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Mondmädchen

Mondmädchen

Titel: Mondmädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boje Verlag
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näher, um zu lauschen.
    »Aber der Senat geht doch immer vor dem Eroberer! Was sollen denn die Leute denken, wenn du uns hinter dir herlaufen lässt?«, rief einer der Männer.
    »Ah, das verstehst du ganz falsch, Lucius«, sagte Octavian. »Voller Respekt gestatte ich euch, hinter mir zu gehen. Das ist eine Ehre für euch.«
    Die Senatoren wechselten einen Blick. »Caesar, das ist ein Bruch der Traditionen, der sehr nach ungesetzlicher Anmaßung von …«
    »Weitergehen! Weitergehen!«, rief ein Offizier in strahlender Rüstung aus Bronze. »Nehmt eure Plätze ein. Der Triumphzug beginnt!«
    Beim Anblick des gezogenen Breitschwerts des Mannes fügten sich die Senatoren, aber nicht ohne Octavian mit bitterbösen Blicken zu bedenken. Ich hatte soeben miterlebt, wie Octavian sich symbolisch mehr Macht gab als dem Senat. Und das bei dem Mann, der von sich behauptete, er wolle »die Republik neu errichten«! Was hatte er für eine Gewalt über Rom, dass nur zwei Senatoren es wagten, ihn deswegen zur Rede zu stellen?
    Marcellus kam auf einem strahlend weißen Pferd herangeritten. Als Octavians Erbe würde er auf der rechten Seite des Streitwagens reiten. Ich verspürte eine Welle von Scham, dass Marcellus mich so sehen würde. Ich wandte dem allen den Rücken zu, zumal ich wusste, dass Tiberius, der links von Octavian reiten würde, uns gewiss mit einem hämischen Grinsen bedenken würde. Juba würde, wie ich vermutete, wohl mit den anderen jungen Offizieren hinter dem Wagen marschieren. Livia, Octavia und der Rest der Kinder würden die Parade von einer speziellen Loge auf der Haupttribüne aus beobachten.
    Das Brüllen von Stieren und das Gejohle der Menge zeigte, dass die Opfertiere das Tor bereits durchschritten hatten. Alle fünfzig Stiere würden am Ende des Triumphs geopfert werden. Bald würde Rom in Blut und Innereien schwimmen. Die Prozession kam nur langsam voran, während Wagen und Tragen, beladen mit all den Reichtümern, die aus unserem Palast und aus ganz Ägypten gestohlen worden waren, vor uns in der Sonne glitzerten – gigantische Berge von Gold, Elfenbein, Onyx, Lapislazuli, Smaragden, Gewürzen, Zimt, Perlen. Eine Gruppe von Männern hielt eine gemalte Darstellung des Nildeltas in die Höhe, welche die sieben heiligen Mündungen zeigte. Griechische Pedagogi , die mit den weißen Tuniken und den weißen Sandalen der Gelehrten unserer Bibliothek bekleidet waren, zogen Wagenladungen von Schriftrollen hinter sich her, die allesamt aus unserer großen Bibliothek geraubt waren. Halbnackte, schwitzende Sklaven stöhnten unter den Zugseilen und Tragestangen von gigantischen Obelisken und Sphinxen, die man aus unseren Heiligtümern und Tempeln entfernt hatte. Als eine riesige Terracotta-Nachbildung unseres großen Leuchtturms herausgerollt wurde, grölte ein Betrunkener: »Hey, der Leuchtturm ist ja gar nicht so groß!«
    Ich wusste nicht, ob ich lachen oder weinen sollte.
    Aber das angebliche Porträt unserer Mutter in ihrem Todeskampf rief die meisten Reaktionen hervor. Es wurde gepfiffen, gejohlt, gespuckt, gebuht, mit verfaultem Obst und Steinen geworfen – das Gemälde schien die Massen zu wahren Stürmen von Hass anzustacheln.
    »Hure! Drecksweib! Schlampe! Hexe!« Die Beleidigungen prasselten auf uns herab wie Hagel, der vom Himmel fiel. Und wir hatten keine Möglichkeit, uns vor den Angriffen zu schützen. Ich wusste, dass die vor Wut verzerrten, hasserfüllten Gesichter der Römer, die die Straßen säumten, mich für den Rest meines Lebens in Albträumen heimsuchen würden. Und die Menge wurde noch bösartiger, als sie uns erblickten.
    »Da sind die Kinder dieser Hure!«
    »Die kleinen Bastarde!«
    »Bringt sie um!«
    Ich hob das Kinn angesichts der Beleidigungen und blickte starr geradeaus. Ein Blick aus den Augenwinkeln verriet mir, dass Alexandros genau dasselbe tat.
    »Und wo ist sie jetzt, eure tolle Königin?«, spotteten die Stimmen. Zu meinen Füßen spritzte eine Flüssigkeit und mir wurde klar, dass jemand einen Nachttopf auf uns geworfen hatte. Der scharfe Geruch des Urins erfüllte die Luft. Zwischen all den Rufen und Beleidigungen vernahm ich Ptolis Schniefen: »Ich hasse sie! Ich hasse sie!« Ich drückte seine Hand.
    Beim Anblick von Octavian wurde das Gebrüll der Menge ohrenbetäubend. »Unser Retter!«
    »Heil, Caesar!«
    »Du bringst uns Frieden!«
    »Du bringst uns Tod«, murmelte ich.
    Die Prozession kroch in winzigen Schritten voran. Die Sonne stieg höher am Himmel und

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