Mondglanz
mithören kann , füge ich stumm hinzu. Gut möglich, dass sie uns permanent überwachen. Hauptsache, wir machen das nicht auch mit ihnen. Das würden sie sofort als aggressiven Akt auffassen, als Spionage oder Kriegsvorbereitung. Aber vielleicht halten sie sich auch zurück. Noch. Ich beschleunige meinen Schritt, bis ich beinahe laufe.
»Ist Marsch versorgt?«, fragt Velith, als ich schon fast bei ihm bin.
»Ja.« Mit einem Klicken schalte ich mein Intercom ab.
Leicht außer Atem drücke ich auf den Knopf und warte, bis mich der Tür-Bot ankündigt.
Vel öffnet selbst. Wenn ich seine Mimik richtig deute, sieht er ein bisschen besorgt aus. Er bedeutet mir einzutreten und verriegelt die Tür.
»Keine Unterbrechungen, keine Ausnahme, für niemanden«, weist er den Bot an – eine Vorsichtsmaßnahme, die ich zu schätzen weiß. Er setzt sich ans Terminal, an dem er offenbar gearbeitet hat, und ich frage mich, ob es für Vel auch so etwas wie Freizeit gibt.
Ich nehme den Stuhl neben ihm. »Ich sage dir das, weil ich dich nicht noch einmal im Regen stehen lassen will wie letztes Mal. Und, wer weiß, vielleicht kannst du mir sogar helfen.«
»Im Regen?«, fragt er verwundert.
Manchmal bin ich mir nicht sicher, wie viel Universal er wirklich versteht und wann er sich auf die Übersetzungskünste seines Chips verlassen muss.
»Sie meinen, weil Sie mich nicht über Ihre Pläne informiert haben?«
»Genau. Ich möchte ein Implantat, mit dem ich Ithorianisch verstehen kann. Den zugehörigen Stimmgenerator brauche ich im Moment nicht unbedingt, und die Operation würde zudem viel zu lange dauern. Wichtig ist, dass ich morgen bei dem Treffen alles mitbekomme, aber wenn ich mir einen Stimmgenerator einsetzen lasse, liege ich ein paar Tage lang flach. Bei einem Übersetzungsimplantat sind es nur wenige Stunden, oder?«
»Im Großen und Ganzen stimmt, was Sie sagen«, erwidert Vel. »Darf ich fragen, weshalb Sie dieses Implantat wünschen, Sirantha?«
Und schon ist es wieder so weit: Vertrauen. Ich muss Vertrauen zeigen.
»Wenn du nicht dabei bist und übersetzt, reden die Ithorianer viel unbefangener«, erkläre ich. »Der Zwischenfall vorhin hat mir gezeigt, dass die Dinge vielleicht nicht ganz so einfach sind, wie Scharis uns glauben machen will. Er will dieses Bündnis, aber die Große Verwalterin nicht. Und die Gruppe, der wir im Park begegnet sind, auch nicht.«
»Die Oppositionspartei.«
Vel weiß also, wer sie waren. Was sie wollten, sagt er mir nicht. »Und gegen was ist diese Oppositionspartei genau?«
»Das ist schwer zu sagen. Fortschritt. Jede Veränderung ist ihnen suspekt. Fortschritt ist für sie eine Bedrohung unseres kulturellen Erbes, ein Affront gegen die Vorfahren.« Nachdenklich klappert Vel mit den Klauen. »Wenn Sie sich ein solches nanotechnisches Hilfsmittel implantieren lassen, Sirantha, wird der Rat von Ihnen erwarten, dass Sie ihn darüber informieren. Tun Sie es nicht, wird man das als einen Verstoß gegen das Protokoll auffassen, wenn nicht sogar als Spionage.«
»Heißt das, den Ithorianern ist alles verpönt, was einem einen heimlichen Vorteil verschafft?« Irgendwie passt das nicht zu dem, was man mir bislang über dieses Volk erzählt hat.
Vel spreizt seine Mandibeln zu einer Art Lächeln. »Das habe ich nicht gesagt, Sirantha. Es geht darum, sich nicht erwischen zu lassen. Auf Ithiss-Tor geschieht vieles, das gegen das Protokoll verstößt. Schändlich ist nur, wenn man erwischt wird.«
»Dann bist du also einverstanden?«, frage ich erleichtert. »Ich werde zu Saul gehen, bevor wir das Schiff verlassen.«
»Das müssen Sie nicht«, widerspricht Vel. »Ich habe stets einen leeren Chip in meiner Ausrüstung für den Fall, dass ich auf einem Planeten arbeiten muss, dessen Sprache in den Dateien meines Implantats nicht vorhanden ist. So kann ich sie herunterladen und mir den Chip selbst einsetzen. Wie Sie bereits sagten: Ein solcher Chip verbindet sich innerhalb weniger Stunden mit dem Sprachzentrum des Gehirns.«
»Soll das heißen, du kannst die Operation an mir vornehmen?«
Statt zu antworten, hält mir Vel eine ziemlich fies aussehende Pinzette unter die Nase. Während ich sie noch leicht beunruhigt anstarre, beugt er sich schon wieder über sein Terminal und schließt seinen Ersatzchip daran an. Vermutlich lädt er gerade Ithorianisch herunter.
»Wollen Sie noch andere Sprachen, jetzt, da wir schon dabei sind?«, fragt er. »Wenn der Chip erst eingesetzt ist, lässt er
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