Mondscheingeflüster
und tief in die Stirn gezogener Strickmütze.
»Wo ist Ted?«, fragte er. »Wann werden Sie Ted freilassen?«
»Das Geld. Und den Stoff.«
»Wo können wir Ted abholen?«
»Den Koffer. Wir wollen den Koffer haben.«
Mike reichte den Koffer durch das Fenster.
»Können Sie mir einen Hinweis auf Teds Aufenthaltsort geben? Können Sie mir sagen, wann wir ihn wiedersehen?«
Er bekam keine Antwort. Noch während das Fenster hinaufgekurbelt wurde, fuhr der Wagen an. Er schoss geradezu los, wieder mit voll aufgeblendetem Licht, und diesmal mit quietschenden Reifen. Mike konnte nur hinterherschauen. Er merkte sich natürlich die Nummer, glaubte aber nicht, dass das viel nützen würde. Wahrscheinlich würde das Auto ein paar Straßenzüge weiter abgestellt und zurückgelassen werden.
Sergeant Morton tauchte auf. Sein Gesicht wirkte verkrampft.
»Scheiße! Jetzt haben sie alles, was sie wollten, und wir haben nichts. Hat er einen Hinweis auf den Entführten
gegeben?«
»Nein. Ich habe ihn mehrfach gefragt, aber ich bekam keine Antwort. Wir müssen warten, Sergeant. Es bleibt uns gar nichts anderes übrig.«
Der Sergeant knetete die Hände ineinander. Er war wütend und frustriert.
»Wir hätten ...«
»Nein. Alles wäre zu riskant gewesen. Überlegen Sie, Sie hätten die beiden in dem Auto jetzt verhaftet, und morgen wäre der Junge tot aus dem East River gefischt worden. Es hätte Ihren Kopf gekostet. Der Vater des Jungen ist nicht ohne Einfluss.«
»Sie haben recht. Aber wir stehen da wie die Idioten. Geben denen alles und bekommen nicht die kleinste Sicherheit dafür. Ich sage Ihnen etwas, Mike, manchmal geht mir mein Job unheimlich auf die Nerven!«
»Mir meiner auch«, entgegnete Mike und klapperte hörbar mit den Zähnen.
Der Sergeant hob seine Taschenlampe, leuchtete Mike ins Gesicht.
»Sie haben ja völlig blaue Lippen! Sie gehen jetzt sofort nach Hause und legen sich ins Bett. Aber vorher trinken Sie einen heißen Whisky. Und nehmen ein Fußbad!«
»In Ordnung. Danke, Sergeant.«
Mike schaute auf die Uhr. Zu spät, um Kathrin anzurufen, obwohl sie möglicherweise nicht schlief, sondern in Hochspannung auf seinen Bericht wartete. Aber er wagte es nicht, womöglich schlief sie bei ihren Eltern im Zimmer, denn in ihrem eigenen konnte sie nicht übernachten, weil dort die ganze Nacht ein Polizist das Telefon beaufsichtigen musste. Besser, er meldete sich erst morgen bei ihr. War immer noch früh genug, um alles brandheiß zu erzählen.
Kathrin schlief tatsächlich noch nicht. Sie lag nicht im Zimmer ihrer Eltern, sondern hatte ein eigenes bekommen, größer und luxuriöser als das letzte, denn ein weniger komfortables war nicht frei gewesen. Sie hatte versucht einzuschlafen, aber es war ihr nicht geglückt. Nun hatte sie das Licht eingeschaltet und starrte an die gegenüberliegende Wand.
Es war nicht Ted, dem in diesem Moment ihre Gedanken gehörten. Sie dachte an Mike. Ob er es schon wusste?
Es war am späteren Abend gewesen, Mike hatte bereits seinen Posten auf der Brooklyn Bridge bezogen, und Kathrin war noch einmal in ihr Zimmer gegangen, weil sie dort im Bad ihre Zahnbürste vergessen hatte. Ein junger Schwarzer in Polizeiuniform saß neben dem Telefon, hielt den Hörer in der Hand. Er lauschte und machte ein melancholisches Gesicht.
»Was ist?«, fragte Kathrin aufgeregt. »Ist es etwas wegen Ted?«
Der Polizist verstand zumindest »Ted« und schüttelte den Kopf.
»Okay«, sagte er ins Telefon, »okay.« Dann legte er den Hörer auf.
»Und?«, fragte Kathrin.
Er sah sie an. »Shit«, sagte er, »the horse is dead.«
Das verstand Kathrin.
»Mike's horse. Peggy is dead.«
Sie erstarrte. »O nein. Warum? Ich meine, warum jetzt so plötzlich? Ich weiß, sie war krank. Aber niemand hat von sterben geredet, oder? Es hat doch niemand etwas davon gesagt!«
Natürlich begriff er nicht, was sie redete. Mit Händen und Füßen und ein paar spärlichen Brocken Englisch gelang es Kathrin, ihm klarzumachen, was sie wissen wollte. Noch größere Mühe musste sie aufwenden, um zu verstehen, was der andere ihr darauf antwortete. Was sie mitbekam, war dieses: Peggy hatte überhaupt nichts mehr gegessen und getrunken, war immer apathischer geworden und hatte deutlich gelitten. Der Tierarzt sagte, man könne wirklich nichts mehr tun. Niemand wusste, wo Mike zu erreichen war. Der Pferdepfleger, Mikes Freund und Vertrauter in Pferdefragen, entschied schließlich, das Tier erlösen zu lassen. Peggy wurde
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