Mondschwingen (German Edition)
waren es, wie dicke Wasserspinnen glotzten sie ihnen entgegen.
Lichtpunkte hasteten hin und her, die Schreie der Elstern vermischten sich mit
denen der Feinde. „Verflucht, was soll der ganze Mist?“ Toiva brüllte, um ihre
Wut und ihre Panik loszuwerden, doch sie blieben und wurden nur noch größer.
Das Schiff war ein Wrack, das sah sie
sofort. Es brannte überall, Masten waren von Kanonen getroffen worden, schiefe,
schwarze Striche, die aus dem Feuer ragten.
„Unser Schiff hat zwei Kugeln abgekriegt.
Es wird untergehen. Zwei andere Schiffe sind ebenfalls beschädigt.“ Der Mann,
der ihr aufgeholfen hatte, stand mit seinem Schwert in den Händen da, atmete
schwer, als erwartete er die ersten Feinde, gleich hier, gleich jetzt.
„Wir müssen angreifen, wir dürfen nicht
länger warten.“
„Das weiß ich, verdammt.“ Toiva gab ihm
eine Ohrfeige.
Sie hörte ein Wimmern hinter sich und
wirbelte herum. Eine Magd saß dort und weinte, sah Toiva an und rückte weiter
nach hinten, den Flammen entgegen.
„Versammelt euch auf dem größten Schiff,
das dürfte noch nicht beschädigt sein. Und helft auf eurem Weg jedem, dem ihr
begegnet. Und sagt den Kriegern bescheid, wir müssen uns gemeinsam versammeln
und gemeinsam angreifen.“
Sie bückte sich zur Magd hinunter und
fasste sie an den Händen. „Heul nicht so, das bringt niemandem was. Glaub ja
nicht, das ist dir als Frau gestattet!“
Die Magd weinte nur noch mehr. Toiva gab
auch ihr eine Ohrfeige, links und rechts diesmal. Nur mühevoll zerrte sie sie
nach oben, schleppte sie nach vorn und befahl ihr knurrend abzuheben. Das
Fräulein war kaum mehr zu gebrauchen, nur zitternd und bibbernd machte sie
einen Schritt hinauf. „Dreimalverfluchte Scheiße“, murmelte die Königin, sie
umarmte die Magd so fest sie konnte und rannte mit ihr durchs Feuer. Sie
schwenkte nach links und entkam den tasteten Zungen. Unter ihr war das Meer.
Ein Pfeifen ertönte, Toiva schloss für
einen Atemzug die Augen und wartete auf einen Aufprall, doch das Einzige, was
sie hörte, war kreischendes Wasser. Die Jäger hatten sie verfehlt.
„Lauf doch, du dummes Ding!“ Toiva war
außer sich. Es war ein Fehler gewesen, Frauen mit aufs Schiff zu nehmen. Kaum
sah sie wieder Planken unter sich, ließ sie die Magd fallen, nicht besonders
tief.
Hecktisch schaute sich Toiva nach dem
größten der Schiffe um. Sie musste nicht lang suchen, seine Segel glänzten grün
im Schein der Laternen.
„Wir müssen leise sein, wir müssen die
Nacht nutzen, müssen uns verstecken und von ganz oben herunterkommen. Wir
werden sie genauso erschrecken, wie sie es bei uns getan haben.“ Toiva blieb
hoch über den Köpfen ihrer Krieger stehen. Immer mehr kamen hinzu, erwartungsvoll
schauten sie zu ihr herauf. „Die Kanonen nutzen wir nicht, je länger wir mit
einem Angriff warten, desto mehr werden unsere Schiffe beschädigt.“
„Manche Männer sind schon vorausgeflogen,
sie wollen die Feinde ablenken“, rief ihr Björnvansen zu, er hatte schon zu
Einars Zeiten taper gekämpft. Toiva nickte und gab ihren Truppen einen Wink,
ohne ein Wort noch zu verlieren.
Die Menge erhob sich. Sie alle konnten nur
hoffen, dass kein Feind die näherkommende Armee entdeckte. Es waren etliche,
ein wahrer Schwarm, es war eigentlich unmöglich ungesehen zu bleiben.
Toiva zückte die Waffe. Der Schwertgriff
pulsierte unter ihren Fingerspitzen.
Lautlos schlichen sie sich weiter, hoch
über den Masten ihrer Schiffe, über dem nachtschwarzen Meer. Wieder brüllte
eine Kanone und einen Augenblick später wurde das Heck eines bisher
unbeschadeten Schiffes zerfetzt. Der Schaden war nicht allzu groß, zur Not war
das Schiff noch zu gebrauchen.
Toiva zeigte wortlos auf die Schiffe, auf denen
die Kanonen verteilt waren. Nur dort sollten sie sich erst einmal verteilen -
die Kanonen mussten außer Gefecht gesetzt werden und mit ihnen auch die Jäger.
Unter ihnen waren die Feinde, blasse
Gesichter schauten schon herauf, überall Befehle. Man hatte sie entdeckt.
Toiva atmete tief ein und ließ sich fallen.
Die Planken rasten ihr entgegen, die
übersät waren mit Blut und reglosen Gestalten.
Unsanft kam Toiva auf. Eine Flut von
Schwertern und dunklen Schatten erhoben sich vor ihr. Die Männer schrien, nicht
wegen echter Kampfeslust, sondern um ihre Feinde einzuschüchtern.
Ein Jäger grinste Toiva entgegen, sein
Gesicht war
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