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Mondlaeufer

Mondlaeufer

Titel: Mondlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
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tot ist, versucht, mich auf ähnliche Art an der Nase herumzuführen. Als ich deine Mutter darauf aufmerksam machte, hat sie mich genauso angestarrt wie du jetzt mich.«
    »Wie hast du es gemerkt?«
    »Hm … um ganz ehrlich zu sein, ich habe erst nichts bemerkt. Bis mir etwas anderes auffiel. An einem Ort, der berühmt war für seine guten Ziegen, servierte man mir eines Morgens Sahne aus Kuhmilch zu meinen Moosbeeren.«
    Pol lachte plötzlich. »Wo hatte er die Kühe versteckt?«
    »Oh, die Kühe waren nicht einmal das Problem. Sie waren nur das Indiz für einen kleinen Privathandel, den er über die Grenze hinweg mit Cunaxa laufen hatte. Sie versorgten ihn nicht nur mit ein paar Kühen pro Jahr. Ich will nicht ins Detail gehen, sondern nur so viel verraten, dass er mich mit ausgezeichnetem Käse versorgte, bis die Kühe starben – was jede Kuh, die etwas auf sich hält, in der Wüste so schnell wie möglich tut.« Rohan lachte amüsiert.
    Pol schüttelte mit kläglichem Gesicht den Kopf und sagte: »Ich hätte das nie bemerkt! Und ich hätte einen Trottel aus mir gemacht, wenn ich versprochen hätte, bei Pandsala ein gutes Wort für sie einzulegen. Vater, darf ich dich etwas fragen?«
    »Was du willst.«
    »Ich habe keine Ahnung, was es heißt, ein Prinz zu sein.«
    »Oje«, brummte Rohan. »Geht es um die Sache an sich, um dieses Gut im Speziellen oder um etwas anderes?«
    »Um alles«, seufzte Pol. »Wir können ihnen überhaupt nicht vertrauen, oder?«
    »Doch, natürlich.«
    »Aber du hast doch gesagt …«
    »In wichtigen Dingen müssen wir ihnen vertrauen. Das mit den Wandbehängen und den Kerzen ist unwichtig, Pol. Ich werde Lord Morlen wissen lassen, dass ich weiß, was er hier spielt – diskret natürlich, um ihn nicht zu kränken – und werde für einen Bau, den ich vorhabe, eine Sonderabgabe aus seinem Steinbruch erheben. Ich glaube nicht, dass er es jemals wieder versuchen wird. Er weiß, dass ich ihn wieder erwischen würde. Aber er wird mich auch respektieren und mir vertrauen, nicht nur, weil ich gewitzt genug war, sein Spiel zu durchschauen, sondern auch, weil ich ihn dafür nicht hingerichtet habe.« Rohan zuckte voller Ironie mit den Schultern. Dann stand er auf, ging zum Fenster und sah ins Dämmerlicht der Berge hinaus.
    »Er macht nur, was sein Vater schon getan hat, weißt du, als der seinen wahren Reichtum vor Roelstra versteckte. Damals hätte Morlen sein Leben verwirkt gehabt, wenn man ihn erwischt hätte. Er kann zwar noch einmal versuchen, mich hereinzulegen, aber ich glaube nicht, dass er das tun wird. Die Leute verstecken nur, was sie haben, wenn sie befürchten, dass man es ihnen nimmt. Ich werde nichts nehmen, was er nicht erübrigen kann – und dafür wird er mir vertrauen und meine Art zu schätzen wissen. Er wird also für mich kämpfen, wenn ich ihn darum ersuche, damit er mich als obersten Herrn behalten kann.«
    »Und wirst du ihm vertrauen?«
    Rohan sah Pol an und grinste wieder. »So sehr, wie ich jedem von ihnen vertraue, was heißt, dass ich meinem eigenen Urteil und meinem Verstand traue.«
    »Weißt du, ich glaube, ich verstehe langsam, wie wir zu dem wurden, was wir sind«, überlegte Pol, und seine Augen begannen plötzlich zu funkeln. »Vielleicht haben wir bloß alle überlebt, vielleicht sind wir aber auch wirklich schlauer als sie.«
    »Das ist eine Möglichkeit, die Dinge zu sehen. Sie ist wahrscheinlich genauso richtig wie jede andere.«
    Pol schwieg kurz und stieß dann hervor: »Aber warum müssen die Leute uns anders behandeln? Ich meine, dass sich alle ständig verneigen und unseren Wünschen nachkommen und so. Machen sie das, weil wir Prinzen sind, oder halten sie uns wirklich für etwas Besonderes?«
    »Warum fragst du das?«
    »Weil … Einfach deshalb, weil die Leute immer so komisch reagieren, wenn sie herausfinden, wer ich bin.«
    »Hmm. Verstehe. Macht dich nervös, was?«, fragte er mitleidig. »Mich auch. Ich nehme an, sie müssen einfach an jemanden glauben, Pol. Wir sind, was wir sind, weil die Menschen aus dem einen oder anderen Grund an unsere Vorfahren glaubten. Dein Großvater hat viele Schlachten gewonnen und alle davon überzeugt, dass er sie beschützen kann. Meine Art von Schutz ist anders. Morlen wird sie auch noch verstehen, wenn er klug ist. Er wird mir und dir auf eine Art vertrauen, wie sein Vater es bei Roelstra nie konnte. Doch das alles bedeutet, dass wir sehr schwer arbeiten müssen, um ihr Vertrauen und ihren Glauben zu

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