Mondschwingen (German Edition)
wollte
bei Rasputin bleiben, bei Amber und Crava, in ihrem Wald. Vielleicht würde sie Linus irgendwann zu sich holen,
jemanden schicken würde sie, damit sie ihre Welt nicht verlassen musste.
Rasputin hörte mit dem
Schnitzen auf. „Das ist gut. Ich hab dich gern. Deine Anwesenheit ist
angenehm.“
Kurz nachdem er das
gesagt hatte, hörten sie es. Schreie, die in den Sommerwald nicht so recht
passten. Sie hörten Rufe, sie klangen wie Schlachtgeheul. Svija packte Rasputin
ohne lang zu überlegen und scheuchte ihn durch den Hintereingang ins Haus.
„Bleib da“, sagte sie „Geh bloß nicht raus!“
Sie dachte an die
Sternenjäger, an Kastja, an Kastja, der gar
nicht so schlimm war . Einen Moment lang wusste sie nicht, ob sie nicht zu
den anderen gehen sollte, um zu schauen, was da vor sich ging, aber so, wie es
sich anhörte, war es nichts Gutes. Etwas, wovor man sich in Acht nehmen sollte.
„Ich bleib besser bei dir“, entschloss sie und verriegelte hinter sich die Tür.
„Mein Holzklotz!“
Rasputin drückte die Nase gegen die Scheibe und schaute zum Bach hinunter.
„Deinem Maikäfer geht es
gut.“ Svija rannte in den Flur, die Treppen hinauf, Wulf und Fuks standen oben
und schrien Svija zu, dass Feinde im Sommerwald wären, schwarzgekleidete
Schatten mit Fahnen in den Händen, ein toter Vogel sei darauf.
Sternenjäger ,
tatsächlich …
Crava schickte die
Kinder eilig in ihre Zimmer und konnte nicht aufhören mit Jammern. Svija
stürmte ans Fenster in ihrem Zimmer, stellte sich auf die Zehenspitzen und
schaute hinaus. Überall waren schwarze Menschen in der Menge, sie trugen
Fackeln, deren Flammen über die Blätter leckten.
Die Sternenjäger hatten
ihre Schwerter gezückt und scheuchten die Aufsässigen zurück, die zu fliehen
versuchten.
„Bastarde!“ Fuks stand
hinter Svija und schaute sich kopfschüttelnd um. „Können sie nichts anderes tun
als morden?“
„Bisher ist noch niemand
tot“, erwiderte Wulf nachdenklich, sein Kopf stieß gegen die Decke.
„Nur eine Frage der
Zeit, schau sie dir doch an!“
Ein Kreis vermummter
Jäger hatte sich gebildet. Sie standen um die Aufsässigen herum, die Schwerter
nach innen gerichtet; wie ein funkelnder, schwarzer Dornenkranz. Gwaedja stand innen,
an ihrer Seite verharrte Amber, sie standen ganz dicht beieinander.
Flaggen wehten im warmen
Wind, ein kleiner, weißer Vogel auf pechschwarzem Grund lag dort, die Kehle
durchschnitten.
„Der dort, der da
drüben, ist Kastja, glaube ich, der Sternenjägerkönig.“ Fuks zeigte auf einen
kleinen, schmalen Mann außerhalb des Kreises. Sein bleiches Gesicht schimmerte
in der Dämmerung. „Wie genüsslich er schaut!“
Svija wagte nicht zu
atmen. Kastja, der Sternenjägerkönig, Gwaedja, das Aufsässigenoberhaupt, sie
beide, Liebende …
„Ich hab‘ gewusst, dass
die Aufsässigen nur Ärger machen. Das konnte gar nicht gut enden.“ Wulf öffnete
vorsichtig das Fenster, die vereinzelten Schreie in der Menge wurden auf einmal
viel lauter. „Die Jäger wollen keinen Frieden, sie wollen Krieg, natürlich. Sie
werden alle Aufsässige umbringen, einen nach dem anderen.“
„Sei leise!“ Crava kam
in das Zimmer. „Wir müssen irgendetwas tun, müssen helfen und nicht tatenlos
herumstehen.“
Fuks lachte leise. „Was
sollen wir schon tun? Du bist alt, die meisten anderen hier drin sind kleine
Kinder, allerhöchstens wir drei wären stark genug, um zu kämpfen. Aber wie
stellst du dir das vor, Crava? Drei gegen dreißig – wenn‘ s nicht sogar mehr
sind.“
Nun standen sie still am
Fenster, als lauschten sie nur der Nacht.
„Wehe einer fliegt weg von
euch, ich spieß ihn auf, das sag ich euch!“, schrie einer der Jäger und
wirbelte mit seinem Schwert herum.
Ein Aufsässiger lag
schon am Boden und fasste sich an die Seite, Blut floss an seiner Hand hinab.
„Was habt ihr jetzt vor?
Uns alle umzubringen? Weil wir Frieden wollen?“ Es war Gwaedja, die so laut
sprach. Sie sah beinahe furchtlos aus, so wie sie da gerade stand und die
Sternenjäger finster ansah.
„Wir töten nicht alle.
Nur die Mondschwingen unter euch. Den Rest verschonen wir und bringen ihm das Hassen
bei.“ Kastja hörte sich an, als bellte er, laut und kalt.
„Wir werden nie anfangen
zu hassen!“ Gwaedja stand stolz da. „Und das weißt du auch, Kastja, das weißt
du sicherlich. Sei nicht so feige, zeige dich und guck uns wenigstens an, wenn
du deinen Männern ihren Auftrag gibst. Man tötet nicht einfach
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