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Mondschwingen (German Edition)

Mondschwingen (German Edition)

Titel: Mondschwingen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Sand
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fortfuhr,
doch sie blieb still.
    „Na geh schon, bevor ich’ s mir anders
überleg. Eine Toiva erlebt man nicht alle Tage großmütig!“
    Rubens verbeugte sich spöttisch. Er war
froh gehen zu können, ohne sein Schwert benutzen zu müssen.
    „Eines noch!“
    Rubens hatte schon die Türe aufgestoßen,
als ihm der Junge hinterher kam.
    „Warum sagte er ausgerechnet diese Worte?
Warum Skopenvang?“
    Rubens zuckte mit den Schultern. „Ich kann
dir nicht mehr sagen, als dein Vater mir gesagt hat. Ich bin ein Botschafter,
mehr nicht.“
    Der Junge sah traurig aus. „Danke“, sagte
er „ich danke Euch.“
    Es war seltsam, den Jungen so zu sehen,
schließlich gehörte er zu den Elstern und nicht zu seinem Volk. Seinem Volk ... was war schon sein Volk?
    „Du hättest es sicherlich auch getan an
meiner Stelle.“ Kaum hatte Rubens das ausgesprochen, bereute er es schon. Er
wandte sich um und ließ die Mühle hinter sich. Noch lange spürte er die Blicke
seiner Feinde.
                                                  

 
    Kastja sprang auf und lief ihm entgegen.
    „Wo warst du?“ Er klang nicht besonders
wütend, vielmehr besorgt. „Du warst auf einmal weg, niemand hat dich gehen
sehen. Wo warst du, verdammt?“ Er zerrte Rubens von den anderen Sternenjägern
am Lagerfeuer fort, die mit Bier und Wein ihre Niederlage von gestern Nacht zu
vergessen versuchten.
    „Ich musste allein sein. Die Stimmung war
gedrückt, jeder war aggressiv und übellaunig wegen der Mondschwingen, die uns
gestern entwischt sind.“ Rubens hatte sich die Ausrede lange überlegt, doch
selbst er fand sie nicht besonders einleuchtend.
    Sie blieben weit ab vom Nachtlager stehen,
es war bereits dunkel.
    „Du sagst mir nicht die Wahrheit!“ Kastjas
Stimme war gepresst, er sah zum Feuer hinter den Bäumen zurück und fasste
Rubens schließlich am Arm. „Du verheimlichst mir etwas, das merke ich. Du bist
mein engster Vertrauter, Rubens. Ich kann es nicht gebrauchen, wenn sogar schon
du mich anlügst!“ Zornig sah er seinen Thronfolger an, sein Griff war
schmerzhaft.
    Rubens war von Kastjas plötzlichem
Misstrauen überrascht. Es enttäuschte ihn, dass er ihm nicht mehr voll und ganz
zu trauen schien. Dabei war er es doch, der das Vertrauen seines Verbündeten missbrauchte.  
    Er hatte Angst, obwohl er kaum wusste,
warum. Kastja würde ihn nicht töten, noch nicht jedenfalls.
    „Warum warst du weg?“ Kastja klang
gutmütiger als zuvor, sein Griff wurde schwächer.
    „Du vertraust mir nicht!“ Rubens hatte es
eigentlich nicht sagen wollen, doch seine Enttäuschung war zu groß.
    Kastja lachte, ganz leise nur. Er
schüttelte den Kopf. „Du fehlst den ganzen Tag. Ich dachte schon, einer der
Elstern hätte dich unbemerkt getötet. Das einzige, was ich will, ist die
Wahrheit, mehr nicht.“ Er klopfte Rubens auf den Rücken.
    „Gestern Nacht ... der Junge ...“ Rubens
lief weiter, er war zu unruhig und aufgeregt, um stehen zu bleiben. „Der Junge,
Linus, er erinnerte mich an mein eigenes Schicksal. Mein Vater starb, als ich
ein Kind war, er wurde von Mondschwingen getötet und ich selbst bin auch um ein
Haar von ihnen umgebracht worden. An all das hab ich gestern wieder gedacht.“
Es fiel Rubens schwer zu lügen, besonders jetzt, da er vor Kastja stand und von
einer gefälschten Vergangenheit sprach, die seiner eigenen allzu ähnlich war.
Er hatte mit Kastja noch nie darüber geredet und nun auf einmal war es passiert
und die atemlose Angst, sich zu verraten, wurde beinahe übermächtig.
    „Ich musste weg von dir und den anderen, da
ich plötzlich das Gefühl hatte, einer dieser Mörder von damals zu sein. Ich
musste weg, einfach weg, damit meine Schuldgefühle nicht noch größer werden.“
    In Wahrheit hatte er nicht einfach nur
weggehen müssen, er war den Mondschwingen natürlich ganz gezielt gefolgt. Schon
nachts, als die Sternenjäger ihr Nachtlager aufgestellt hatten, war er den
Feinden oder was auch immer sie ihm bedeuten mochten, hinterher geschlichen.
Sie waren früh aufgebrochen und waren den ganzen Tag geflogen und Rubens hatte
schnell gehen müssen, um ihnen folgen zu können. Sein Weg durch den Schnee war
viel beschwerlicher gewesen als der Flug der Elstern über dem Wald. Rubens
hatte in diesen Stunden seine Entscheidung mehr als nur einmal bereut – nur
wegen einem unbedeutenden, dummen Jungen – doch in Wahrheit wusste er, dass es
richtig war. Es war nicht nur der Junge,

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