Mondnacht - Mordnacht
und ich bewegte mich zurück zu Suko.
***
Wir sahen den Mann, der wie ein kleiner König in seinem Vorgarten stand und seinen Blick über die Frühlingsblumen gleiten ließ, die den Boden verlassen hatten, um ihre Blütenpracht zu entfalten. Das Gesicht des ungefähr vierzigjährigen Mannes mit den glatten, dunklen Haaren zeigte dabei einen zufriedenen Ausdruck. In diesem Garten, der zu einem kleinen Einfamilienhaus aus Backsteinen gehörte, war Chief Inspector Dobson wirklich der King. Wir hatten einige Meter zuvor einen freien Parkplatz gefunden und waren den Rest des Wegs zu Fuß gegangen. Dobson hatte uns zwar gesehen, aber er beachtete uns erst, als wir vor dem Mittelweg stehenblieben, der teilte den Garten in zwei Hälften. Aus den Ritzen zwischen den viereckigen Steinen wuchs nicht ein Unkrauthalm hervor.
Bisher hatte Kollege Dobson eine Harke in der Hand gehalten. Die ließ er jetzt los und lehnte sie gegen den Zaun, der von einem Steinsockel in die Höhe ragte. »Wollen Sie zu mir?«
»Ja«, sagte Suko. »Wenn Sie Chief Inspector Dobson sind.«
Er hatte ziemlich schmale Augen, und die verengten sich noch mehr, als er uns anschaute. »Wir kennen uns zwar nicht«, sagte er, »aber irgendwo kommen Sie mir schon bekannt vor.«
»Stimmt, Kollege.«
»Oh, Kollege.«
»Ja.« Suko stellte uns vor.
Als Dobson dann unsere Namen hörte, mußte es bei ihm geklickt haben, denn er verzog das Gesicht. »Als hätte ich es geahnt«, sagte er mit fast weinerlicher Stimme: »Das war dieser komische Vogelkundler, der Sie geschickt hat.«
»Nicht direkt«, klärte ich ihn auf. »Es war mehr eine Folge seines Besuchs.«
»Ach so.« Über den Zaun hinweg sprachen wir miteinander. »Daß Sie mich hier im Garten sehen, hat seinen Grund, denn ich habe heute meinen freien Tag.«
»Der sei Ihnen gegönnt. Dennoch werden Sie uns bestimmt den Gefallen tun und einige Fragen beantworten. Wir haben beschlossen, uns um den Fall zu kümmern.«
»Dann glauben Sie an Werwölfe?«
»Das möchten wir erst einmal dahingestellt sein lassen«, sagte Suko.
»Wir haben uns bereits informiert und wissen, daß nach dieser Nacht eine Leiche gefunden worden ist.«
»Stimmt. Im Wald. Der Tote lag blutüberströmt und schon zerfetzt in seinem Auto. Das war kein schöner Anblick, kann ich Ihnen sagen. Ich glaube auch nicht, daß es ein Mensch getan hat. Es waren die Spuren eines Tieres, wie auch der Arzt bestätigte. Nur glaube ich nicht an einen Werwolf.«
»An was dann?« fragte Suko.
»Wie gesagt, an ein Tier.«
»Gibt es im Waltham Forest Raubtiere?«
Dobson ärgerte sich.
Er lief dabei rot an. »Nein, und es ist auch kein Zoo in der Nähe, aus dem ein derartiges Tier, ein Bär oder ein Tiger ausgebrochen wäre. Wir haben schon unsere Erkundigungen eingezogen, aber wir stehen vor einem Rätsel.«
»Der Mann hieß Vincent Slade, wie wir aus den Unterlagen erfahren konnten«, sagte ich.
»Richtig.«
»War er polizeibekannt?«
»Nein. Aber er war ein Aufschneider, ein Macho, wie immer Sie ihn nennen möchten. Er war in dieser Gegend bekannt. An dem fraglichen Abend vor der Mordnacht war er in der Halle.«
»Was ist das?«
»Eine Disco auf der grünen Wiese.«
»Dort hat man ihn also gesehen?«
»War er allein?«
»Ja, zunächst. Meine Leute haben gefragt. Dann ist herausgekommen, daß er die Disco in Begleitung eines weiblichen Gastes verlassen hat. Und nach dieser jungen Frau haben wir gefahndet, sie aber noch gefunden.«
»War sie in der Halle nicht bekannt?« fragte ich. »Nur vom Ansehen. Den Namen kannte man nicht.«
»Und die Beschreibung?«
Dobson hob die Schultern. Seine schmalen Lippen verzogen sich zu einem Grinsen. »Sie muß schon ein toller Schuß gewesen sein, wie die jungen Leute so sagen.«
»Dann war sie kein regelmäßiger Gast?«
»Nein. Sie kam nur ab und zu.«
»Ist sie nach der Tat schon wieder dort aufgetaucht?«
Dobson schüttelte den Kopf.
»Nein. Wir hätten es auch sofort erfahren, denn die Keeper hinter der Bar haben uns versprochen, uns zu benachrichtigen, sollte sie die Halle wieder betreten.«
»Halten Sie diese Person für verdächtig?« Dobson blies die Wangen auf, bevor er die Luft wieder auspustete.
»Was soll ich Ihnen sagen?«
»Ihre Meinung.«
»Quatsch. Sie hätten die Leiche mal sehen sollen. So etwas schafft kein Mensch. Erst recht keine Frau. Das können Sie sich abschminken.«
»Also doch ein Tier«, sagte Suko.
»Oder ein Mensch mit entsprechenden Waffen, die aus Stahl
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