Mondlaeufer
diesen Masul.«
»Wie habt Ihr …« Miyon verstummte zu spät. Sein Gesicht war knallrot vor Wut.
»Ihr versucht, von der Flussmitte her eine Brücke zu bauen, und wer Euch genug Balken liefert, hat Euch auf seiner Seite. Ich biete nichts, Miyon. Ich habe Eure Unterstützung nicht nötig, besonders wenn ich sie mit meiner Ehre und der Zukunft meines Sohnes erkaufen muss. Ihr könnt von mir aus in den Fluss fallen und ertrinken – Ihr dürft Euch jetzt zurückziehen.«
Einen Augenblick lang sah es so aus, als würde die mörderische Wut in Miyons Augen in einen echten Angriff gegen Rohan übergehen. »Ihr und Eure Lichtläufer-Hure!«, spie er aus. »Ausspionieren, manipulieren wollt Ihr! Glaubt Ihr etwa, die Prinzen werden ewig still sitzen? Wir werden uns nicht von Stronghold und der Schule der Göttin regieren lassen! Wir haben die Faradh’im ertragen, und wir haben einen Hoheprinzen ertragen – aber nicht beides zugleich!«
Rohan lächelte. »Wenn Ihr diese Geschichte erzählt, Miyon, dann erzählt sie bitte wahrheitsgemäß. Mein Zeitmesser da drüben sagt mir, dass die Hoheiten von Ossetia und Syr wahrscheinlich bereits im Vorzimmer sitzen und jedes Wort mithören. Es wäre furchtbar beschämend, wenn sie Euch in der Öffentlichkeit berichtigen müssten.«
Tallain, der kluge Junge, wählte genau diesen Moment, um durch den Vorhang zu treten. »Ihre Hoheiten, Prinz Chale und Prinz Davvi, warten auf Euch, Durchlaucht.«
»Da, seht Ihr?« Rohan strahlte Miyon an. »Ich hatte recht. Gib ihnen Wein, Tallain, und sag ihnen, dass ich bald bei ihnen sein werde. Nun, Miyon?«
Mir zornbebender Stimme stieß der jüngere Mann hervor: »Ihr habt Euch heute einen Feind geschaffen, Hoheprinz.«
Rohan lächelte nicht mehr. »Euer Haus und das meine waren Feinde seit dem Tag, wo man den ersten Merida auf Burg Pine willkommen hieß. Ich bin überrascht, dass Ihr das erst jetzt bemerkt habt.«
Miyon drehte sich auf dem Absatz um und marschierte aus dem Pavillon. Chale und Davvi stürzten sofort in den Privatbereich, wo Rohan stand und sie mit einer komischen Grimasse begrüßte.
»Ich fürchtete schon, er würde so etwas sagen wie ›Das wird Euch noch leidtun!‹«
»Das war mörderisch«, bemerkte Davvi. »Er ist ein verschlagener Mistkerl, Rohan. Nimm dich vor ihm in acht.«
Chale setzte sich und starrte Rohan dabei neugierig an. »Ich schätze Eure Einstellung zu einer Heirat zwischen ihm und Chiana. Was könnten die beiden sich nicht alles ausdenken! Aber sagt mir, woher wusstet Ihr, dass er mit Kiele geredet hat?«
»Das habe ich nicht von den Lichtläufern erfahren, Vetter. Cabar von Gilad hat eine Frau, die ihren Mann über alles liebt und Miyon hasst. Und meine Schwester konnte ein wenig mit ihr plaudern, als unsere Damen neulich den Nachmittag miteinander verbrachten …« Er endete mit einem Achselzucken.
Chale schnaubte. »Ach ja, die berühmte Prinzessin Tobin. Wäre ich zwanzig Jahre jünger gewesen, dann wäre ich im Rennen gegen Chaynal angetreten, das kann ich Euch versichern!« Er behielt Rohan weiter im Auge, doch jetzt spielte ein feines Lächeln um seine Augen. »Ich erinnere mich gerade wieder an jenen unschuldig dreinschauenden kleinen Prinzen, der uns alle bei seinem ersten Rialla hereingelegt hat. Euer Vater wäre stolz auf Euch, Rohan.«
»Danke. Ich weiß das Lob zu schätzen. Besonders von einem Mann, der nicht immer einer Meinung mit ihm war.« Rohan fiel auf einen Stuhl neben seinem Tisch. »Lasst uns über angenehmere Dinge reden, hm? Wie gefällt es Euch, Gemma bei Euch zu haben?«
»Davvi hat sie wirklich gut erzogen«, meinte Chale rau. »Sie hat einen feinen Kopf auf den Schultern und ein gutes Herz noch dazu. Sie erinnert mich an ihre Mutter, meine Schwester Chalia. Aber ich nehme an, Ihr wollt wissen wie mir das mit ihr und Davvis Jungen, Tilal, gefällt?«
»Seine Hoheit und ich haben den ganzen Morgen über nichts anderes geredet«, warf Davvi mit einem vieldeutigen Lächeln ein. »Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass ich ein Depp bin, weil ich es nicht eher bemerkt habe. Und er hat freundlicherweise vorgeschlagen, die Zeremonien im kleinen Kreis zu feiern. Nach dem Rialla.«
»Aus Respekt vor meinem Sohn und Enkel wie auch vor Kostas«, fügte Chale hinzu.
»Der ganz bestimmt nicht glücklich sein wird, dass ihm so ein Schatz entgeht. Ihr Herren, ich kann Euch gar nicht sagen, wie froh ich bin, dass wenigstens eines sich in diesem Jahr zum Guten gewendet hat!«
Weitere Kostenlose Bücher