metall war, um es als Lautverstärker zu missbrauchen. Der entstehende Ton im Wageninneren drang wie eine Stahlsäge in die Gehirne der Transportbegleiter ein. Renfield sah den Wagen schwanken, als würde er von einem Betrunkenen gesteuert. Ich startete meinen Wagen, und als der Geldtransporter uns in Schlangenlinien passierte, setzte ich mich neben ihn und drängte ihn eiskalt von der Fahrbahn ab. Der Transporter rutschte in den Straßengraben, holperte noch etwas weiter und fiel dann auf die Seite, wie ein erschossenes Nashorn.
    Als wir ausstiegen, drang eine Ahnung dieser tiefen Töne auch an unsere Ohren. Wir hielten Abstand. Ich wusste, dass die Transportbegleiter es nicht lange aushalten würden. Da sprangen auch schon die Seitentüren auf. Fahrer und Beifahrer kletterten heraus und taumelten ins Freie. Sie hielten sich die Köpfe fest, als seien sie in Gefahr, abgeschraubt zu werden. Wahrscheinlich war es auch so. Nachgewiesen ist bei Infraschall, jedenfalls bei hohen Schalldrücken, ein allgemeines Unbehagen, große Traurigkeit, und Beklemmung, Reizbarkeit verbunden mit Übelkeit oder Furcht bei den Menschen, die der Schall trifft. Bei Tieren sind die Wirkungen nicht erforscht. Einige Versuchspersonen berichteten davon, dass es ihnen kalt den Rücken runtergelaufen wäre. Ebenso klagten sie über einen großen Druck auf der Brust. Mein Wissen stammte aus dem Institut. Alles nur geklaut. Ich arbeitete hier im Einsatz mit viel höheren Schalldrücken, als die Weißbekittelten, die sich ja nicht andauernd nach neuen Versuchspersonen umschauen wollten. Ich schien die richtige Frequenz getroffen zu haben. Die Transportbegleiter verschwanden schreiend in der Dunkelheit.
    Der Typ, der gleich auf dem Geld saß, um es zu bewachen, konnte natürlich nicht aussteigen. Er war eingeschlossen. Wir mussten ihm helfen.
    Ich nahm den Infrasender aus meinem Wagen und trug ihn zu dem Transporter. Renfield passte auf, dass sich das Verlängerungskabel nicht verhedderte. Ich setzte das Gerät dicht über das Schloss der hinteren Türe. Der Infrasender saugte sich mit seinen Magneten am Metall des Wagens fest. Mit der Hand gab ich Renfield ein Zeichen, damit er die Stromzufuhr am Generator erhöhte. Die Tür des Geldtransporters lief leuchtend blau an. Der Mensch im Inneren schrie lauter.
    Etwas knackte in der Türe. Wieder gab ich ein Zeichen , und Renfield unterbrach die Stromzufuhr. Vorsichtig fasste ich den Infrasender an und zog. Die Türe fiel auf den Boden. Nichts hielt sie mehr. Der Wachmann rollte mir bewusstlos vor die Füße. Schleunigst begann ich Renfield die Geldsäcke aus dem

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