Mondkuss
Rundung ihrer Brüste, spürte die harten Brustspitzen und stellte sich vor, es seien Rafaels Hände, die sie berührten. Sie schloss ihre Augen, warf den Kopf in den Nacken, und während der warme Wasserstrahl sie wohlig einlullte, wanderten ihre Hände weiter an ihrem Körper hinab. Sie erreichten ihren flachen Bauch, glitten über den Venushügel und gruben sich in das samtige Dreieck ihrer Schamhaare. Und dann gab es kein Halten mehr. Ein Kaleidoskop an stimmungsvollen Bildern spielte sich vor ihrem inneren Auge ab, während ihre kundigen Finger genau die richtige Stelle fanden und stimulierten. Ein süßes Kribbeln schoss durch ihren Schoß, Wellen der Leidenschaft überrollten sie, und als diese schließlich über ihr zusammenschlugen und ihr einen gewaltigen Orgasmus bescherten, musste sie sich an der Kachelwand der Dusche abstützen, da ihr die Beine wegzusacken drohten. Als sie wieder zu Atem gekommen war, seifte sie sich von Kopf bis Fuß ab und genoss noch eine geraume Zeit den gleichmäßig warmen Wasserstrahl. Dann hüllte sie sich in ein weiches Badetuch, rubbelte sich trocken und begann ihren Körper mit einer duftenden Körperlotion einzureiben.
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Um Punkt einundzwanzig Uhr stand sie schließlich an dem von Rafael gewünschten Treffpunkt. Sie trug ein schwarzes Kleid aus Viskose, das sanft ihre Waden umspielte, keine Unterwäsche und schwarze, halterlose Strümpfe. Das Kleid schmiegte sich an jede Kurve ihres Körpers, lag angenehm kühl auf ihrer Haut, reagierte auf jede Bewegung des lauen Abendwindes und rieb dabei unanständig über ihre Nippel, die sich hart gegen den geschmeidigen Stoff drängten – deutlich fühlbar und vor allem sichtbar. Ihre Füße steckten in schwarzen Pumps, deren hochhackige Absätze ihre Waden strafften und ihren ohnehin aufrechten Gang sehr edel erscheinen ließen. Ihre Schenkel streiften bei jedem Schritt aneinander, der zarte Hügel im Delta wölbte sich, und ihr Lustzentrum machte unermüdlich auf sich aufmerksam. Sie fand, dass ihr Outfit keine Halbheiten duldete, setzte ihre Füße dementsprechend betont graziös voreinander, hielt ihren Kopf stolz erhoben und fühlte sich glamourös, aufreizend, frivol und verwegen. Noch nie war sie ohne Höschen aus dem Haus gegangen, noch nie hatte sie auf einen Mann gewartet, der sie herbeizitiert hatte, den sie kaum kannte, dem sie sich allerdings nicht zu entziehen vermochte. Sie bekam eine Ahnung davon, wie es sein könnte, auf sündigen Pfaden zu wandeln, Männern gegenüber offener und lasziver zu begegnen, geheime Wünsche zuzulassen, erotische Gedanken nicht auszubremsen und sich vollkommen einzulassen auf das Abenteuer Leben. Der Abend war noch jung. Wer weiß, was er für sie bereithielt.
Sie holte tief Luft und beobachtete zwei in Leder gekleidete junge Männer, die eng umschlungen an ihr vorbeischlenderten. Die Absätze ihrer beschlagenen Stiefel klackten auf dem Asphalt. Die Gebäude ringsherum strahlten noch einen Hauch von der Wärme des Tages ab, das Geschäftstreiben hatte nachgelassen, und das beginnende Nachtleben wurde spürbar. Ein erwartungsvolles Kribbeln breitete sich in ihrer Magengegend aus, sandte heiße Schauer durch ihren Körper, ließ sie innerlich vibrieren.
Was hatte Rafael mit ihr vor? Wieso hatte er diesen Treffpunkt vorgeschlagen? Ganz in der Nähe der sündigen Meile, dem Ort, der für seine Nachtclubs, Table-Dance-Bars, Erotik-Shops und Bordelle bekannt war – eben dem Rotlichtviertel.
Der Stimme ihrer Vernunft – die ihr riet schleunigst davonzulaufen – gebot sie Einhalt, denn sie war längst infiziert. Infiziert vom Hauch des Verbotenen und vom Reiz des Unbekannten.
Kaum hatte sie ihre mahnende Stimme verbannt, da fühlte sie sich leicht und unbeschwert, vom Schicksal begünstigt und sogar wie beschwipst. Sie legte die erfolgreiche Anwältin wie einen Mantel ab, der zu sehr wärmte und ließ sich treiben. Der erwartungsvolle Zustand, ihr gewagtes Outfit und die brennende Neugier setzten unzählige Endorphine in ihr frei, die sie high machten und ihr das Gefühl gaben, schwerelos zu sein. Es lag etwas in der Luft, das ihr den Eindruck vermittelte, sphärisch zu sein – trunken vor Abenteuerlust und Vorfreude. Sie hatte sich aus ihrem Kokon gelöst und begann ihre Schwingen auszubreiten, Facetten des Lebens zuzulassen, die sie bisher abgewehrt hatte, die ihr unbekannt waren.
Meine Seele fliegt, ich möchte ewig weiterfliegen. Niemals ankommen und zur Landung ansetzen müssen.
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