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Mondmädchen

Mondmädchen

Titel: Mondmädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boje Verlag
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und reichte dann eine an Amunet und eine an mich weiter.
    »Gerstenbier«, sagte Amunet. »Mit Honig.«
    Ich zwang meine Gesichtsmuskeln, bei dem starken Geschmack nach Hefe nicht zusammenzuzucken. Ich wusste, dass dieses speziell gebraute Bier nach einem uralten Rezept hergestellt wurde, das so alt und heilig war wie die großen Pyramiden. Meine Familie war es von Kindheit an gewohnt, Wein zu trinken wie die Griechen, aber wir respektierten es, dass die meisten Ägypter Bier bevorzugten.
    »Träumst du von der Göttin?«, fragte sie.
    Ich schüttelte den Kopf. »Nein. Und du?«
    Amunet lachte und schüttelte die langen schwarzen, mit Silber durchzogenen Haare nach hinten. »Ja, das tue ich. Und ich habe von dir geträumt, wie du alleine durch Schutt und Ruinen läufst. Und als ich dich eben so im Schatten der Göttin stehen sah … nun, da konnte ich es nicht mehr als reinen Zufall abtun.«
    Ruinen? Was hatte das zu bedeuten? »Geht es meinen Eltern gut in Actium?«, platzte ich heraus.
    Die Priesterin hielt inne. »Warum fragst du mich das? Der Kriegsrat der Königin hat doch sicher mehr Informationen als ich.« Sie nahm noch einen Schluck.
    Ich sagte nicht, dass ich gehofft hatte, die Magie der Göttin könnte ihr vielleicht mehr Wissen verleihen als allen anderen.
    »Jedenfalls«, sagte sie, »sagen mir die Zeichen, dass nicht alles gut ist. Du weißt doch gewiss, dass deine Eltern den ganzen Winter über in Actium festgehalten wurden, oder?«, fragte sie.
    Ich nickte, obwohl ich es nicht gewusst hatte. Mein Magen krampfte sich vor Furcht zusammen. Caesarion hatte nie das Wort »festgehalten« verwendet.
    »Während sie dort festsaßen hat eine schlimme Krankheit das Feldlager des Imperators heimgesucht …«
    Mein Kopf schoss in die Höhe. »Geht es meiner Mutter gut?«
    Amunet nahm noch einen Schluck Bier. »Soweit ich weiß, ja. Aber ich fürchte, dass Marcus Antonius Octavian möglicherweise unterschätzt hat.«
    »Das ist unmöglich«, rief ich aus. »Tata ist der bessere Feldherr!«
    »Zugegeben«, sagte sie. »Jedoch fürchte ich, dass dein Vater so ist wie der Ägypter, der das Krokodil jagt, aber von der kleinen Schlange zu Fall gebracht wird, die er entweder nicht gesehen oder nicht beachtet hat.«
    Ich machte den Mund auf, um zu widersprechen, aber die Priesterin der Isis kam mir zuvor: »Erzähle mir, was es mit dem Amulett auf sich hat, das du um den Hals trägst«, sagte sie.
    Meine Hand fuhr an die Kette. Ich zog den Isisknoten unter meinem Gewand hervor und hielt ihn ihr hin. »Dieses hier?«
    »Weißt du, was dieser Knoten bedeutet?«
    »Dass ich der großen Göttin folge«, sagte ich, indem ich mir die Worte meiner Mutter in Erinnerung rief.
    Amunet trank noch einen Schluck. »Ja, aber dieses spezielle Amulett bedeutet, dass du in die Mysterien der Isis eingeführt wurdest. Aber das ist nicht der Fall, und deswegen wüsste ich gerne, wie es kommt, dass du es um den Hals trägst.«
    »Meine Mutter hat es mir gegeben«, sagte ich.
    »Damit du es für sie aufbewahrst?«
    »Nein. Sie hat es mir in der Nacht gegeben, als wir über Isis gesprochen haben und warum sie die Eine ist, der ich folgen soll. Das war, nachdem Euphronius uns zu einem Gespräch mit einem Rabbi mitgenommen und ich etwas über die Religion der Hebräer gelernt hatte.«
    »Und was hast du damals gelernt?«, fragte sie.
    »Dass die Juden nur an einen einzigen, männlichen Gott glauben und an eine seltsame Vorstellung, die er als den ›freien Willen‹ bezeichnet hat.«
    »Warum findest du diese Vorstellung seltsam?«
    »Weil … nun.« Im ersten Moment wusste ich nicht genau, was ich antworten sollte. Es war mir seltsam erschienen, weil ich es nicht ganz verstanden hatte. Ich wiederholte die Geschichte von dem Garten der Glückseligkeit, die der Rabbi uns erzählt hatte. »Er sagte, ihr Gott hätte seinen ersten Menschen etwas befohlen, aber da sie einen freien Willen hatten, haben sie sein Verbot missachtet und damit das Böse in die Welt gebracht …« Ich sprach nicht weiter.
    Amunet sah mich über ihre glänzende Tasse mit Bier eindringlich an. »Diese Vorstellung vom ›freien Willen‹ ist weder seltsam noch neu – sie ist auch im Begriff der Ma’at enthalten. Seltsam ist daran nur der Glaube, dass die Entscheidung einer Frau das Böse in die Welt gebracht haben soll.«
    Ich nahm noch einen Schluck Bier und überlegte, ob ich die Geschichte wohl richtig wiedergegeben hatte. Aber vor allem fragte ich mich, warum die

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