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Mondlaeufer

Mondlaeufer

Titel: Mondlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
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fiel. Sie schloss die Augen und wob die zarten Silberstränge zu einem weichen Netz, das sie über Rohan legte. Er seufzte noch einmal, dann entspannten sich seine verkrampften Muskeln, und er war eingeschlafen.
    Sie lag bis zum Morgen neben ihm wach und lauschte dem stetigen, beruhigenden Rhythmus seines Atems und seines Herzschlags, der derselbe war wie ihrer.
    Rohan warf einen Blick auf Andrade, deren Feder über dem Pergament innehielt, ehe er sagte: »Seine Hoheit von Cunaxa.«
    Groß, schlank und unversöhnlich stand Miyon da. »Ich stehe zu Prinz Masul.«
    Lleyns Brauen wölbten sich. Sein hohes Alter und lange Jahre als Herrscher erlaubten ihm die Bemerkung: »Lady Chiana wird enttäuscht sein.«
    Miyons Wangen wurden puterrot. »Ich stimme mit dem Verstand, Vetter. Nicht, weil ich sie begehre.«
    »In der Tat«, murmelte Lleyn zustimmend.
    Andrade machte ein Zeichen auf das Pergament.
    »Seine Hoheit von Ossetia.«
    Chale kam mühsam auf die Beine. »Ich sage, dieser junge Mann irrt sich«, grollte er und starrte Masul an, der entspannt neben der Wasseruhr stand. »Er ist ebenso wenig Roelstras Sohn wie ich.«
    »Bruder«, sagte Masul und verbeugte sich kurz und spöttisch vor Chale.
    »Ruhe«, schnarrte Andrade, während sie schrieb.
    »Seine Hoheit von Dorval.«
    Lleyn stand umständlich auf und lehnte schwer auf seinem Stab mit dem Drachenkopf. »Ich habe sehr genau hingesehen und zugehört, wie es dieser gewichtigen Angelegenheit zukommt. Ich habe keinen Beweis gefunden, dass Lady Andrade und die Regentin, Prinzessin Pandsala, in der fraglichen Nacht das Falsche gesehen haben. Zudem habe ich keinen zwingenden Beweis gehört, dass die Ansprüche dieses jungen Herrn gerechtfertigt sind. Ich bedauere den Schmerz, den ihm dies zufügen mag, doch mein Gewissen sagt mir, dass ich ihm nicht glauben darf.«
    »Seine Hoheit von Grib«, sagte Rohan, als Lleyn sich setzte und Andrades Feder wieder kratzte.
    Velden stand sofort auf. Seine Haltung war aggressiv. »Ich kann unserem Vetter von Dorval nicht zustimmen. Es gibt keinen Beweis gegen diesen Anspruch. Man muss ihm die Zweifel zugutehalten, die wir haben mögen. Ich selbst habe keine Zweifel. Der Beweis ist klar. Ich akzeptiere ihn als Sohn von Roelstra.«
    »Seine Hoheit von Fessenden.«
    Der große, schlaksige Pimantal mit den verhangenen Augen erhob sich. »Prinz Masul«, sagte er nur und verbeugte sich leicht in Richtung des jungen Mannes.
    Rohan fragte sich, was Kiele ihm wohl geboten hatte, während er zusah, wie Pimantal wieder Platz nahm. »Seine Hoheit von Syr.«
    Davvi stand auf und lehnte sich vor, die Fingerknöchel auf den Tisch gestützt. »Ich schließe mich unseren Vettern von Ossetia und Dorval an. Die Gründe haben sie bereits genannt. Doch ich habe noch einen weiteren Grund. Selbst wenn dieser Mann Roelstras Sohn wäre und selbst wenn ich davon überzeugt wäre, die Prinzenmark wurde vor langer Zeit nach Kriegsrecht erobert und von Gesetzes wegen abgetreten. Ich habe Syr weitgehend auf dieselbe Art erworben. Es ist richtig, dass ich der letzte männliche Erbe des Hauses von Syr war. Doch mein Anspruch stützt sich auf genau dasselbe Kriegsrecht wie der Anspruch auf die Prinzenmark. Wenn diese Versammlung ihren eigenen Beschluss vom Frühling 705 verletzen will, der das Recht des Hoheprinzen Rohan auf diesen Besitz anerkannt hat, dann versichere ich Euch, dass dieselben Prinzipien – oder deren Fehlen –auch auf mich zutreffen.«
    So erstaunt wie der Rest der Gesellschaft, rief Rohan unwillkürlich: »Davvi!«
    Sioneds Bruder begegnete seinem Blick ganz ruhig. »Ich weiß, du bist sicher nicht meiner Meinung, Rohan. Aber glaubt mir, wenn ich sage: Wenn ein Prinzenreich, das erobert und gesetzlich festgeschrieben wurde, so leicht weggenommen und einem anderen gegeben werden kann, dann wollen ich und die Meinen mit Prinzen nichts zu tun haben.« Er setzte sich.
    Rohan musste sich erst wieder fangen. Doch seine Stimme klang fest, als er sagte: »Seine Hoheit von Kierst.«
    Volog erhob sich, warf einen durchdringenden Blick auf Masul und sagte: »Ich ziehe die jahrelange erwiesene gute Herrschaft und den Frieden diesem unbekannten Tagelöhner vor, der mich von nichts anderem als von seiner unglaublichen Arroganz überzeugt hat.«
    Miyon von Cunaxa wurde starr bei dieser Beleidigung. »Gebt acht, Vetter«, sagte er gepresst, »Ihr werdet mit ihm an diesem Tisch sitzen, ehe der Tag zu Ende geht.«
    Volog stieß ein bellendes Gelächter aus.

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