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Mondlaeufer

Mondlaeufer

Titel: Mondlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
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genau über dem Westarm des Faolain. Da Sioned und Rohan gemeinsam herrschten, war das Drachenbanner gehisst, obwohl er selbst noch nicht eingetroffen war. Der Drache gehörte ihr so sehr wie ihm, das hatte er bei ihrem ersten Rialla sehr deutlich geklärt. Bei der Erinnerung an die Sprachlosigkeit auf den Gesichtern der anderen Prinzen, als Rohan entgegen jeder Tradition mit ihr an seiner Seite zum Bankett erschienen war, lächelte Sioned in sich hinein. Seither hatten auch andere Frauen dasselbe Privileg gefordert – und meistens auch erhalten. Keine von ihnen hatte jedoch so sehr an der Macht ihres Gatten teil wie Sioned. Auch der Drache auf ihrem Banner war ein Zeichen dafür – hielt er doch einen goldenen, smaragdbesetzten Faradhi -Ring in den Klauen.
    Auch was den Gebrauch eines persönlichen Emblems anging, um die eigenen Leute und Besitztümer kennzeichnen zu können, waren die anderen Prinzen Rohans Beispiel gefolgt. In den letzten zehn Jahren hatten sich alle eigene Banner ausgedacht. Chay jedoch war der einzige Athri geblieben, der ebenfalls ein Symbol hatte. Das Lager war geprägt von den grellbunten Farben der Zelte und den Fahnen darüber, auf denen alle möglichen Embleme zu sahen waren. Fessendes silbernes Vlies auf Meergrün flatterte an langen Silberstangen; Gilads drei silberne Monde auf Pink wehten über Zelten in derselben kindischen Farbe; Dorvals weißes Schiff auf blauem Grund wehte eine volle Armlänge höher als Gribs weiße Kerze auf Rot – was den stolzen Prinz Velden sicher ärgerte. Zweifellos würde er beim nächsten Mal längere Fahnenstangen mitbringen. Über den Zelten ihres Cousins Volog spielte die Brise mit Flaggen mit eleganten Silberflaschen auf Purpurrot, die einen feinen schwarzen Rand aufwiesen. Unter Ossetias Weizengarbe auf Dunkelgrün flatterten graue Trauerbänder, um alle daran zu erinnern, dass Prinz Chale seinen Sohn und seinen Enkel verloren hatte. Sioned bemerkte, wie ruhig es in diesem Teil des Lagers zuging. Sie hatte Mitleid mit dem armen, alten Mann, der das Rialla besuchen musste, obwohl seine Trauer noch so frisch war.
    Drei Farben fehlten in dem Aufgebot dort unten, aber man hatte Platz gelassen für die, die noch nicht angekommen waren. Ihr Bruder Davvi wollte irgendwann im Laufe des Tages eintreffen, und am Abend würden seine türkisfarbenen Zelte wohl neben ihren eigenen blauen stehen, so wie sein Prinzenreich Syr an die Wüste angrenzte. Auf der anderen Seite sollte das Violett der Prinzenmark aufgebaut werden, wenn Rohan, Pol, Maarken und Pandsala morgen endlich angekommen waren. Da weder Pol noch Maarken ihren Fuß freiwillig auf etwas Schwimmendes setzten, wollten sie nicht wie üblich auf dem Faolain zum Rialla reisen. Pandsala hatte keine derartigen Schwierigkeiten, doch es blieb stets ungeklärt, warum sie trotz ihres Lichtläufer-Talents ungehindert über Wasser reisen konnte. Andrade und ihr Gefolge – und mit ihr die Braut von Maarken – würden ankommen, wann es Andrade passte. Sie würde ihre weißen Zelte etwas abseits von den anderen aufstellen lassen. Sioned hatte dafür gesorgt, dass mehrere gute Plätze für sie freigelassen wurden, doch welchen davon die Herrin der Schule der Göttin letztlich für ihr Lager wählen würde, war wie üblich ihre Sache.
    Sioned hockte sich mit nachdenklichem Gesicht auf die Fersen, als sie über die Treffen nachdachte, die für Rohan beim Rialla Arbeit bedeuten würden. Im Vergleich zu ihrem ersten Rialla waren die letzten drei Versammlungen recht zahm gewesen. Handelsabkommen, Grenzverträge, Hochzeiten – fast jeder hatte den Vorschlägen zugestimmt. Viel von dieser Einigkeit schrieb Sioned Rohans politischem Geschick und seinem Talent zu, so viele verschiedene Menschen und Ziele zu einer weitgehend gemeinsamen Sache zusammenzuschmieden. Doch sie wusste, dass für die Zustimmung der Prinzen nicht nur Rohans Scharfsinn, sondern auch andere Gründe maßgeblich gewesen waren. Die Riall’im von 701 und 704 waren abgesagt worden; vor dem ersten hatte die Seuche den Kontinent heimgesucht, und drei Jahre später hatte Roelstras Tod allen einen weiteren Schock versetzt. Sioneds verzog ihren Mund voll Bitterkeit zu einer schmalen Linie, als sie daran dachte, dass fast niemand daran geglaubt hatte, Rohan könne den mächtigen, listigen Roelstra besiegen. Die Erinnerung an ihren letzten Kampf, einen Kampf auf Leben und Tod unter einem Dom aus Sternenlicht, den Sioned gewoben hatte, ließ sie immer noch

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