Mondscheingeflüster
Kälte und Nieselregen auf gut Glück auf diese verdammte Brücke stellen und warten. Scheiße. Er kam wieder nicht dazu, nach Peggy zu sehen.
»Brooklyn Bridge«, sagte Sergeant Morton, nachdem ihm Mike den Zettel übergeben hatte. »Ein günstiger Ort für uns. Dürfte nicht zu schwer sein, dort unauffällig ein paar Leute zu postieren. Aufreibend nur, dass sie keine Uhrzeit nennen. Wird eine lange Nacht, Mike.«
»Ja. Das fürchte ich auch.«
»Das Haus, unter dessen Treppe diese Nachricht verborgen lag ... ist Ihnen da etwas aufgefallen?«
»Ich habe die Namen auf den Briefkästen notiert«, sagte Mike. »Aus reinem Zufall können die Entführer nicht gewusst haben, dass dort ein Stein locker ist. Irgendeine Verbindung zu einem der Bewohner muss es geben. Man müsste dort eine Befragung durchführen.«
»Ich schicke einen Beamten hin. Und Sie, Mike, legen sich jetzt mal für eine Stunde hin. Sie dürfen nicht zusammenklappen heute Nacht. Übrigens - wenn alles gut geht, ist die Rolle, die Sie in dieser Geschichte gespielt haben, nicht ganz unerheblich für Ihre berufliche Zukunft. Wenn es etwa um eine Beförderung geht oder Ähnliches.«
»Danke, Sergeant.«
Mike verließ das Zimmer. Bei sich dachte er: In Wirklichkeit denkt er doch nur an seine Beförderung, an sonst gar nichts!
»Chick«, sagte Lucy, »spritzt selber. Er handelt mit Heroin, weil er Geld braucht für seinen eigenen Stoff. Er steckt in einem Teufelskreis. Er kommt nicht los von dem Zeug.«
»Er hat dich zu einer Therapie überredet, er hat sogar einen Platz für dich gefunden«, entgegnete Ted. »Weshalb ist er nicht in der Lage, dasselbe für sich zu tun?«
»Er hat nicht den Willen dazu. Er redet sich ein, er könnte sowieso jederzeit aufhören. Das ist natürlich Quatsch.«
»Natürlich. Er wird sich bald nicht einmal mehr auf den Füßen halten können. Was ist mit den anderen?
Warum machen sie Geschäfte mit einem Zeug, das andere Menschen in tödliche Abhängigkeit bringen kann?«
»Mein Gott, wir sind Freunde. Wir gehören zusammen. Außerdem sind wir alle ... ich meine, wir alle stammen aus Familien, die in der totalen Sinnlosigkeit leben. Greg zum Beispiel. Sein Vater verdient so viel Kohle, dass er sich jeden Tag das Empire State Building kaufen könnte und dabei auf seinen Konten kaum eine Bewegung registrieren würde. Seine ganze Kindheit hindurch hat Greg ihn vielleicht einmal pro Woche für eine Minute irgendwo im Vorbeilaufen gesehen. Er bekam ein Taschengeld, das über dem Monatsgehalt eines Durchschnittsamerikaners der Mittelklasse lag, aber ich glaube nicht, dass irgendjemand einmal Zeit hatte, ihm über das Haar zu streichen oder ihm einen Gute-Nacht-Kuss zu geben. Abends aß er alleine, weil sich seine Eltern in der Zeit für eine Party umzogen, morgens frühstückte er allein, weil sein Vater schon wieder im Büro war und sich seine Mutter von den Anstrengungen des Abends ausruhte. Mit sechzehn Jahren war er schon alkoholabhängig.«
»Ich habe meinen Vater auch sehr selten gesehen«, sagte Ted. »Glaub mir, ich kenne die Umstände, unter denen Greg aufgewachsen ist und unter denen du aufgewachsen bist, sehr genau. Als ich klein war, habe ich insgesamt bestimmt mehr Zeit mit meinen Kindermädchen verbracht als mit meinen Eltern. Ich weiß auch, wie leicht es einem gemacht wird, an Aufputschmittel, Alkohol und Drogen zu kommen, und ich weiß, dass es Momente gibt, in denen diese Dinge unheimlich verführerisch erscheinen. Aber ich kann dir nur noch mal sagen: Ich hätte immer zu viel Angst gehabt. Ich habe eine ganz grundsätzliche Angst davor, die Kontrolle über mich zu verlieren. Vielleicht bin ich ein eingebildeter, blöder Lackaffe - das ist es jedenfalls, als was du mich wahrscheinlich ansiehst -, aber mir ist die Vorstellung, ich könnte irgendwo besoffen herumliegen oder im Drogenrausch unverständliche Worte herauslallen, entsetzlich. Ich will mich nie, nie in so einer Situation befinden!«
»Ich habe dir gerade erklärt, dass es so nicht ist von Anfang an. Dass man erst mal ...
»Aber jedes Kind weiß doch, dass es so endet. Tu doch nicht so naiv! Tausende vor dir haben geglaubt, bei ihnen wäre es etwas anderes, und Tausende sind auf die Nase gefallen. Daraus würde ich an deiner Stelle meine Schlüsse ziehen, anstatt als eintausendunderste denselben Scheiß zu machen wie alle anderen!«
Lucy starrte ihn wütend an. »Du bist so selbstgerecht, dass man kotzen könnte, wirklich!«
»Du kannst
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