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Mondlaeufer

Mondlaeufer

Titel: Mondlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
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Haushofmeister einlassen? Möchtet Ihr vielleicht noch Wein?«
    Rohan zwinkerte ihm zu. »Ich glaube, der Mann ist eher hungrig als durstig. Lasst mir noch einen Augenblick Zeit, dann kann er hereinkommen.«
    Der Knappe setzte ein würdevolles Gesicht auf, verbeugte sich und zog sich zurück. Rohan lehnte sich entspannt im Stuhl zurück. Er hatte bereits eine Idee, weshalb Miyon einen Abgesandten schickte, und freute sich wirklich auf diese Unterredung.
    Wenige Augenblicke später verbeugte sich ein kleiner, rundlicher Herr, dessen Gesicht hinter seinem dicken Bart und den langen Haaren kaum zu erkennen war, wenig höflich vor ihm. Nur die Augen – dunkel, durchtrieben, aufmerksam – waren klar zu sehen. Es gab viele schmeichelhafte Redensarten, Wünsche für die künftige, gute Gesundheit und das Glück des Hoheprinzen, der Höchsten Prinzessin und ihres hochwohlgeborenen Erben, die Rohan alle höflich entgegennahm, ohne dem Mann einen Platz anzubieten.
    »Wenn ich mir die Kühnheit erlauben darf, Hoheprinz: Mein edler Herr wüsste gern, was für die jüngste Tochter von Roelstra arrangiert wurde.«
    »Die Prinzessin Chiana?«, fragte Rohan, wobei er dem Mädchen absichtlich diesen Titel gab, obwohl er Chiana nicht gebührte. Er beschloss, sich zunächst einmal dumm zu stellen. »Soweit ich weiß, lebt sie bei ihren verschiedenen Schwestern und wohnt zur Zeit hier in Waes bei Lady Kiele.«
    Der Haushofmeister verbeugte sich erneut. Seine Augen zeigten, dass er Rohans Vorgehen verstanden hatte. »Vielleicht sollte ich mich deutlicher ausdrücken. Mein Herr fragt sich, welche Vorkehrungen für ihre Zukunft getroffen wurden.«
    »Sie ist frei und kann leben, wo und wie es ihr gefällt.«
    »Hoheit, es fällt mir schwer, mit der angemessenen Diskretion über den wahren Grund für die Neugier meines Herrn zu sprechen.«
    »Dann solltet Ihr vielleicht ein wenig indiskret sein«, schlug Rohan leutselig vor. Die Sache machte ihm Spaß.
    »Ohne es in allzu feine Seide einzuwickeln, Hoheit: Was bekommt sie als Mitgift?«
    »Ich bin überrascht, dass Prinz Miyon sich für dieses Thema interessiert. Jetzt werde ich selber neugierig.«
    Der Haushofmeister kämmte mit seiner reich beringten Hand nervös seinen Bart, bis er sich besann. Er verlagerte sein Gewicht, zuckte mit den Schultern und sagte: »Um offen zu sein, er wüsste gern, was die Dame bei ihrer Hochzeit zu erwarten hat.«
    »Das hängt davon ab, wen sie sich erwählt«, sagte Rohan.
    »Als beispielsweise Prinzessin Naydra Lord Narat heiratete, erhielt sie Land um Port Adni, das Eure Hoheit von Prinz Volog kaufte.«
    »Und das hat mich einiges gekostet«, gab Rohan freundlich zu.
    »Dürfte man fragen, ob für Prinzessin Chiana möglicherweise ähnliche Vorkehrungen getroffen werden?«
    »Man darf fragen, sicher. Aber man könnte allenfalls eine klarere Antwort erhalten, wenn man Prinz Miyon wäre.«
    Die dickliche Gestalt knickte an der Taille ab. »Wollt Ihr mir freundlicherweise erlauben, mich zurückzuziehen, Hoheprinz?«
    Rohan winkte ihn gnädig hinaus, rief dann Tallain herein und sagte ihm, dass Prinz Miyon auf keinen Fall vorgelassen werden dürfe, ehe Davvi und Chale Rohans Lager betreten hätten. Der junge Mann grinste verstehend. Als Rohan wieder allein war, nutzte er die Zeit für einen Brief an Feylin, in dem er ihr für ihre Arbeit dankte. Er schrieb einen zweiten, kleinen Brief an Sionell, in dem er ein hübsches Geschenk vom Rialla ankündigte, den er beiseitelegte, damit Sioned ein paar Zeilen hinzufügen konnte, wenn sie wollte. Er war mitten in einem weiteren Brief, diesmal direkt an Walvis, den er nach allen Einzelheiten über verschiedene Manöver fragte, die er Chay mitteilen wollte, als Tallain schließlich zurückkam.
    »Mein Herr, Hoheprinz, seine Hoheit von Cunaxa wünscht Eure Durchlaucht zu sprechen.«
    Rohan riss voll Erstaunen über diese formelle Anrede die Augen auf, bis er erkannte, dass Tallain so laut sprach, damit Miyon es auch hörte. Er ließ seiner Stimme nicht anmerken, wie belustigt er war, und entgegnete: »Ja, dann schick ihn doch herein. Ich hoffe, du hast ihn nicht warten lassen.«
    Der Knappe verbeugte sich, ohne das Gesicht zu verziehen, und wenig später wurde Miyon hereingeführt. Er nickte Rohan zu, funkelte Tallain ärgerlich an und setzte sich, als Rohan ihm einen Platz anbot.
    »Ich habe genug Minister, die mir weitschweifige Reden abnehmen«, sagte der Prinz ohne Umschweife. »Ich will ganz direkt sein, Vetter.

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