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Mondlaeufer

Mondlaeufer

Titel: Mondlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
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»Recht unwahrscheinlich, Jungchen!«
    »Herr«, murmelte Rohan warnend. »Seine Hoheit.«
    Einen Augenblick lang fragte er sich, ob Prinzessin Kenza ihren Mann wohl so gut bearbeitet hatte, dass er Miyons Einfluss abschütteln konnte. Doch Cabar stand auf, schluckte und erklärte leise, dass er sich den Hoheiten von Cunaxa, Grib und Fessenden anschlösse. Als er sich setzte und Andrades Feder über das Pergament sauste, sah Rohan kurz Saumer von Isel an. Nur seine Stimme stand noch infrage. Ein verrückter Sinn für das Dramatische ließ ihn als Nächstes Clutha von Meadowlord aufrufen, und die Spannung wuchs noch ein wenig.
    Der alte Mann stand da. »Ich bin der Meinung, unser Vetter von Kierst hat am weisesten von allen gesprochen. Doch wie unser Vetter von Syr habe auch ich einen weiteren Grund. Länger, als ich mich erinnern möchte, war mein Land das Schlachtfeld für die Wüste und die Prinzenmark. In den letzten fünfzehn Jahren habe ich mich an den Frieden gewöhnt. Ich habe nicht vor, ihn zu gefährden. Wer hier nämlich denkt, dass es einfach wäre, diesem Jungen die Prinzenmark zu geben, der irrt sich leider. Und wer würde dafür mit verbrannten Feldern und toten Menschen bezahlen? Ich, nur ich! Ich habe meine Kindheit, meine Jugend und mein halbes Leben zusehen müssen, wie die Armeen beider Seiten meine Weiden verwüsteten. Ich werde das nicht noch im Alter mit ansehen. Nein danke!« Er fiel auf seinen Stuhl zurück und sah zornbebend auf seine Hände.
    Fünf dagegen, vier dafür. Rohan wandte sich an Saumer. »Seine Hoheit von Isel.«
    Vologs einstiger Gegner, der andere Großvater des gemeinsamen Erben, erhob sich widerstrebend. »Vettern«, sagte er mit schleppender Stimme, »ich habe in dieser Sache wie Ihr alle meinen Verstand und mein Herz gründlich befragt. Ich stimme mit keiner der bisherigen Darlegungen über Beweise überein. Ich habe keinen Beweis gesehen, der die eine oder die andere Seite überzeugend belegt oder widerlegt. Aber ich frage Euch: Welches Recht hat ein Mann auf sein Land?
    Der Hoheprinz, der auch jetzt nur die Wüste besitzt, hat richtig und weise ausgeführt, dass er genau wissen müsse, worüber er herrsche, um gut zu regieren. Wir haben viel Zeit und Mühe aufgewendet, um Beweise zu finden, dass unser Land uns gehört, und die Verträge, die wir auf diesen Beweisen aufgebaut haben, waren zu unser aller Zufriedenheit.
    Und doch: Wenn die Tradition und der Nachweis unseres Besitzes höchstes Gesetz für uns sind, wo ist dann der Erwerb durch Kriegsrecht angesiedelt? Wenn das nämlich das oberste Gesetz sein soll, dann sitzen wir einander alle an der Kehle – wie früher.« Er sah Volog an, der ihm wütende Blicke zuwarf.
    »Wenn einem Mann sein Land rechtmäßig gehört, dann darf er es rechtmäßig an seinen Sohn vererben. Normalerweise dem Ältesten und dem, den seine Frau geboren hat. Doch es gibt zahlreiche Beispiele in der Vergangenheit, wo ein jüngerer oder illegitimer Sohn geerbt hat. Wenn wir dieses Recht brechen und beschließen, dass Krieg ein gesetzlicheres Mittel ist, ein Prinzenreich oder ein Gut zu erwerben, dann bricht Chaos aus. Dann könnten wir uns ebenso gut gleich hier und heute zum Kampf rüsten. Denn dann kann niemand seines Besitzes sicher sein, vom Prinzen bis zum kleinsten Athri .«
    Er machte eine lange Pause und schüttelte dann den Kopf. »Nicht, dass ich Lady Andrade und der Prinzessin und Regentin nicht glaube. Nicht, dass ich diesem jungen Mann hier vor uns nicht glaube. Aber ich glaube an das Gesetz und an mein eigenes Gewissen. Und beide sagen mir, dass die Prinzenmark von Rechts wegen dem Sohn des damaligen Hoheprinzen Roelstra gehört.« Er sah erneut kurz in die Runde und setzte sich.
    Rohan unterdrückte den tiefen Seufzer, der in seiner Brust saß, wie auch den bitter enttäuschten Zug, der seine Lippen verziehen wollte. Saumer wollte nicht Volog oder irgendjemand anderen ärgern; er war ehrlich in seinen Befürchtungen und seiner Überzeugung. Eigentlich, sagte sich Rohan mit Galgenhumor, sollte er den Worten applaudieren, die Saumer da ausgesprochen hatte: »Ich glaube an das Gesetz.« Er hatte seit über zwanzig Jahren daran gearbeitet, seinen Mitprinzen diese Worte und diesen Glauben einzutrichtern. Und nun dieser Erfolg!
    Andrade brach die Stille mit Pergamentgeraschel. »Die Abstimmung hat folgendes Ergebnis erbracht: Ossetia, Dorval, Syr, Kierst und Meadowlord dagegen; Cunaxa, Gilad, Grib, Fessenden und Isel dafür.« Sie hob

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