Mondlaub
dafür sorgen, dass sie einen christlichen Namen bekommt.«
Layla konnte sich nicht länger zurückhalten. »Es ist mein Name«, stieß sie wütend hervor, »und wenn er Euch nicht gefällt, dann ist das Euer Pech, alter Mann!«
So sprach man nicht mit einem Älteren, das wusste sie, weder bei Moslems noch bei Christen, doch er ignorierte es. Er wandte sich wieder ihrer Mutter zu. »Sie hat einen furchtbaren heidnischen Akzent, Isabel«, sagte er kopfschüttelnd.
In den folgenden Tagen, die sich entsetzlich langsam zu Wochen dehnten, fand Layla heraus, dass sie Kastilien und ganz besonders die Burg verabscheute. Es war nicht nur der allgegenwärtige Dreck und der entsetzliche Gestank, es waren die Blicke der Bediensteten und Soldaten, das Getuschel über ihre Mutter und sie, das schlimmer war als in Granada, denn hier hatte sie noch nicht einmal einen Schleier, um sich vor den neugierigen Augen zu schützen. Mit unbedecktem Haar und Gesicht vor feindseligen Fremden herumzulaufen, gab ihr ein Gefühl der Wehrlosigkeit, das sie hasste. Aber am entsetzlichsten war der Katechismusunterricht und der neue Name: der Zwang, eine Christin zu werden. Ein einziges Mal versuchte sie, in den Schutzpanzer einzudringen, mit dem sich ihre Mutter seit Tariqs Tod umgab. Sie nahm ihren ganzen Mut zusammen und sprach mit Isabel.
»Mutter«, platzte das Mädchen heraus, »es ist furchtbar hier! Bitte lass uns zurückkehren, bitte!«
Isabel sah fremd aus in den seltsam geschnittenen Kleidern, die sie jetzt trug, aber noch fremder - obwohl mittlerweile schon fast vertraut - war ihr steinerner Gesichtsausdruck. Layla geriet ins Stottern.
»Bitte, ich will keinen christlichen Namen, ich will keine… keine Christin werden!«
Ihre Mutter sagte noch immer nichts.
»Ich will nach Hause«, flüsterte Layla schließlich. Isabel beugte sich vor, packte sie an den Schultern und schüttelte sie. »Jetzt höre genau zu«, sagte sie kalt und präzise. »Das war niemals dein Heim und wird es nie wieder sein. Was deinen Vater betrifft, glaubst du wirklich, ihm liegt etwas an dir? An einer Tochter? Ihm hat noch nicht einmal an seinem Sohn etwas gelegen.«
Das ist nicht wahr, wollte Layla sagen, aber sie brachte keinen Ton heraus. Ihre Mutter sprach weiter und zum ersten Mal zeigte sie Trauer.
»Oh, ich verstehe dich, glaub mir, ich weiß, wie furchtbar es für dich ist, deinen Namen und deine Vergangenheit aufzugeben. Aber du wirst es überleben. Und denk immer daran, das bin nicht ich, die dir das antut. Sie sind es. Alle.«
Layla schaute sie an. Die Zwillinge hatten Isabel beinahe vergöttert, und das war kein Wunder gewesen, denn sie war für ihre Kinder die beste aller vorstellbaren Mütter gewesen. Und Laylas Hass auf Alscha, Ali al Atar und Muhammad wurde noch größer, denn das Wesen, das sie aus ihrer Mutter gemacht hatten, konnte sie kaum mehr ertragen.
Es war noch keinen Monat her, da hatte sie noch nicht einmal gewusst, was Einsamkeit bedeutete. Doch auf der Burg der de Solis nahe bei Sevilla hatte Layla ausgiebig Gelegenheit dazu, sie kennen zu lernen. Tariq war fort, unwiderruflich fort, auch wenn sie jeden Morgen aufwachte und es nicht glauben konnte.
All ihre Streitereien, all ihre Geheimnisse und Abenteuer und alles, was sie ihm nicht gesagt hatte, summierte sich schließlich zu einem einzigen Satz: Sie war am Leben und Tariq war tot.
Und das war unerträglich.
Was die Taufe anging, gestaltete sich ihre Abwehr nicht so verzweifelt, wie sie hätte sein können, denn sie wusste, dass Gott ihr nicht helfen würde, so wenig, wie er Tariq geholfen hatte.
Gleichgültig wessen Gott.
Außerdem war der Priester, der Layla unterrichtete, der Einzige, der sich die Mühe machte, ihr etwas von der Welt außerhalb der Burg zu erzählen. Durch ihn erfuhr sie, dass Granada nun geteilt war zwischen Muhammad, der die Hauptstadt beherrschte, und ihrem Vater, der jetzt bei al Zaghal in Malaga residierte.
Nach einer vergeblichen Attacke auf die Hauptstadt hatte er sich entschieden, die Alhambra vorläufig Muhammad zu überlassen und all seine Kräfte auf den Krieg gegen die Christen zu konzentrieren.
Der König von Aragon, Fernando, hoffte, soviel entnahm Layla Pater Alvaros Berichten, den Erfolg von Alhama wiederholen zu können, und marschierte gegen Loja, aber diesmal war Abul Hassan Ali vorbereitet; es gelang ihrem Vater, die Stadt zu verteidigen und Fernando zum Rückzug zu zwingen.
»Es scheint«, fügte Pater Alvaro mit leichtem
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