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Mondschwingen (German Edition)

Mondschwingen (German Edition)

Titel: Mondschwingen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Sand
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wurde schwindlig,
die Bilderflut hörte nicht auf, Mortis, der sterbende Mortis tauchte immer
wieder auf, das Blut an seinem Kinn … er verlor an Höhe, wackelte und trudelte,
ihm wurde kurz schwarz vor Augen. Er merkte, wie zwei Stimmen unter ihm
schrien, er kam dem Fenster, das zurück in sein Leben führte, ein kleines
bisschen näher. Er berührte den Boden, eine Hand zog ihn am Kragen, zog ihn
nach vorne und ließ ihn fast stolpern.
                                                  
    Fumo eilte mit Linus aus
dem Treppenhaus heraus. Kälte schlug ihnen entgegen, Flocken wirbelten ihnen
ins Gesicht.
    „Was ist in dich
gefahren, verdammt?“ Fumo zerrte ihn am Ärmel weiter, sie fielen über einen
Schneeturm, mitten auf der Straße. Unwillkürlich presste Fumo Linus‘ Gesicht in
den eisigkalten Schnee. „Geht’s jetzt?“, fragte er und drückte es noch einmal
hinein. „Oder jetzt?“
    Man hörte erneut
Thabäus‘ wütende Schreie, Fumo zog Linus empor und schleppte ihn ein paar
Schritte weiter.
    „Was ist passiert? Warum
hast du das gemacht? Deine Laterne hat die Treppe angebrannt! Wenn Thabäus
nicht seinen Pelzmantel aufgeopfert hätte, wäre sein Treppenhaus schon jetzt
von den Flammen zerfressen, das kann ich dir sagen!“ Fumo nieste und schüttelte
den Kopf. „So bald kannst du dich bei ihm nicht mehr blicken lassen. Seine
ganzen Bücher hätten draufgehen können!“
    Linus schwirrte der
Kopf, aber langsam tauchte er wieder auf, schlüpfte durchs Fenster und schaute
sich um. „Ich weiß nicht“, murmelte er und kniff die Augen zusammen.
    Er ließ sich weiterschubsen,
durch die grünen Burggässchen, sah vor lauter Schnee nichts als Weiß und
wabernde Schemen. „Die Erinnerung“, verriet er Fumo leise „es war die
Erinnerung.“
    Der Junge verzog
missbilligend das Gesicht und hielt an. „Was willst du eigentlich, was machst
du hier?“
    Linus sah ihn mit großen
Augen an. „Ich will nach Skopenvang, mehr nicht.“ Er ließ Fumo stehen und lief
dem Palast entgegen.
                                                  
    Es war bereits dunkel,
als sie sich zurück in die Gassen der Burg stahlen. Eigentlich war es für
Lehrlinge und angehende Spione verboten, bei Dunkelheit das Gemach zu
verlassen, warum auch immer. Doch Fumo hatte darauf bestanden Linus die
Fliegende Burg bei Nacht zu zeigen.
    „Die Burg hat zwei
Gesichter“, hatte er gesagt „das eine ist tagsüber, das ist das brave, das
langweilige, das andere ist nachts und dem könnte ich stundenlang zugucken.“
    Nun streunten sie durch
schummrige, roterleuchtete Gassen und schauten sich mit großen Augen um. Die
erste Zeit kamen ihnen nur Trunkenbolde entgegen, die sangen und tanzten und
manchmal sehr laut rülpsten. Die Tür einer Taverne flog auf, zwei Männer
purzelten raufend und schreiend heraus und dämpften ihre Schläge im Schnee.
    Als sie ins „Graue
Viertel“ kamen, wurde es noch zwielichtiger: leichtbekleidete Frauen taumelten
von Gestalt zu Gestalt, und machten seltsam verrenkte Knickse, zogen ihre
Kleider bis zu den Knien hinauf und blinzelten verführerisch.
    Tücher hingen vor
Fenstern und Türen und dahinter sah man Konturen, wie in einem Theater, das nur
aus Schatten bestand, absurde Konturen, mit wirren Frisuren. Ein
dunkelgekleideter Mann stand in einer Seitengasse und drückte eine Gestalt an
die Mauer, in seiner Hand blitzte Metall auf.
    „Mir gefällt es hier
nicht“, wisperte Linus. Es kostete ihn einiges an Überwindung, überhaupt den
Mund aufzumachen.
    „Stell dich nicht so an,
das Beste kommt noch!“ Fumo grinste und schlich in eine düstere Gasse, ein
Schild hing quietschend an der Wand.
    „Du willst doch nicht
etwa in die Spelunke dort?“ Linus hätte am liebsten sofort kehrt gemacht, aber
er musste sich eingestehen, dass er es nicht gewagt hätte, alleine
zurückzugehen.
    „Es ist die beste
Spelunke weit und breit“, meinte Fumo. Er stand vor der Tür und fuhr sich
durchs Haar, als ob sich irgendjemand hier für seine Frisur interessierte.
    Die Tür öffnete sich von
allein, eine dicke Wirtin stand auf der Schwelle und winkte sie herein. „Kommt
schon herein, kommt schon! Da draußen holt ihr euch noch den Tod, jawohl!“ Fumo
kam ihrer Bitte eilig nach und fasste nach einem Bier auf ihrem Tablett.
    „Komm schon, sonst holst
du dir noch den Tod“, äffte er die Wirtin nach und zog Linus herein.
    Der Lärm

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