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Mondlaub

Titel: Mondlaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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Eure Heimat zurückbringen und…«
    »Das werdet Ihr nicht.«
    Er blickte sie verwundert an und öffnete den Mund.
    »Das werdet Ihr nicht«, fuhr Layla fort, bevor er sprechen konnte, »weil ich Euch nicht heiraten werde. Es tut mir Leid, Juan. Aber ich werde Euch auf keinen Fall heiraten.«
    Wenn sie sich in einen geflügelten Drachen verwandelt hätte, er hätte nicht entgeisterter dreinschauen können.
    »Aber warum nicht?«
    »Aus zwei sehr einfachen Gründen. Ich liebe Euch nicht und ich will nicht.«
    Es war ihr Zimmer, aber wenn sie ihn gebeten hätte zu gehen, hätte das eine neue endlose Diskussion auslösen können. Au ßerdem lag Layla etwas daran, das letzte Wort zu haben, und dieses konnte kaum verbessert werden. Also war sie es, die ging, mit hoch erhobenem Kopf. Sowie sie allerdings erst einmal auf dem Gang war, begann sie, höchst würdelos zu rennen, denn sie fürchtete, er könnte sich rechtzeitig genug erholen, um ihr nachzueilen.

    Hamid al Zegri starrte auf das trügerisch sanfte Meer, wo die kastilische Flotte, die in sicherer Entfernung von der Stadt vor Anker gegangen war, seine Hoffnungen zu verspotten schien.
    Malaga war sowohl zu Wasser als auch zu Lande eingeschlossen, und es gab keine Möglichkeit, zu erfahren, ob und inwieweit al Zaghal wieder ein Heer hatte aufstellen können, um ihnen zu Hilfe zu kommen. Das, dachte Hamid al Zegri, war das Schlimmste: die völlige Abgeschiedenheit, in der sich die wichtigste Handelsstadt von Granada befand. Die einzige Nachricht, die sie jeden Tag hörten, war die allmorgendliche Aufforderung zur Kapitulation.

    Anfangs war die ganze Stadt begeistert von seinem Aufruf gewesen, durch Standhaftigkeit die Retter von Granada zu sein.
    Mittlerweile sah das anders aus. Al Zaghal hatte schon vor einiger Zeit die islamischen Reiche auf der anderen Seite des Mittelmeers um Hilfe gebeten, doch diese waren selbst vom Bürgerkrieg geplagt, und die einzige Unterstützung, die bis jetzt aus diesen Ländern gekommen war, bestand in dem kleinen Trupp, mit dessen Hilfe Hamid al Zegri jetzt Malaga hielt.
    Die Kaufleute der Stadt sahen nicht nur den Ruin ihres Handels, den die völlige Abschottung mit sich brachte. Mittlerweile erlebten sie auch Hunger und Durst, und Hamid al Zegri wunderte es nicht, als am heutigen Morgen wieder eine Deputation erschien.
    »Ich höre«, sagte er barsch; sie alle waren zwischenzeitlich jenseits der sorgfältigen Einleitungen und Umschreibungen, die ein zivilisiertes Gespräch eigentlich vorschrieb.
    »Wir sind der Belagerung müde, Hamid al Zegri«, begann ihr Wortführer, einer der ehemals reichsten Kaufleute der Stadt; nun war niemand mehr reich in Malaga.
    »Wenn die Christen die Stadt erstürmen, bringen sie uns alle um. Wenn sie uns weiter aushungern, sterben wir ebenfalls. Und wofür? Damit die Chroniken einst Euren Namen verzeichnen?«
    Früher wäre der Oberbefehlshaber aufgebraust, hätte den beleidigenden Kaufmann vielleicht sogar umgebracht; auch diese Art von Reaktionen lag weit hinter ihm. So antwortete er nur steinern: »Malaga ist die wichtigste Stadt nach der Hauptstadt. Also müssen wir Malaga halten. Wie oft soll ich Euch das noch sagen?«
    »Aber für wen?«, entgegnete einer der jüngeren Kaufleute hitzig. »Al Zaghal kann nach allem, was wir wissen, tot sein, und Abu Abdallah Muhammad ben Ali macht keine Anstalten, uns zu Hilfe zu kommen. Seht doch den Tatsachen ins Auge, Hamid al Zegri, es ist nur Euer Stolz, der uns daran hindert, Malaga den Christen zu übergeben.«
    »Stolz?« Hamid al Zegri befeuchtete sich die aufgesprungenen Lippen. »Vielleicht. Stolz darauf, nicht wie ein Feigling zu enden. Glaubt Ihr Narren vielleicht, die Christen würden nur einfach die Garnison übernehmen und ansonsten würde sich nichts für Euch ändern? Fragt die Bürger von Alhama, wie es ihnen unter den christlichen Königen ergangen ist. Fragt die Bürger von Loja.«
    Betretenes Schweigen kehrte ein. »Wir halten Malaga weiter. Und das ist mein letztes Wort«, sagte Hamid al Zegri, wandte sich von ihnen ab und starrte wieder auf die See hinaus. Malagas Lebensspender, der ihnen das Leben jetzt vorenthielt.

    Don Juan Ponce de Leon war mit einer besonderen Art von Taubheit gesegnet: Er hörte nur, was er hören wollte. Daher verließ er Cordoba in der festen Überzeugung, bei Laylas Weigerung habe es sich nur um zeitweilige mädchenhafte Schüchternheit gehandelt, eine Meinung, in der ihn Don Sancho Ximenes de Solis bestärkte.

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