Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Mondscheingeflüster

Titel: Mondscheingeflüster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
Vom Netzwerk:
darüber. Ich verlor eine Menge Haare, hatte nur noch ein dünnes Gestrüpp auf dem Kopf. Ich kotzte ständig. Ich brauchte nur einen Schluck Wasser zu trinken, schon hab ich ihn wieder rausgekotzt. Ich bin auf den Strich gegangen, um mir Geld für den Stoff zu besorgen ... jetzt bist du schockiert, wie?«
    Ted schüttelte den Kopf. »Nein. Das habe ich mir gedacht. Die meisten machen das ja wohl, wenn sie Geld für Stoff brauchen.«
    »Ich habe mich selber dafür gehasst. Ich bin mit den ekelhaftesten Kerlen ins Bett gegangen, die du dir vorstellen kannst. Das heißt, du kannst es dir wahrscheinlich nicht vorstellen. Das ist nicht deine Welt!«
    »Lucy, du machst einen Fehler, wenn du alle, die nicht so leben wie du, für vollkommen blöd hältst. Es ist nicht meine Welt, okay. Deshalb bin ich aber doch kein ahnungsloser Trottel! Ich kann mir das alles sehr gut vorstellen. Es zählt für dich nicht, wenn sich jemand Dinge anliest oder ihm etwas in der Schule oder in der Universität beigebracht wird, wenn er über das Fernsehen oder über Zeitungsberichte von dem erfährt, was nicht zu seinem unmittelbaren Leben gehört. Aber du unterschätzt, wie eindringlich sich Erkenntnis auch auf diesem Weg vermittelt. Man muss nicht ... man muss nicht durch die Hölle gehen, um zu wissen, dass es sie gibt.«
    Lucy starrte ihn an.
    »Die Hölle! Ja, wenn es so einfach wäre, wenn es einfach eine Hölle wäre, von Anfang an ... das ist das, was man immer erzählt, und was so verdammt unwahr ist: Nehmt kein Heroin, kein Kokain, raucht kein Hasch, ihr fühlt euch beschissen danach, also lasst gleich die Finger davon ... So ist es nicht, Ted. Du fühlst dich irre gut dabei, das ist die Infamie. So wie ich mich am Schluss fühlte, kurz bevor ich den Entzug gemacht habe, so war ich ja nicht die ganze Zeit. Weißt du, dass man jahrelang regelmäßig Kokain nehmen kann, ohne dass irgendjemand etwas merkt oder sieht? Zuerst mal läufst du nicht als halbe Leiche durch die Gegend. Du läufst herum und bist absolut high. Du willst Spaß haben, und du putschst dich solange auf, bis du ganz fantastisch viel Spaß hast. Du fühlst dich so toll und so stark ...«
    »Bis die Wirkung nachlässt«, sagte Ted.
    Lucy machte eine abwiegelnde Handbewegung.
    »Gut, wenn die Wirkung nachlässt, ist alles noch ein bisschen öder als vorher. Aber wenn man kein Problem hat, an neuen Stoff heranzukommen ... ich hatte nie Probleme, weil meine Eltern unheimlich großzügig waren mit Taschengeld. Die haben auch nie wissen wollen, wofür ich es ausgebe. Im Central Park bekommst du einen Joint Marihuana für einen Dollar. Damit hab ich angefangen. Es war unheimlich leicht zu kriegen, was ich wollte.«
    »Warum hast du Marihuana geraucht?«
    »Ich war fünfzehn, da wurde es mir und einer Freundin auf einer Party einfach angeboten. Wir haben es aus Neugier versucht. Wir waren gerade ziemlich frustriert, hatten Ärger in der Schule, mit unseren Eltern lief es auch nicht besonders gut. Das Marihuana machte alles leichter, wir fühlten uns einfach besser. Also haben wir es uns dann immer wieder besorgt.«
    »Und irgendwann bist du auf härtere Sachen umgestiegen?«
    »Klar, Haschzigaretten. Amphetamine. Ich war wahnsinnig gut drauf - und ich war absolut sicher, jederzeit aufhören zu können. Ich fühlte mich nicht süchtig. Ich dachte, okay, du brauchtest jetzt nichts zu nehmen, aber wenn du etwas nimmst, läuft alles besser. Also hab' ich was genommen.«
    »Sie bieten es sogar auf den Schulhöfen an, stimmt's?«
    »Ja. Sie bieten es eigentlich überall an, sogar im feinen Philadelphia. In den Ferien waren wir meist auf Long Island, wir haben da ein Haus in den Hamptons. Von dort bin ich oft nach New York gefahren, hab mich im Central Park oder im Washington Square Park mit Stoff eingedeckt. Einmal, in den Sommerferien, hab ich in einer Kneipe in Tribeca gejobbt, da verkehrten reiche Typen, die ziemlich großzügig mit Kokain waren. So kam ich auf Kokain. Ich war siebzehn inzwischen - und zum ersten Mal fing ich an, mich nicht mehr so sicher zu fühlen. Verstehst du, es war ganz komisch: Auf der einen Seite ging es mir blendend, ich hatte wahnsinnig viel Spaß, lernte unheimlich verrückte Typen kennen, mit denen man sich toll amüsieren konnte, und auf der anderen Seite merkte ich, dass ich kaum mehr in der Lage war, in ein Kaufhaus zu gehen, ohne mich vorher aufgeputscht zu haben. Wenn ich nichts nahm, war ich oft wahnsinnig ängstlich, unsicher, irgendwie elend

Weitere Kostenlose Bücher