Mondpapier und Silberschwert (Die Sumpfloch-Saga) (German Edition)
Lisandra an, sie warm zu halten, doch sie lehnte ab. Nicht weil sie es nicht mochte (diese Methode der inneren und äußeren Erwärmung hatte sie schon erprobt und als sehr angenehm empfunden), sondern weil sie nicht von Yu Kon erwischt werden wollte. Bis jetzt wussten Lisandra und Haul nicht, ob Yu Kon über ihre besondere Beziehung Bescheid wusste. Haul glaubte, dass Yu Kon den Fragen der Liebe so abgeneigt gegenüberstand, dass ihm solche Dinge entgingen. Hanns war anderer Meinung. Er nahm an, dass Yu Kon bestens informiert war und diese Liebelei gegen Lisandra und Haul wenden würde, wenn sie es am wenigsten erwarteten.
„Denkt an meine Worte“, sagte er . „Ich wette, Yu Kon hasst euch dafür und wird es euch spüren lassen!“
„Wofür hasst er uns denn nicht?“, fragte Lisandra . „Wenn er mich noch deutlicher spüren lässt, wie sehr er mich hasst, werde ich zu Stein gefrieren.“
Hanns sollte recht behalten, wie so oft, und heute war der Tag, an dem sich dies zeigen sollte. Es war der Tag, an dem Yu Kon seinen Schülern die Lektion von der silbernen Kröte erteilte.
Manchmal staunte Lisandra über Hanns’ Tollkühnheit. An diesem Morgen zum Beispiel kam er zu spät, weil er nach dem Frühstück unbedingt noch ein Schwätzchen mit Scarlett hatte halten müssen. Wer außer Hanns würde es wagen, den Zorn von Yu Kon auf diese Weise herauszufordern? Immerhin war Hanns ordentlich außer Atem, als er zu spät in die Arena gerannt kam, und er war sehr erleichtert darüber, dass der Meister noch nicht da war.
„Glück gehabt“, stellte er fest. „Wahrscheinlich streitet er mal wieder mit Wanda Flabbi. Unser Zimmermädchen hat gesagt, die Krötenfrau ärgert ihn, wo sie nur kann.“
„Welches Zimmermädchen?“, fragte Lisandra.
„ Unser Zimmermädchen“, wiederholte Hanns. „Das Mädchen, das unsere Betten macht, unsere Zimmer putzt, uns Getränke bringt …“
„Er ist eine Hoheit, schon vergessen?“, sagte Haul.
„Wieso habt ihr keinen Zimmerjungen?“, fragte Lisandra.
„Haben wir auch“, erklärte Hanns. „Mehrere sogar. Aber es war das Mädchen, das uns die Sache mit Wanda Flabbi …“
Hanns verstummte, da er Yu Kon durch den Schnee kommen sah. Der Meister ließ sich Zeit. Manchmal ließ er seine Schüler eine Stunde in der Kälte warten, bis er geruhte, zum Unterricht zu erscheinen. Nie entschuldigte er sich für die Verspätung, auch gab er niemals Erklärungen ab, was ihn aufgehalten habe. Doch wehe, einer seiner Schüler war nicht anwesend, wenn Yu Kon in der Arena erschien – dann drohte eine saftige Bestrafung.
„Was steht ihr hier faul herum?“, rief er von Weitem. „Ihr hättet ohne mich anfangen können!“
Yu Kons Schüler waren mittlerweile klug genug, auf diese Frage nicht zu reagieren. Anfangs hatten sie versucht, sich zu rechtfertigen. Das war aber keine gute Idee. Alles wurde ihnen als Widerspruch oder Ausrede ausgelegt und vom Meister rechts und links um die Ohren gehauen. Es war schlauer zu schweigen und einfach hinzunehmen, was Yu Kon an Vorwürfen und Beschimpfungen von sich gab.
Heute war er aber gar nicht in der Laune, lange auf dem Fehlverhalten und der Unzulänglichkeit seiner Schüler herumzuhacken. Er steckte seinen Stock in den Schnee, verschränkte die Arme und baute sich vor Hanns, Haul und Lisandra auf.
„Heute erhaltet ihr die Lektion von der silbernen Kröte!“, rief er und dabei bemerkte Lisandra, dass sein stinkender Atem längst nicht so dampfte wie ihr eigener. Woran das wohl lag?
„Ihr sollt die Kröte finden und beherrschen“, fuhr Yu Kon fort. „Ich werde euch diesmal keinen Ratschlag geben, wie ihr das schaffen könnt. Ich sage euch nur, wo ihr suchen sollt!“
Lisandra sah, wie Hauls linke Augenbraue leicht zuckte. Er unterdrückte eine Grimasse und sie wusste genau, was er jetzt gerne gesagt hätte. Nämlich: Welchen Ratschlag haben wir das letzte Mal bekommen? Ich kann mich an keinen erinnern!
„Hanns!“, sagte Yu Kon. „Du wirst die Straße nach Quarzburg entlanggehen, um Ausschau nach der Kröte zu halten.“
Hanns nickte ergeben und trat einen Schritt zur Seite. Jetzt stellte sich Yu Kon vor Haul und fixierte ihn mit einem stechenden Blick.
„Haul! Du wirst auf dem Dachboden über der Bibliothek suchen!“
„Aber dort hat sich Grohann eingerichtet“, wagte Haul zu widersprechen.
„Ja, und?“, fragte Yu Kon unwirsch.
„Er wird mich sofort erwischen und rauswerfen!“
„Was geht mich das an?“, fragte
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