Mondmädchen
stinkreich und hat Interesse an einem ägyptischen Appetithäppchen«, sagte er und lächelte mit schmalen Augen. »Ich weiß ehrlich gesagt nicht, wie es seine anderen Frauen mit ihm ausgehalten haben, aber die sind nach einer Weile sowieso alle auf geheimnisvolle Weise gestorben.«
Ich bemühte mich weiter um eine ausdruckslose Miene. Ich würde ihm nicht die wütende Reaktion liefern, die er haben wollte. Ich konzentrierte mich ganz auf das verzerrte Gesicht der Tragödienmaske, die auf die Wand gemalt war – mit ihrem offenen Mund, zu stillem Schrecken erstarrt.
»In zwei Tagen werde ich nach Hispania aufbrechen«, sagte er. »Aber du darfst gewiss sein, dass ich auch in meiner Abwesenheit diese Sache weiterverfolgen werde. Corbulo wird bestimmt mehr als bereitwillig auf dieses Arrangement eingehen, und ich für meinen Teil werde es genießen, dich das Leben einer bedauernswürdigen römischen Ehefrau führen zu sehen. Jedenfalls, solange du am Leben bleibst.« Er lächelte mich an. »Ist doch irgendwie passend, oder? Deine Mutter hat eine gute römische Ehe zerstört, und im Gegenzug werden wir nun eine gute römische Ehe für dich arrangieren, die dich zerstören wird.«
Er nahm einen großen Schluck Wein und wischte sich die nassen Lippen mit dem Handrücken ab. »Du darfst jetzt gehen.«
Meine Füße schlitterten die Holztreppe herab, die von seinem Studierzimmer nach unten führte. Ich wollte nur noch rennen, um so weit und so schnell wie möglich aus Rom und von Octavian fortzukommen. Ich überlegte, ob ich mich zum Tempel in Capua davonstehlen könnte, aber ich wusste, dass er mich dort finden würde. Und ich konnte es nicht riskieren, noch mehr unschuldige Anhänger der Göttin ins Verderben zu führen. Was würde er mit der Priesterin anstellen, wenn er von ihrer Beteiligung an dem Plan erführe? Ich würde sie meiden müssen, um ihre Sicherheit nicht zu gefährden.
Aber ich musste etwas unternehmen, musste irgendwohin fliehen. Konnte ich es bis nach Ostia und dort auf ein Schiff nach Ägypten schaffen? Oder nach Afrika? Irgendwohin, nur nicht in Rom bleiben! Ich konnte den Gedanken nicht ertragen, von so einem arroganten Römer erst missbraucht und dann getötet zu werden. Altbekannte Gefühle von Verzweiflung und Wut stiegen in mir auf, als mir meine völlige Machtlosigkeit klar wurde.
Ich machte mich auf die Suche nach Alexandros. Wenn Octavian vorhatte, mich zu verheiraten, was würde er dann mit ihm anstellen? Um mich zu beruhigen, blieb ich am Brunnen auf dem Hof stehen. Octavians Leute würden mich nun genau beobachten. Ich wollte nicht, dass irgendjemand ihm berichtete, wie sehr er mich verstört hatte.
Julia tauchte aus einem kleinen Dickicht im Garten auf. »Oh, hallo Schwester«, rief sie und lächelte, wobei sie leicht errötete. Aber sie blieb nicht stehen. Sie grinste mich nur an und schlenderte an mir vorbei. Ich streckte die Hände unter einen der delfinförmigen Speier des Brunnens und versuchte, die Erinnerung an Octavians Drohung abzuspülen.
»Wusstest du, dass Octavian vorhin nach dir gesucht hat?«, fragte Alexandros.
Ich zuckte zusammen. »Bei den Göttern, hast du mich erschreckt!«
Ein kleines Blättchen hing mit dem Stiel an den dunklen Locken in seinem Nacken. Er war aus demselben Dickicht aufgetaucht, aus dem Julia soeben gekommen war. Ich stöhnte. »Bruder, solltet ihr beide, du und Julia, nicht ein wenig vorsichtiger sein? Oder legst du es darauf an, dass man dich erwischt und dann tötet?«
Alexandros zuckte die Schultern. »Julia genießt die Gefahr. Was soll ich sagen? Und ich bin nicht derjenige, der sie zurückstößt.«
»Oh Isis! Bitte sag mir, dass ihr nicht wirklich miteinander schlaft!«
Alexandros gab keine Antwort.
Ich schloss die Augen. »Jetzt wird er uns beide töten.«
»Er weiß es nicht«, sagte Alexandros. »Und bald bricht er nach Iberien auf, dann sind wir in Sicherheit.«
»Bist du … bist du verrückt geworden? Die Sklaven und Diener wissen bestimmt Bescheid. Sie wissen alles! Es ist nur eine Frage der Zeit, bis er davon erfährt. Und was ist, wenn sie schwanger wird?«
»Wir sind vorsichtig.« Alexandros tauchte die Hände in das Becken des Brunnens. »Außerdem ist es mir sowieso schon egal«, murmelte er und es klang resigniert.
»Warum? Hast du dich jetzt doch in sie verliebt?«
Er lachte bitter auf. Verwirrt starrte ich ihn an. Ich war so mit meinen eigenen Plänen beschäftigt gewesen, dass ich kaum noch auf meinen
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