Mondglanz
sich nicht mehr modifizieren.«
Ich denke kurz nach. »Gibt es was, womit ich die Eingeborenen von Marakeq verstehen könnte?«
Noch bevor sein Stimmgenerator etwas vermeldet, schüttelt Vel den Kopf. »Marakeq ist ein Klasse-P-Planet. Für ihn wurden noch keine Übersetzungsprogramme geschrieben. Alles, was über ihn an Daten vorhanden ist, geht auf die Forschungen abtrünniger Wissenschaftler zurück.«
»Hab mir schon so was gedacht.« Ich schüttle den Kopf. »Was ist mit den Morguts?« Wäre nicht schlecht, die Sprache der Feinde zu verstehen.
Vel denkt nach. »Ich könnte Ihnen höchstens ein unvollständiges Vokabular anbieten, aber ich bin nicht sicher, wie viel Ihr Gehirn damit anfangen kann. Die Sprache der Morguts ist sehr fremdartig, selbst für mich.«
»Versuchen wir’s.«
7
Noch bevor ich’s mir anders überlegen kann, schreitet Vel zur Tat.
Er kennt mich zu gut. Hätte er mir Zeit zum Nachdenken gegeben, hätte ich mich nur verkrampft. So bin ich lediglich überrascht, wie sanft der Pieks hinter meinem Ohr ist. »War’s das schon?«
Velith neigt den Kopf. »In sechs bis acht Stunden werden Sie anfangen, Ithorianisch zu verstehen. Nach weiteren vierundzwanzig Stunden dürften alle nötigen Verknüpfungen gebildet sein, und Sie beherrschen die Sprache perfekt, Sirantha.«
Interessant. Hat er eben »die Sprache« gesagt statt »unsere«?
»Wird eine Narbe zurückbleiben?«
»Keine, die irgendjemand bemerken würde.«
»Bitte sei ehrlich: Wie viel Ärger werde ich bekommen, weil ich nicht in meinem Quartier geblieben bin?«, frage ich.
»Sie sind keine Gefangene, Sirantha, sondern ein Ehrengast, und es ist die Pflicht der Ithorianer, Sie zu beschützen. Selbst die kleine Verletzung, die Sie davongetragen haben, bringt Schande über sie.«
»Dann könnten wir einen Vorteil daraus schlagen?«
Es wäre nicht gut, würden sie auf meine Neigung zum Ungehorsam aufmerksam werden. Wüssten sie, wie lang die Liste der Gelegenheiten ist, bei denen ich genau das Gegenteil von dem getan habe, was mir aufgetragen wurde, könnte es schwierig werden. Ich wüsste ja selbst gern, warum ich so bin, aber diese Eigenschaft scheint so tief in meinem Wesen verankert, dass ich es nicht einmal mehr merke: Ich höre mir an, was ich tun soll, und noch bevor ich selbst weiß, wie mir geschieht, verstoße ich gegen jede Anweisung. Meistens habe ich gute Gründe dafür, aber das ändert nichts an der Tatsache.
Tief in mir drin bin ich sicher, dass es mit meiner Zeugung zu tun hat. Im Grimspace. Die Menschheit hat den Grimspace entdeckt, nachdem die Altvorderen den technologischen Grundstein gelegt hatten. Wie eine Raumfalte dient der Grimspace als Abkürzung für interstellare Reisen. Wir legen immense Entfernungen zurück, und das in sehr kurzer Zeit. Ich gehöre zu den wenigen, die mit dem S-Gen gesegnet sind. Ich finde mich in dieser Urmaterie zurecht, kann ein Schiff hindurchnavigieren. Die Essenz des Grimspace ist pures Chaos, der Mahlstrom, aus dem sich das Leben selbst entwickelte. Es ist also nicht besonders weit hergeholt, davon auszugehen, dass die Unordnung schon in meiner DNA verankert ist.
»Möglich«, antwortet Vel nach kurzem Überlegen. »Aber vergessen Sie nicht, ich lebe seit vielen Umläufen nicht mehr auf diesem Planeten. Meine Erinnerungen mögen nicht ganz korrekt sein. Und meine Empfehlungen somit auch nicht.«
»Verstanden.« Ich will mich noch einmal ausdrücklich entschuldigen, weil ich ihn nicht um Hilfe gebeten habe, aber Vel scheint meine Körpersprache mittlerweile gut zu kennen, und so hebt er die Hand. »Wollen wir nach Marsch sehen?«
Auf dem Weg zur Med-Station begegnen wir einigen Crewmitgliedern. Zu meiner Überraschung zucken sie mit keiner Wimper, als sie Vel in seiner natürlichen Gestalt sehen. Anscheinend sind sie entsprechend gebrieft worden.
Es gab eine Zeit, da hätte ich Marsch in den vergangenen Stunden ein halbes Dutzend Mal in meinem Geist gespürt. Aber jetzt fühle ich mich unglaublich allein, überfordert. Und das, obwohl ich mit all meinem Wissen über die ithorianische Kultur eigentlich bestens gerüstet bin.
Als wir die Med-Station erreichen, ist Saul gerade fertig. Und Marsch ist wieder bei Bewusstsein. Seine Hände liegen, zu Fäusten geballt, auf den Oberschenkeln. Er sieht mehr als nur ein bisschen angespannt aus. Doc winkt uns zur Begrüßung zu, ohne den Blick von den Messergebnissen zu lösen, die über den Bildschirm flimmern.
»Gutes Timing, Jax
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