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Mondlaub

Titel: Mondlaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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hatte Musa merkwürdigerweise das Gefühl, sich verteidigen zu müssen. »Rebellion bleibt Rebellion«, sagte er erregt, »und danach… Muhammad, du hättest dich nie mit den Christen einlassen dürfen!«
    »Ist das die Botschaft meines Onkels?«
    Musa zwang sich zur Zurückhaltung. »Nein. Er hat erfahren, dass Fernando beabsichtigt, als nächstes Loja anzugreifen.«
    Er wartete. Loja lag sehr viel näher an Murcia als an der Hauptstadt Granada. Muhammads Schatten bewegte sich etwas.
    »Ich verstehe.«
    »Ich glaube nicht, dass du das tust. Loja ist unsere letzte Grenzfestung, Muhammad!«
    »Und der Mann, der meinen Thron beansprucht, bittet mich um meine freundliche Unterstützung.«
    »Er bietet dir an«, sagte Musa müde, »Granada mit dir zu teilen. Oder was davon übrig bleibt, wenn der Krieg endlich vorbei ist.«
    Diesmal hatte er Muhammad überrumpelt.
    »Er will den Thron mit mir teilen? Al Zaghal? Das soll wohl ein Scherz sein!«
    »Er meint es ernst, Muhammad. Er gibt dir sein Wort, gibt es dir schriftlich, wenn du willst.«
    »Warum«, fragte Muhammad ungläubig, »sollte ich dem Wort eines Mannes trauen, der wiederholt versucht hat, mich umzubringen? Der meinen Bruder Raschid und vielleicht auch noch meinen Vater auf dem Gewissen hat?«
    »Du weißt genau, dass das mit deinem Vater nicht stimmt«, sagte Musa hitzig. »Das Übrige, ja. Al Zaghal wollte den Thron. Aber nicht nur aus reiner Machtgier. Siehst du denn nicht, dass wir inzwischen um unser blankes Überleben kämpfen? Und das können wir nur, wenn wir einig sind - und dafür ist al Zaghal auch bereit, Opfer zu bringen.«
    »Wie gnädig von ihm. Besonders, wo es mein Erbe ist, das er opfert.«
    »Al Zaghal war zumindest nie ein Sklave der Christen.«
    Ihre heftige Unterredung hatte im Flüsterton begonnen und war immer lauter geworden, bis Musa ben Abi Ghassan den letzten Satz beinahe herausschrie. Als er das Echo von den Wänden widerhallen hörte, zügelte er sich sofort wieder und verwünschte sein Temperament.
    »Du kannst dich entscheiden, Muhammad. Zwischen einem Leben als Fernandos Puppenfürst, wenn er sich überhaupt erinnert, dass er eine Puppe hat, und einem Leben als Herrscher. Aber nicht beides«, sagte er ruhig.
    »Dir ist klar, dass sie meinen Sohn als Geisel haben?«
    Musa schöpfte erleichtert Luft, denn die Frage verriet bereits, dass Muhammad seine Meinung geändert hatte. »Sie werden einem Kind nichts antun. Selbst die Christen würden das nicht wagen.«
    »Musa«, sagte sein ehemaliger Freund sarkastisch, »der ganze Sinn einer Geisel besteht in der Drohung, ihr etwas anzutun.
    Doch ich stimme dir zu. Ich glaube auch nicht, dass Fernando und Isabella meinen Sohn für meinen Verrat leiden lassen würden. Aber wenn ich mich mit al Zaghal versöhne, bedeutet das, dass ich Suleiman nie wieder sehen werde. Sie werden ihn niemals gehen lassen.«
    Darauf konnte Musa nichts erwidern. Schweigend kehrten sie zum Speisesaal zurück. Kurz bevor sie ihn betraten, blieb Muhammad stehen.
    »Richte meinem Onkel aus, ich bin einverstanden. Aber lass es mich auf meine Weise versuchen. Ich werde Fernando schreiben, dass Loja sich mir ergeben hat und dass ich die Stadt jetzt als sein Vasall halte, als Lehen. Nach dem Gesetz der Christen darf er sie damit nicht mehr angreifen und wir verhindern weiteres Blutvergießen.«
    Musa nickte skeptisch; er zweifelte daran, dass die christlichen Könige sich an ihre eigenen Gesetze halten würden. Aber er sagte nichts, denn zum ersten Mal an diesem Abend war Muhammads Lächeln echt, und Musa entschied sich, ihm die Freude an der Aussicht zu lassen, seinen demütigenden Vasalleneid gegen den wenden zu können, der ihn ihm aufgezwungen hatte.

    Die Königin hatte im Dezember ein Kind zur Welt gebracht, ihre dritte Tochter; daher waren sie und der größte Teil des Hofstaats in Alcada de Henares geblieben, als der König mit Beginn des Frühlings den Krieg wieder aufnahm und gegen Loja zog.
    Layla merkte, dass etwas nicht stimmte, als die Wachen vor Suleimans Räumen verstärkt wurden und Don Martin ihr mitteilte, der Junge dürfe bis auf weiteres seine Gemächer nicht mehr verlassen. Abgesehen von allem anderen, war die Aussicht, den ganzen Tag mit Suleiman auf nicht sehr großem Raum eingesperrt zu sein, nicht sehr erhebend. Er fing sofort an, lauthals zu protestieren, als sie ihm sagte, dass aus ihrem Spaziergang zu den Ställen nichts werden würde, und es dauerte eine Weile, bis sie ihn wieder beruhigt

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