Mondlaeufer
Schule der Göttin gegangen wäre, hätte mein Rang gefordert, dass ich einen Prinzen oder Lord heirate. Also ist es wohl besser so. Ich habe eigentlich keine Wahl.«
»Aber da ist ein Teil von Euch …«, wandte Sioned ein.
»Ja. Ein Teil von mir sagt, dass ich, wenn ich das alles nicht lerne, mein ganzes Leben in dem Bewusstsein leben werde, dass ich nur die Hälfte von dem bin, was ich sein könnte. Aber ich möchte nicht wie diese Kälber oder Schafe angesehen werden: wertvoll aufgrund meines Blutes, nicht um meiner selbst willen. Es ist schlimm genug, eine Prinzessin mit einer solchen Mitgift zu sein, wie mein Vater sie mir geben wird. Aber auf dieses Leben bin ich zumindest vorbereitet.« Sie sah zu Sioned auf. »Ich glaube nicht, dass es irgendeine Vorbereitung dafür gibt, Lichtläufer-Prinzessin zu sein, außer man steht dies Leben selber durch.«
»Und dennoch«, erinnerte Sioned sie sanft, »wollt Ihr fliegen.«
Alasen nickte kurz. »Ich kann nichts dagegen tun – aber ich muss dem Wunsch ja nicht nachgeben.« Sie wischte sich die Hände ab und zuckte die Achseln. »Es tut mir leid. Ich hätte Euch nicht mit meinen Problemen belasten sollen, besonders nach dieser Botschaft.«
»Was mir bevorstand, war das genaue Gegenteil, wisst Ihr. Ich wusste, wie man ein Lichtläufer ist, doch ich hatte keine Vorstellungen von den Aufgaben einer Prinzessin. Kommt, wir sollten ins Lager zurückgehen.«
Sioned ließ Alasen bei Vologs Zelten zurück und ging zu ihrem eigenen Pavillon hinüber, wo Rohan eine Pause von seinen Prinzenpflichten einlegte. Sie gab ihm einen Kuss zur Begrüßung und erzählte zuerst von den Falken. Vor Vergnügen lachte er auf.
»Du hast recht, Pandsala wird schäumen! Wir müssen sie warnen. Alasen scheint ein schlaues Kind zu sein.«
»Zu schade, dass sie für Pol zu alt ist.«
»Ich dachte, dein Herz gehört Sionell; die Göttin weiß, dass ihres jedenfalls Pol gehört.«
»Jeder Prinz sollte eine Wahl haben«, sagte sie schmeichelnd. »Genau wie du.«
»Mmm – solange die Wahl darauf hinausläuft, was du willst, meinst du.« Er zog spielerisch an einer ihrer widerspenstigen Strähnen. »Mein Vormittag war nicht halb so unterhaltsam. Alle schacherten um tausenderlei Dinge. Lleyn saß schweigend dabei und amüsierte sich, und kein Mensch erwähnte das eigentliche Thema dieses Rialla .«
»Firon und Masul, vor allem aber Masul«, ergänzte sie. »Nicht einmal eine Anspielung?«
»Nichts. Aber Lyell hat darum gebeten, morgen vor den Prinzen sprechen zu dürfen. Ich kann nicht behaupten, dass ich mich darauf freue.«
»Dann denk lieber hierüber nach.« Sie holte den Ring und das zusammengefaltete Pergament heraus und erzählte, wie sie es erhalten hatte. »Ziemlich unklar, findest du nicht?«
Er las die Nachricht laut vor: »Dieser Ring gehörte Kleve; er ist tot. Seine anderen Ringe sind verschwunden, ebenso die Finger, an denen sie steckten. Sein Körper wurde für das Armenfeuer vorbereitet, als man ihn erkannte, und man hat ihn anständig verbrannt. Sein Mörder ist nicht bekannt. Doch seid gewarnt: In der Stadt heißt es, dass der Vater eines Sohnes in einer Gefahr schwebt, die eigentlich für die Wüste bestimmt ist.« Rohan nagte einen Moment an seiner Lippe und sagte dann: »Kleve war ein feiner Mann. Ein guter Freund von uns. War er für Andrade hier, was meinst du?«
»Ja. Ich wollte nicht auf den Bäcker aufmerksam machen, darum bin ich nicht noch einmal zu seinem Stand gegangen. Aber ich könnte ihn wiederfinden, wenn du willst.«
»Und ihn in Gefahr bringen? Nein. Er oder diese Frau finden offensichtlich, dass diese Nachricht alles ist, was wir wissen sollten.« Er schloss seine Faust um den goldenen Ring. »Göttin! Armer Kleve. Es ist grausam. Sie haben seine Finger abgeschnitten und ihn sterben lassen, damit er dann im Gemeinschaftsfeuer verbrannt wird …«
Sioned legte ihre Hände um seine. »Kleve war hier in Waes. In Kieles Stadt. In der Stadt jener Frau, die Masul protegiert. Was immer er herausgefunden hat, es hat ihn das Leben gekostet. Man kann es nicht anders deuten.«
Rohan entzog ihr seine Hand, aber er umklammerte noch immer den Ring. »Ich bin es nicht, hinter dem sie her sind. ›Die eigentlich für die Wüste bestimmt ist‹, das zielt doch auf die Merida. Aber ›der Vater eines Sohnes‹?« Plötzlich fuhr er herum. »Um wessen Sohn geht es hier denn? Um Roelstras? Aber der ist schon tot – also gilt die Drohung …«
»Halt, ich komm’
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