Mondscheinzauber - Jones, C: Mondscheinzauber - Moonshine
sagen, er ginge heute Abend nicht zum Erntefest, weil er sich nicht zum Deppen mache und nach der Pfeife von Leuten wie den Pashley-Royles tanze. Aber dann würde er doch hingehen, wie immer, und eine Weile finster dreinschauen, dann würde er sich einen leichten Schwips antrinken und sich schließlich bestens amüsieren, was er aber niemals zugeben würde.
Was sie Cleo über die Ansichten ihres Vaters zum Thema soziale Unterschiede erzählt hatte und über ihre Ängste, dass Zeb und sie nie zusammenkommen würden, war natürlich alles wahr, dachte Elvi. Und danach hatte sie an jenem Abend Panik bekommen, dass Zeb sie womöglich nicht wiedersehen wollte. Sie war wegen dieser ganzen Sache echt ätzend fertig gewesen. Aber seitdem hatte Zeb ihr in seinen SMS-Nachrichten unzählige Male versichert, dass sie sich da überhaupt keine Sorgen machen müsse. Sie solle es ihm überlassen, er würde alles regeln. Und nun vertraute sie ihm ganz und gar.
Wenn doch nur, dachte Elvi wehmütig, ihr Vater sich heute Abend beim Erntefest mit Zeb unterhalten und feststellen würde, dass er ein ganz normaler Mensch war. Ein hinreißender, liebenswerter, humorvoller, normaler Mensch. Dass dieser Klassenkram lächerlich war. Dass sich heutzutage niemand mehr darum scherte.
Aber was würde nicht geschehen … Oder vielleicht doch …?
Elvi schüttelte den Kopf. Es spielte wirklich keine Rolle. Sie wusste, mit all der wilden Entschlossenheit eines Teenagers, der zum ersten Mal heftig verliebt war: Wenn sie sich zwischen ihrem Vater und Zeb entscheiden müsste – tja, dann würde ihr Vater einfach den Kürzeren ziehen.
Ihre Eltern würden sich aufregen, klar, aber sie war überzeugt, dass ihre Mum ihren Dad am Ende rumkriegen würde. Schließlich liebten die beiden sie, und hier ging es ja um ihr Glück.
Und überhaupt, dachte Elvi, als sie ihren MP3-Player zur Hand nahm, würde sie heute Abend einfach improvisieren. Sie würde abwarten, dass Zeb den ersten Schritt tat, und dann seinem Stichwort folgen. Und wenn ihr Vater irgendetwas Krasses täte, würde sie ihn für immer hassen. Und wenn er zu Zeb unhöflich wäre – na warte! Elvi blies die Backen auf. Allein der Gedanke war undenkbar.
Oh Gott – noch immer neun Stunden und sechsundfünfzig Minuten zu überstehen …
In Lovelady Hall konsultierte Cleo in Arbeitskleidung aus Jeans und T-Shirt in Gedanken ihre Checkliste. Sie besah sich die Heuballen, die rings um den Hof als Sitzgelegenheiten ausgelegt waren; die langen, auf Böcken stehenden Tische waren bereits mit gestärkten weißen Tischdecken belegt; unter dem in einer Ecke für den Schweinebraten errichteten Spieß loderte bereits das Feuer, die Musikanlage für passende beschwingte Tanzmusik war aufgestellt; um jedes infrage kommende Gebäudeteil waren Lichterketten gewickelt, und altertümliche Fähnchen baumelten schlaff in der unbewegten, warmen Luft.
Alles da. Alles in Ordnung.
Das Erntefest würde einfach großartig werden.
Schon fast Mittag. Sie war seit Tagesanbruch in Lovelady, um sicherzugehen, dass alles, was sie arrangiert hatte, reibungslos klappte; dass sich alles an Ort und Stelle befand; dass die Elektriker da waren und alles ordentlich verkabelten, dass alles genau so lief, wie es sollte.
Kurz vor neun Uhr war der wirklich atemberaubende Gärtner Rocky Lancaster mit seinem Gefolge junger Gehilfen angekommen und hatte rund um den Hof Hängekörbe mit herabquellenden Herbstblumen und -blättern aufgehängt.
Cleo hatte es sich gegönnt, einen genießerischen Moment lang den vielen atemberaubenden jungen Männern dabei zuzusehen, wie sie auf Leitern kletterten und sich bückten und reckten und straffe Körper mit noch strafferen Muskeln zur Schau stellten.
Obwohl, hatte sie anschließend bei sich gedacht, so göttlich Rocky Lancaster auch sein mochte, gegen Dylan würde sie ihn nicht eintauschen wollen …
Dann hatte sie sich selbst im Geiste strengstens getadelt, solche Albernheiten über jemanden, der überhaupt keine Zeit für sie hatte, auch nur zu denken , und sich, von plötzlicher Sehnsucht überwältigt, unverzüglich damit beschäftigt, die Papierservietten zu zählen.
Doch sie hatte nicht viel Zeit, um über ihre Albernheit nachzugrübeln. Ein endloser Strom von Dorfbewohnern war mit den Beiträgen zur Party eingetroffen, und sie war mit üppigen Essensmengen überschwemmt worden – die nun alle unter Frischhaltefolie in Mimis turmhohen amerikanisch anmutenden Kühlschränken
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