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Mondglanz

Mondglanz

Titel: Mondglanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Aguirre
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es um Marsch geht, darf ich niemandem blind vertrauen.
    Dina würde ihm niemals absichtlich schaden, aber vielleicht wusste sie nicht, dass er mir aus der Patsche helfen würde. Es gab eine Zeit, da hätte ich ihr zugetraut, dass sie mir das Fläschchen untergeschoben hat, so sehr hat sie mich gehasst. Aber diese Zeit ist vorüber. Außerdem ist sie zu klein, aber sie könnte immer noch zum Kreis der Mittäter gehören. Auch wenn mein Bauchgefühl mir sagt, dass sie eher sterben würde, als so etwas zu tun, muss ich jede Möglichkeit unvoreingenommen überprüfen.
    Hammer und Jael kenne ich zwar nicht annähernd so gut wie Dina, aber auch sie betrachte ich mittlerweile als meine Freunde, und ich mache mir Sorgen, wie sie reagieren würden, falls sie je dahinterkommen, dass ich sie gerade verhöre. Ich kann es mir nicht leisten, die wenigen Freunde zu verprellen, die ich habe. Aber wenn ich Marschs Kopf retten will, müssen sie sich eben ein paar unangenehme Fragen gefallen lassen. Danach kann ich ihre Namen von der Liste der Verdächtigen streichen.
    »Irgendwelche Vorschläge?«, frage ich Vel.
    Der Kopfgeldjäger versteht meine Gedankengänge mittlerweile beinahe so gut wie Marsch. »Stellen Sie Essen hin«, rät er. »Dann wirkt es, als wollten Sie nur etwas Beistand in dieser unerfreulichen Angelegenheit.«
    Doch noch bevor ich irgendetwas bestellen kann, piepst Vels Kommunikator, und als Velith das Gespräch beendet, sieht er aus wie vom Donner gerührt. »Scharis ist bei Bewusstsein. Er wünscht, uns zu sehen.«
    Ein tonnenschweres Gewicht fällt von mir ab. »Nichts wie los.«
    »Eine bewaffnete Eskorte wird uns begleiten«, warnt Vel mich auf dem Weg zur Tür. »Ab jetzt wollen sie jedes noch so kleine Risiko ausschließen.«
    Sechs Ithorianer in voller Ausrüstung warten auf uns, alle mit den gleichen Streifen auf dem Chitinpanzer und bewaffnet. Vels Schilderung nach reichen die kleinen Waffen, die sie bei sich haben, um jeden von uns in ein Häufchen Asche zu verwandeln. Keine Mätzchen also.
    Auf dem Flur kommt direkt vor mir ein San-Bot aus der Wand gerollt und fährt dreimal im Kreis um meine Füße. Irgendetwas stimmt mit diesen Dingern nicht. Wer auch immer sie wartet, macht seinen Job nicht ordentlich.
    Wortlos bringen uns die Soldaten zu Scharis. Vor der Tür zu seinem Krankenzimmer werden wir gründlich durchsucht, und sie nehmen uns alle elektronischen Geräte ab; nur meine Kleider darf ich am Leib behalten. Auch ich will nicht, dass Scharis irgendetwas zustößt, aber ich frage mich, ob die Ithorianer bei ihren Artgenossen genauso vorsichtig sind. Sie wissen, dass es äußerst unwahrscheinlich ist, dass wir etwas mit dem Anschlag auf Scharis zu tun hatten, und trotzdem scheuchen sie uns sogar noch in eine Dekontaminationskammer, damit wir auch auf unserer Haut keine Giftstoffe hineinschmuggeln können. Das verdeutlicht mir einmal mehr, was sie von uns Menschen halten. Gewalttätige Wilde sind wir in ihren Augen, und da ich schon einmal einen Menschen mit einem Disruptor erschossen und gesehen habe, wie seine Brust explodierte, kann ich ihnen nicht einmal widersprechen.
    Als wir endlich hineindürfen, sehen wir Scharis auf einer Art Diwan liegen. Der besteht aus einem organischen Material, das unter jeder seiner Bewegungen nachgibt. Die biotechnologischen Einrichtungen der ithorianischen Behausungen gehen eine Art Symbiose mit den Bewohnern ein, wie mir gesagt wurde.
    Scharis scheint im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte zu sein. »Bitte verzeihen Sie mir, wenn ich nicht aufstehe«, sagt er zur Begrüßung, also scheint sein Sinn für Humor ebenfalls noch intakt zu sein.
    Vel spielt wieder den Übersetzer, während ich mich ganz besonders tief vor Scharis verneige und mit meinem Wa auch gleich meine Anteilnahme übermittle. Brauner Vogel wünscht Ihren Schmerz ins Land der Geister.
    Scharis wirkt verblüfft. Wahrscheinlich fragt er sich, wie es mir als Mensch gelingt, mich auf diese Weise auszudrücken. Auch ich frage mich allmählich, ob der Chip, den Vel mir eingesetzt hat, nicht irgendein Prototyp ist, den er in seiner Freizeit entwickelt hat. Das Ding übersetzt weit mehr als nur Worte; auch Gesten und andere kulturelle Eigenheiten hat es in seinem Repertoire. Vielleicht sollte ich mir Sorgen machen, welche Langzeitwirkung das Implantat auf mein Gehirn hat, aber ich vertraue Velith und nehme mir vor, ihn später danach zu fragen.
    Ich wende meine Aufmerksamkeit wieder Scharis zu. »Sie

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