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Mondlaeufer

Mondlaeufer

Titel: Mondlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
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schalt sie, zwinkerte ihm aber zu: »Jeden anderen Abend …«
    »Aber genau jetzt wäre es richtig. Ich habe deine Frauen gefragt. Es ist genau der richtige Zeitpunkt, um einen weiteren Erben zu zeugen.«
    Kiele schwor sich, die Kammerfrau zu entlassen, die geplaudert hatte. Sie hatte früh gelernt, dass Männer auf Abwege gerieten, wenn ihre Frauen schwanger waren. Ihr Vater hatte den Anblick seiner schwangeren Mätressen nie ertragen können. Kiele hatte ihre Pflicht erfüllt und Lyell einen Sohn und eine Tochter geschenkt. Wenn sie heute Nacht ein Kind empfinge, würde sie im Spätsommer unbeweglich und unförmig sein – obwohl sie dann all ihren Verstand und all ihren Charme brauchte. Denn dann würden die anderen Frauen sich auf ihrer Jagd nach den reichsten und mächtigsten Männern von ihrer besten Seite zeigen. Lyell war für sie der Schlüssel gewesen, aus den Gefängnismauern der Felsenburg zu entfliehen; sie liebte ihn nicht und hatte ihn nie geliebt. Doch er war nützlich, und er gehörte ihr. Sie würde ihn nicht in fremde Betten kriechen lassen. Wenn sie erst über Moswen und Halian Meadowlord regierte, konnte Lyell so viele Mätressen besteigen, wie er wollte. Doch jetzt noch nicht.
    Sie lächelte ihn an: »Vorfreude erhöht das Vergnügen, Lyell. Und nun sei doch bitte so lieb und such meine grünen Schuhe. Schließlich warst du es, der sie neulich unters Bett gestoßen hat.«
    Er küsste sie auf die Schulter und gehorchte. Kiele verschloss Afinas Brief in ihrem Schmuckkästchen und steckte den Schlüssel in eine Tasche ihres Unterrocks. Lyell kam aus dem Schlafzimmer gerade rechtzeitig zurück, um zu sehen, wie sie ihre grünen Strümpfe glatt zog. Er kniete neben ihr nieder, um ihr in die Samtschuhe zu helfen.
    »Wenn du weiter deine Röcke hebst, vergesse ich, dass es Clutha je gegeben hat«, neckte er sie.
    Sie zog den Rock absichtlich noch etwas höher. »Gibt es ihn?«
    »Kiele!«
    Doch sie entzog sich ihm, indem sie vom Stuhl glitt. Sie lachte, als sie den goldenen Reif auf ihre hochgesteckten dunklen Zöpfe setzte.
    Das Bankett wollte nicht enden. Prinz Clutha sprühte vor Ideen, um das diesjährige Rialla glanzvoller denn je zu gestalten. Dabei waren, bei der Göttin, bereits die Kosten des letzten so hoch gewesen, dass Kiele ein halbes Jahr lang kein neues Kleid bekommen hatte. Sie sah sich gezwungen, ärgerlich schweigend und mit einem Lächeln auf den Lippen zuzuhören, wie Lyell aus lauter Stolz Plänen zustimmte, die ihn an den Bettelstab bringen würden. Die meisten Veranstaltungen würden von den Prinzen finanziert werden, wobei Rohan sicher wie üblich die höchsten Kosten trug. Für die Preise der Pferderennen und das grandiose Bankett am letzten Abend war jedoch Lyell verantwortlich; Clutha gab dafür nur seinen Namen her. Kiele schwor sich, dass dieser alle drei Jahre stattfindende Aderlass ein Ende haben musste, war Halian erst Prinz von Meadowlord und Moswen die Frau an seiner Seite.
    Clutha hatte seinen Lichtläufer mitgebracht, einen vertrockneten, gebrechlichen alten Mann mit tiefdunklen Augen, die für Kieles Geschmack zu viel sahen. Sie wusste, dass Lady Andrade jedes Mal detaillierte Berichte erhielt, wenn er Clutha nach Waes begleitete. Nach dem Essen kam der alte Faradhi ins Esszimmer geschlurft, wobei ihn Cluthas Knappe begleitete. Der junge Mann verbeugte sich kurz und elegant vor Kiele. Seine schönen, dunklen Augen verengten sich dabei missbilligend angesichts ihrer imitierten Krone. Sie revanchierte sich, indem sie eine Braue hochzog, und fragte sich, ob sein Rang wohl niedrig genug war, dass sie sich ihrerseits eine gezielte Beleidigung leisten konnte.
    Clutha blickte von der Liste der Ausgaben auf: »Ihr seid vom Glanz des letzten Sonnenlichts umgeben, Tiel.«
    »Hoheit, Riyan und ich haben gerade die Nachricht erhalten, dass Prinz Ajit von Firon tot ist. Ein Herzanfall.«
    Kiele gab angemessene Laute der Bestürzung und Trauer von sich, doch ihre Gedanken rasten. Ajit hatte keine direkten Erben. Sie versuchte, sich die Seitenlinien des Prinzenhauses von Firon ins Gedächtnis zu rufen, und überlegte, ob sie mit irgendjemandem davon verwandt oder verbündet war.
    Clutha seufzte tief und schüttelte sein kahles Haupt: »Eine schlimme Nachricht. Wie oft habe ich ihm gesagt, er solle sich das Leben so leicht machen, wie es Männern in unserem Alter zukommt.«
    Kiele hustete, um ein Kichern zu verbergen, denn sie erinnerte sich daran, dass Ajit auf dem diesjährigen

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