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Mondmädchen

Mondmädchen

Titel: Mondmädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boje Verlag
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dabei sein, wenn so viel auf dem Spiel steht?«
    »Aber … aber du … du bist doch kein Krieger …«
    »Und wenn ich ein König wäre, würde dann irgendjemand meine Gegenwart an der Seite des Feldherrn in Frage stellen? Eine gute Regentin beschützt ihr Reich, ganz gleich, was es kostet.«
    Ich nickte und mir schnürte sich der Hals zusammen. Ganz gleich, was es kostete? Auch wenn es vielleicht ihr Leben war? So Vieles konnte geschehen! Ihre Schiffe konnten in einem Sturm untergehen. Sie konnte von einer unbekannten Krankheit befallen werden und sterben. Sie konnte durch ein Schwert umkommen!
    Schlimmer noch, ich begriff nun, warum Mutter die Wahl meiner Hofdame beschleunigt hatte. Sie wollte alles geregelt wissen und dafür sorgen, dass ich die richtigen Menschen um mich hatte, für den Fall, dass sie nicht zurückkommen sollte.
    Mutter hatte wohl den Schrecken auf meinem Gesicht gesehen, denn sie beugte sich zu mir und streichelte mir über die Wange. »Mach dir keine Sorgen, Mondmädchen. Ich habe schon weit schlimmeren Feinden gegenübergestanden als diesem Burschen Octavian. Wir werden als Sieger zurückkehren. Und das früher, als du denkst.«
~  Kapitel 6  ~
    Im 20. Jahr der Regentschaft meiner Mutter
In meinem 10. Jahr
31 v.d.Z.
    Trotz unserer allzu plötzlichen Zusammenführung empfand ich Euginias Gesellschaft als Trost in den langen Monaten, nachdem meine Eltern in den Krieg gezogen waren. Anfänglich neigte sie allerdings sehr dazu, allen meinen Wünschen nachzugeben. Ich dagegen war an den Widerstand gewöhnt, den ich oft von meinen Brüdern zu spüren bekam. Es dauerte eine Weile, bis sie ein wenig Rückgrat entwickelt hatte.
    »Komm, lass uns noch einmal auf den Leuchtturm steigen«, sagte ich eines Morgens zu ihr.
    Euginia zögerte. »Ja, das wäre schön.«
    Aber ich wusste, dass sie die endlosen, stickigen Treppen nicht mochte, das Schwindelgefühl, während wir höher und höher stiegen, das Prasseln des Feuers auf der Spitze – all das, was ich an unserem Leuchtturm so liebte. Warum widersprach sie mir nicht? Ihr rasches Nachgeben ärgerte mich.
    »Euginia, sag du mir doch zur Abwechslung mal, was du tun willst«, sagte ich in dem Versuch, sie dazu zu bringen, eine Entscheidung zu fällen.
    »Ich mache alles, was du willst«, antwortete sie rasch.
    Ich stampfte mit dem Fuß auf. »Beim Schwert des Ares, du entscheidest jetzt!«
    Euginias Gesicht wurde blass. Ich verschränkte die Arme und starrte sie an. Zosima sah meinen Gesichtsausdruck, als sie gerade an uns vorbeilief. »Starre sie nicht so mit deinem Horus-Blick an, Kind! Das hat sie nicht verdient, wo sie doch nur entgegenkommend sein möchte.«
    Sie warf mir über die Schulter einen Blick zu und lachte. »Ja, du hast einen Horus-Blick. Eine Miniaturausgabe von dem deiner Mutter!«
    Wie immer genoss es ein Teil von mir, mit meiner Mutter verglichen zu werden, während ein anderer Teil von mir umso schmerzlicher
an ihre Abwesenheit erinnert wurde. Ich starrte Zosima an, die dabei war, die vielen Spielsachen aufzuheben, die wir auf dem Boden hatten liegenlassen – die mit Edelsteinen besetzten Kreisel, die Spielzeugkutschen aus Alabaster, die geschnitzten Elfenbeinkatzen auf Rädern, selbst Alexandros’ Lieblinspferd aus Onyx, Bucephalus .
    »Und du«, sagte Zosima, richtete sich auf und wandte sich an Euginia, »wirst hier nur überleben, wenn du ein bisschen Mumm zeigst. Das kannst du mir glauben!«
    Euginia errötete ein wenig. »Wie wär’s … könnten wir nicht … lass uns doch stattdessen in die königliche Menagerie gehen«, sagte sie zu mir.
    Eigentlich sollte meine Zustimmung herablassend klingen. Hatte Zosima nicht eben erst gesagt, ich hätte einen Horus-Blick – genau wie meine Mutter? Aber ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. »Los, komm!«, rief ich.
    Eugenia lernte tatsächlich bald, »ein bisschen Mumm« zu zeigen – sehr zu Zosimas Missfallen. Denn dies bedeutete, dass sie unsere lauten und heftigen Auseinandersetzungen darüber, wie wir unsere Freizeit verbringen wollten, ertragen musste. Doch im Laufe der Monate machte nicht einmal mehr die Ablenkung durch Euginia den Schmerz über Mutters Abwesenheit erträglich, die sich über den ganzen Winter bis in den Frühling hinein hinzog. Caesarion berichtete uns ständig, alles sei gut, und ich glaubte ihm. Ich nahm an, dass Tatas Streitkräfte auf dem Vormarsch wären und Octavians Armee zurückschlugen, während Mutter in Actium auf ihn wartete. Und mein

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