Mondglanz
und nimmer auf mich hören. Sie wollten einen Sündenbock, und jetzt haben sie einen. Ich könnte Marsch umbringen vor Wut und Schmerz, aber ich fürchte, das werden die Kakerlaken für mich besorgen. Sie werden ihn in die Minen stecken, und das, nachdem ich ihn aller emotionalen Verteidigungsmechanismen beraubt habe.
Trotzdem versuche ich es. »Scannen Sie ihn. Sehen Sie nach, ob er lügt.«
Ich weiß, die Ithorianer verfügen über die entsprechende Technologie, doch der Kommandant sieht mich an, als wäre mein Vorschlag das Niederträchtigste, das er je gehört hat. »Wollen Sie Ihren eigenen Liebhaber einen Lügner nennen, Botschafterin? Ich muss mich fragen, ob Sie bei rechtem Verstand sind, denn ich rieche ihn überdeutlich an Ihnen.«
Die Art, wie Vel seine Klauen bewegt, während er übersetzt, sagt mir, dass er dem Kommandanten am liebsten hier und jetzt Manieren beibringen würde, und ich bin versucht, ihn zu lassen. Mit schier übermenschlicher Anstrengung gelingt es mir, die Ruhe zu bewahren, auch wenn alles in mir danach schreit, hier alles kurz und klein zu schlagen und dann abzuhauen.
Zu viel hängt von dieser Mission ab, ich darf meinen Impulsen nicht nachgeben. Ich fürchte, ich kann weder schnell noch klar genug denken, um Marsch vor sich selbst zu retten. Der Hurensohn ist wild entschlossen, als Märtyrer zu sterben. Jetzt weiß ich, wie es für ihn ist, wenn ich ständig davon rede, eines Tages im Grimspace zu enden. Diese Medizin schmeckt mir überhaupt nicht.
»Er würde alles tun, um mich zu schützen«, sage ich schließlich. Und das ist sogar die Wahrheit.
Vel übersetzt meine Worte.
»Eine Schutzlüge?« Der Kommandant tippt sich nachdenklich mit den Klauen auf den Chitinpanzer. »Eine faszinierende Vorstellung, Botschafterin, aber bedenken Sie dies: Einzig und allein ein umfassendes Geständnis kann die Worte entkräften, die bereits gesagt wurden. Darf ich also folgern, dass Sie ein vollständiges Geständnis ablegen wollen?«
Wahrscheinlich sollte ich das. Wenn wir beide gestehen, können sie keinen von uns verurteilen, oder? Doch, und zwar als Verschwörer. Und dann landen wir beide in den Minen , widerspricht eine kleine Stimme in mir. Aber zumindest wären wir dann zusammen …
Wenn es hier nur um mich ginge, ich würde gestehen, aber so viele Menschenleben hängen von mir ab. Ich weiß nicht, ob die Situation überhaupt noch zu retten ist, aber ich darf jetzt nicht aufgeben. Nicht einmal, um meinen Lover zu retten. Die Abstimmung über die Allianz muss stattfinden.
Marsch sucht meinen Blick, und ich spüre, wie Wärme mich durchströmt. Es ist in Ordnung so . Selbst jetzt versucht er, für mich da zu sein. Deine Mission ist wichtiger als du und ich, und wir wissen beide, dass dies die einzige Möglichkeit ist. Tu jetzt das Richtige, Jax – lebe! Lebe für mich.
Ein Schluchzer steigt in meiner Kehle auf, als sie ihn mitnehmen.
Der Kommandant teilt uns noch knapp mit, dass wir besser bleiben sollten, wo wir sind, aber die anderen verstehen ihn ohnehin nicht.
Vel eilt hinter den Soldaten her, um zu dolmetschen.
»Die Sache hat auch was Gutes«, verkündet Jael fröhlich. »Jetzt ist alles geklärt, und wir haben eine weiße Weste. Wenn Doc noch ’ne passende Medizin für Scharis findet, sieht es doch wieder ganz prächtig aus mit dieser Allianz. Schwacher Abgang für Marsch zwar, aber sonst …«
»Du hast keine Ahnung, wer Marsch wirklich ist. Also rede auch nicht über ihn«, faucht Dina. »Oder ich ramm dir deine Zähne so tief in den Rachen, dass du sie ausscheißen wirst.«
Jael lächelt, aber es ist kein schönes Lächeln, sondern eins, das so ganz und gar nicht zu seinem Gesicht passt. »Du kannst es gern jederzeit versuchen.«
Die Streiterei der beiden interessiert mich nicht. Ist mir egal, wenn sie sich gegenseitig umbringen. Soll Hammer dazwischengehen, oder eben auch nicht. Mit einem Stöhnen sinke ich zu Boden, und die Tränen, die ich so lange zurückgehalten habe, fließen in Strömen. Maria, das ist mein Ende .
»Haltet jetzt verdammt noch mal die Klappe, beide«, sagt die Pilotin fast beiläufig und kniet sich neben mich. Ich bin überrascht, als sie mich auch noch in die Arme nimmt, wie Adele es vielleicht getan hätte. Sie sagt nichts, denn sie weiß, dass sie mir nicht versprechen kann, alles würde wieder in Ordnung kommen. Doch ich bin einfach dankbar für ihre Wärme. Für eine Killerin ist sie sozial erstaunlich kompetent. Kein Wunder, dass Dina
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