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Mondschwingen (German Edition)

Mondschwingen (German Edition)

Titel: Mondschwingen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Sand
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wirkten so schwarz, man hörte nichts
als das Brüllen des Feuers, keine Grillen, keinen rauschenden Bach.
    Gwaedja war an Ambers
Seite, sie winkte Svija weiter. Was verstand sie schon, die dumme Gans? Sie konnte
rennen, sie konnte fliehen, denn ihr bedeutete all das hier nichts.
    Sie zwängten sich durch
den engen Flammentunnel, sahen nicht nach links und nicht nach rechts.
    Svija spürte plötzlich
Finger an ihrem Handgelenk, sie wurde nach hinten gerissen und schaute in
Ambers Gesicht, die blass nach vorne starrte. Männer mit silbernen Masken
standen vor ihnen, hatten Dolche in den Händen und kamen auf sie zu. Flammen
spiegelten sich im Metall ihrer falschen Gesichter.
    Einer von ihnen kam mit großen
Schritten anmarschiert, packte Gwaedja und hielt ihr den Dolch an den Hals.
    Amber kam dem silbernen
Maskenmann entgegengerannt, sie riss an Gwaedja, an ihrem Kleid, an Armen und
Beinen, an allem, was ihr zwischen die Finger geriet und als sie merkte, dass
all das kein Sinn machte, trommelte sie mit ihren Fäusten auf den Maskenmann
ein, so gut es eben ging. Der Maskenmann schlug ihr den Ellenbogen ins Gesicht,
Amber fiel zurück und fasste sich an die blutende Nase.
    „Keine Sorge, so bald
bringen wir sie nicht um!“, brummte der Mann hinter der Maske und stürmte
davon. Sein weißer Mantel flatterte, von hinten sah er aus wie ein schneeweißer
Vogel.
    Amber lag da, mit
blutigen Händen, und schaute dem Fremden hinterher, der ihre Mutter entführte.
Svija zog Amber eilig zu sich empor und stolperte mit ihr weiter. Der Weg
zwischen den Flammen wurde immer enger.
    „Gwaedja, meine Mutter
…“ Amber wischte sich mit dem Ärmel Blut und Tränen aus dem Gesicht. „Sie ist
schon wieder fort.“
    „Weiter, wir müssen
weiter!“
    Funken regneten auf sie
herab, Feuer tastete nach ihnen, die Schreie wurden lauter, überall. Die
Erlösung, die kalte Welt kam ganz plötzlich.
    Schnee war zu ihren
Füßen, die Flammen an den Bäumen nur noch klein.
    Svija hustete und legte
sich in den Schnee. Es kam ihr vor, als dampfte und zischte sie in der Kälte,
sie rang nach Atem und schloss fest die Augen, ganz fest.
    „Sie ist schon wieder
fort. Sie haben sie mitgenommen, die Männer mit den Masken!“
    Amber lehnte sich gegen
einen Baumstamm, starrte in den dunklen, kalten Wald und alles, was man sah,
war die Nacht darin. „Sie ist fort, einfach so.“
    Es fiel Svija schwer
zurückzuschauen, zum brennenden Wald, aber sie tat es trotzdem. Sie sah den
letzten Flüchtenden zu, wie sie sich im Schnee wälzten, um die Flammen zu
ersticken. Innerhalb von ein paar Wimpernschlägen war alles zerstört worden,
was Svijas Zuhause einmal gewesen war. Ihre Welt war hinter einem Feuervorhang
verschwunden.
    Svija konnte nicht
aufhören zu weinen, sich im Selbstmitleid zu suhlen.
    Rasputin und Merve und
Grit standen stramm da, Hand in Hand, und konnten nicht fassen, was sie da
sahen. Sie waren sogar zu überrascht, um traurig oder wütend zu sein, wütend
auf die fremden Aufsässigen, die das Unglück in den Sommerwald geschleppt
hatten.
    Crava kam auf Svija zu. „Es
haben alle von uns überlebt, aber, ach … was für eine Schande!“ Sie ließ sich
in den Schnee fallen, schlug die Hände vors Gesicht und schluchzte.
    „Wir haben überlebt,
immerhin überlebt.“ Fuks strich ihr über den Rücken. „Ist das denn nichts?“
    „Warum kann uns die Welt
nicht verschonen? Soll sie doch untergehen und alles mit sich reißen, solange
sie uns in Ruhe lässt. Kann Malvö nicht wieder normal werden?“
    „War es das jemals?“
Fuks blickte sich in den Reihen stöhnender Aufsässiger um. Sie waren alle lebendig,
rangen nach Atem, schnappten nach Luft, manche fassten sich stöhnend an die
Wunden, aber keiner lag leblos im Schnee, niemand war tot.
    Sie saßen lange im
Schnee und sahen in die Flammen, bis sie irgendwann erstarben. Langsam
schlichen sie sich an den verkohlten Bäumen vorbei, Asche und Schnee regneten
auf sie herab. Svija hielt die Luft an, als sie sich umsah, sie streckte die
Arme aus und schloss die Augen. Sie spürte Schnee auf ihrer Stirn, kalt und
zaghaft, wie klamme Kinderfinger. „Der Sommer ist verschwunden“, flüsterte sie.
„Der Sommerwald ist … fort.“
    Sie hatte es geahnt,
natürlich. Obwohl der Schnee so kalt war, versengte er ihr beinahe die Haut.
Ihr Zuhause lag in Trümmern, verschwand unter einer ersten Schicht Schnee.
    Amber tippte Svija auf
die Schulter. „Ich gehe“, flüsterte sie.
    Svija wandte sich zu

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