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Mondschwingen (German Edition)

Mondschwingen (German Edition)

Titel: Mondschwingen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Sand
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Seine Handbewegung sah aus, als wolle er eine
Fliege verjagen.
    Toiva spannte sich an und sprang. Ihr Sturz
war nicht allzu tief, kurz vorm Boden federte sie wieder hinauf und während die
Sternenjägermenge noch überrascht zu der Frau im grünen Mantel blickte, ließ
sie schon das Schwert durch die Luft sausen. Der Mann, der zum Stoß angesetzt
hatte, kippte vornüber ins kniehohe Gras. Nebeneinander lagen nun er und der
Junge, beide leblos und still.
    Noch bevor die Sternenjäger ihre Waffen
zückten, flog Toiva wieder ein bisschen höher, rannte über die Köpfe ihrer
Gegner hinweg und griff zum zweiten Mal an, der Mann namens Kastja parierte
mühelos und hielt das Zepter Schlag um Schlag ein bisschen deutlicher in der
Hand.
    „Ihr seid immer wieder für Überraschungen
gut.“ Er klang fast gelassen, als er das sagte. „Trotz allem bin ich enttäuscht
von Euch, Toiva. Ich hatte wirklich gedacht, dass Ihr mittlerweile genug
Anstand besitzt, einen gerechten Kampf zu kämpfen. Aus tiefster Dunkelheit
aufzutauchen und Euer Talent zu Nutze zu machen, entspricht aber nicht meiner
Auffassung von gerecht .“
    Selbst von der Baumkrone aus konnte Svija den
Atem der Königin vernehmen, ihre Schläge wurden schwächer.
    „Nennst du es etwa gerecht, ein Kind zu
töten, das im Schlamm liegt und keinen Widerstand leistet? Das ist gerecht?“ Toivas
Stimme war schrill und vertrieb die bleierne Stille aus dem Wald.
    „Er hat uns blamiert, der Junge. Das ist
genauso wenig gerecht wie ein Mord ohne seinen Widerstand. Er muss sterben.
Genauso wie Ihr.“  
    „Glaubst du wirklich, dass du dazu in der
Lage bist? Stark genug zu sein, um mir den Garaus zu machen? Du bist alt,
Kastja, alt und schwach und viel zu dünn.“ Das war jene Toiva, die Svija
kannte, wenn auch nicht besonders lang. Und doch war da ein Zittern, ein Beben
in ihrer Stimme, das ihr gänzlich unbekannt war.  
    „Ich bin nicht schwächer als Ihr es seid.
Und ja, Elsterkönigin, ich glaube, ich bin stark genug.“ Er hatte kaum ausgesprochen,
als er mit einem nächsten Schwerthieb Toiva entwaffnete.
    Plötzlich war sie wieder da, die Stille.
Und mit ihr verstand auch Svija, dass sie nicht einfach sitzen bleiben konnte.
    Sie dachte kaum nach, sah kein einziges Mal
hinunter, fast blind sprang sie hinab und kam dicht neben dem reglosen Jungen
im Dreck auf.
    Seine Augen waren offen, das erkannte sie
im schummrigen Licht, er blinzelte ihr zu, seine Hand schob sich zu ihrer.
    „Du musst fliegen“, sagte Svija, „du musst
fliegen.“ Sie sagte es oft, zog ihn an sich heran und wollte ihn auf die Füße
hieven. Der Sumpf rülpste bei jedem Schritt, den die Jäger taten, zwei oder
mehr kamen ihnen entgegen.
    „Steh schon auf“, bat Svija. Sie war wütend
auf diesen dummen Jungen, der nicht horchen wollte, der sie beide ans Messer
lieferte, wenn er nicht bald endlich tat, was sie ihm sagte!
    Er stolperte, fiel erneut zu Boden und
hustete, hustete so laut, dass nun auch der Rest der Sternenjäger auf sie
aufmerksam wurde.
    Ein letztes Mal, dachte sie, werde ich es
versuchen.
    Sie packte ihn, schleifte ihn mit sich. „Fliege!“,
stieß sie hervor „Versuch es irgendwie. Wir haben keine Zeit stehen zu
bleiben.“
    Die Jäger waren ganz nah.
    „Fliegen“, flüsterte der Junge, mehr nicht.
Der Wald um sie herum schien zusammenzurücken, als sie zögerlich vom Boden
abhoben.
    Die Sternenjäger unter ihnen kamen
schneller heran, sie schrien wild durcheinander, immer mehr kamen nun dazu,
schwenkten die Waffen und griffen mit den Händen nach den Elstern.
      „Kommt
herunter!“, schrie einer von ihnen. „Wir tun euch nichts.“ Es war blanker Hohn,
den er da ausspie, blechern und hohl klangen seine Worte in der Stille.
    „Glaubt ihm nicht“, knurrte eine Stimme
hinter Svija. Toiva kam in langen Sätzen angerannt. „Du hast mir einen großen
Gefallen getan, Mädchen. Ich hab es gar nicht mehr für möglich gehalten, dass
du dich für die Leben anderer Leute interessierst.“
    Sie schoben sich an einem Baumgeist vorbei,
der die krummen Finger nach ihnen ausstreckte. Als er sie angrinste,
schimmerten seine Zähne im Mondlicht.
    „Warum hast du das getan?“, fragte der
Junge. „Du hast dein Leben aufs Spiel gesetzt.“
    „Unsinnigerweise“, meinte Svija und sah ihn
böse an. „Ich hätte das nicht tun sollen.“ Im nächsten Moment bereute sie, was
sie gesagt hatte.
    „Es tut mir leid“, sagte sie. Der Junge
hatte seinen Vater verloren und war selbst nur

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