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Mondlaeufer

Mondlaeufer

Titel: Mondlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
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Einflussbereich der Wüste zu erweitern – auch wenn ihre Vorstellungen, wie das zu erreichen wäre, reichlich blutrünstig waren. Aus ihr sprach der Standpunkt ihres Vaters: Prinz Zehava war auch immer über eine gute, saubere Schlacht froh gewesen, die ihm zusätzliche Ländereien und neuen Ruhm einbrachte.
    Beim Zuhören war Pol klar geworden, dass sein Vater von Menschen mit unterschiedlichen Standpunkten umgeben war, die sich jedoch nicht scheuten, ihre Meinung zu sagen. Pol hoffte, dass man eines Tages auch zu ihm so freiweg sprechen würde. Außerdem beherrschte Rohan die Diskussion die ganze Zeit, auch wenn er selten sprach – meistens auch nur, um die Unterhaltung zum Thema zurückzubringen. Entscheiden würde nur er, und das wussten alle. Sie stritten sich untereinander, doch keinem dieser mächtigen Leute kam je der Gedanke, Rohans Autorität in Frage zu stellen. Pol bewunderte diese stillen Zeichen der Macht seines Vaters.
    Die Einberufung des Wüstenaufgebots und ausgewählter Truppen der Prinzenmark war mit Absicht wie nebensächlich geschehen, um niemanden in Alarmbereitschaft zu versetzen. Chay hatte die Aktion als Übung dargestellt, bei der die Soldaten beider Prinzenreiche jeweils mit der Vorgehensweise des anderen vertraut gemacht werden sollten. Er schlug daher auch vor, dass im folgenden Jahr eine ähnliche Übung in den Bergen stattfinden sollte, damit die Wüstentruppen ein Gefühl für Kämpfe in dem dortigen Gelände bekämen.
    Skybowl war nicht auf einen so großen Aufmarsch von Soldaten eingerichtet, sodass man als Treffpunkt für die Truppen die alte Garnison unterhalb der Ruinen von Schloss Feruche bestimmte. Pol suchte auf der Karte alle Stützpunkte der Wüste und die Orte, von denen man die Soldaten der Prinzenmark herbeirief, und pfiff leise bei der Gesamtzahl von dreihundert Fußsoldaten, halb so vielen Bogenschützen und zweihundert Berittenen. »Genug, um zu beeindrucken, aber nicht genug, um zu provozieren«, hatte Maarken gemeint.
    Pol konnte sich das Lager genau vorstellen, das bald auf der steinigen Ebene außerhalb von Tiglath errichtet werden würde: Zelte, Lagerfeuer, die todbringenden Speere und Schwerter der Fußsoldaten von außen an die Zelte gelehnt, die Pferde in der Nähe der Reiter angepflockt, die Bögen vorbereitet und die sorgsam gehüteten Lederköcher voller Pfeile. Die doppelzipfligen Kriegsfahnen der vielen Wüstenstützpunkte würden von Walvis’ blauweißem Banner mit dem goldenen Drachen auf der Spitze der Fahnenstange überragt werden, das ihn als den Befehlshaber des Hoheprinzen im Norden auswies. Auch das violette Banner der Prinzenmark würde erscheinen, mit der blauen Fahne der Wüste darüber. Es würde exerziert und trainiert werden. Die Bogenschützen würden um die Wette schießen, und die Reiter würden die Ausfälle und Manöver üben, die im Krieg gebraucht wurden. All dies beschäftigte die ruhelose Fantasie des Jungen, und er wünschte sich sehnlichst, wenigstens zusehen zu können, wenn er schon nicht als Soldat teilnehmen durfte.
    Pol seufzte. Fast alle waren mit den Soldaten von Walvis aus Skybowl fortgeritten. Rohan und Chay wollten in etwa zehn Tagen zurückkehren, sobald sie Walvis demonstrativ unterstützt und sich mit ein paar Leuten aus der Prinzenmark getroffen hatten. Ostvel würde länger fort sein. Er sollte Lord Abidias von Tuath besuchen, dann über Tiglath zurückreiten und Neuigkeiten aus dem Lager zu Rohan nach Skybowl bringen. Nur ein Bruchteil der Truppen der Wüste und der Prinzenmark würde an den Manövern teilnehmen, doch Pol hätte für sein Leben gern mitbekommen, was dort los war.
    Ein rebellischer Teil seines Ichs meinte, er könne schließlich zusehen, wenn er es wolle. Er war Lichtläufer – natürlich noch nicht geschult, doch er wusste, er konnte das Licht weben, wenn er wollte, und an den Lichtpfaden entlang nach Tiglath gleiten. Ach, wie gern er das wollte, doch er verbot sich, zu viel daran zu denken. Er trug Verantwortung. Er durfte nicht – aber er wollte.
    Sein Finger malte kleine Kreise auf die Karte, als er sich schwor, dass ihn bald niemand mehr zwingen würde, irgendwo zu bleiben, wenn er lieber woanders sein wollte. Doch wenn man ihm schon den Spaß und die Aufregung des Sommerlagers verweigerte, dann wollte er wenigstens etwas fast so Interessantes erleben. Sein Finger verließ Tiglath und berührte das kleine Zeichen für die Felsenburg im Veresch, hoch über der Faolain.
    Die genaue

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