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Mondschwingen (German Edition)

Mondschwingen (German Edition)

Titel: Mondschwingen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Sand
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warmen Haut.
    Die Augen des Mannes funkelten bedrohlich.
    „Ich habe Euch gehen lassen. Damals“,
flüsterte sie atemlos. „Ich habe Euch leben lassen, obwohl Euch niemand hätte
retten können.“
    Rubens hieß er. Jetzt fiel es ihr wieder
ein.
    Zwischen all ihrem Schmerz fühlte sie etwas
anderes. Sie sah es, weil der Feind
ihr so nah war.
    Die Dolchspitze bewegte sich nicht. „Wenn
der Junge nicht gewesen wäre, hättet Ihr nicht gezögert, da bin ich mir sicher.
Ich habe keine Skrupel Euch zu töten.“
    „Warum habt Ihr mich dann noch nicht
getötet?“ Seltsam verrenkt hingen sie sich gegenüber, Puppen, deren Fäden sich
verknotet hatten. „Soll ich es Euch sagen?“ Sie kostete die abwartende Stille
aus, sie wusste, dass sie sich nicht irrte, sie sah es ganz deutlich. „Ihr seid
jemand von uns. Ihr seid kein Jäger. Ihr seid eine Elster.“
    Sie hatte schon manchen Spion enttarnt, der
auf der Fliegenden Burg gelebt hatte. Sie hatte nicht die Elster in ihnen gerochen.
    Das Gesicht vor ihr wurde noch ein bisschen
weißer.
    „Seid Ihr ein Spion? Kundschaftet Ihr die
Feinde aus?“ Toiva wusste, dass sie gerade viel wagte, vielleicht zu viel.
    Mit einem Schlag wurde die Menge unter
ihnen noch lauter, unzählige Mondschwingen stiegen auf, sie schrien Befehle,
sie stürmten davon, ließen die Schiffe hinter sich. Irgendetwas musste passiert
sein. Toiva wurde unruhig, ihre Wunde schmerzte nun noch mehr. Sie wollte fort,
konnte aber nicht, noch nicht. Die Klinge war zu nah an ihrer Kehle.
    Rubens schüttelte den Kopf, sein
verschwitztes, dunkles Haar schlug ihm ins Gesicht.
    „Warum seid Ihr dann unter Feinden? Warum
kommt Ihr nicht zu uns? Warum wollt Ihr Eure eigene Königin umbringen? Das ist
Verrat.“ Toiva war kaum imstande zu reden, doch irgendwie gelang es ihr,
stockend und stotternd.
    „Verrat.“ Rubens lachte. Sein Gesicht kam
dem von Toiva näher, sie spürte seinen Atem. „Vielleicht komme ich irgendwann
zu Euch. Vielleicht …“ Er rückte von ihr fort, als hätte er sich an ihr verbrannt.
    Im nächsten Moment wurde Toiva fortgezerrt.
Überall waren Schläge, Kanonendonner, rund um sie herum.
    Björnvansen war an ihrer Seite, er hielt
sie eng umschlungen. Wie ein Liebespaar schwebten sie von den feindlichen
Schiffen fort uns als Toiva am Krieger vorbeiblickte, sah sie brennende
Schiffe. Eine Feuerkugel rollte über das Deck des äußersten Schiffes. Irgendwo
dort, wo Rubens gewesen war. Die Elster.
    „Was um Himmels willen …?“
    „Wenige Mondschwingen haben entschieden,
dass wir dem ganzen Kämpfen ein Ende setzen können. Sie haben beschlossen, die
Schiffe der Feinde zu bombardieren, eine Handvoll von ihnen hat es uns noch im
letzten Moment mitgeteilt. Verfluchtes Pack, sie können nicht einfach über
unsere Köpfe hinweg entscheiden.“
    „Über meinen “,
kam es kleinlaut von Toiva, sie verzog vor Schmerzen das Gesicht.
    „Ist es sehr schlimm?“
    „Natürlich nicht, ich bin keine Heulsuse
und schwach bin ich erst recht nicht.“ Sie ächzte.
    Drei brennende Scheiterhaufen wackelten auf
dem Meer, klagten vor Schmerzen. Winzige Schatten retteten sich ins Meer.
    „Es sind nur drei, nicht fünf. Nur drei
Schiffe!“, bemerkte Toiva hinter ihrem Schmerzensschleier.
    „Zwei haben sich wohl im letzten Moment
davongemacht. Wir müssen hinterher.“ Björnvansen lief noch schneller, er wollte
seine sperrige Last abladen und den Feinden wieder hinterher.
    „Nein.“ Toiva klang entschieden, sie war
selbst überrascht. „Die Kanonen reichen. Das war unehrenhaft genug. Wir müssen
für unseren Fehler büßen, wir haben unseren Feinden Unrecht getan.“
    „Aber …“ Björnvansen schnappte nach Luft.
    „Wir müssen vorerst mit den Folgen leben.
Wenn sie noch einmal kämpfen wollen, dann sollen sie es tun. Ein zweites Mal,
ein letztes Mal. Und diesmal gerecht. Wir beide.“ Der Schmerz wurde immer
größer.
    Björnvansen sagte nichts mehr.
    Sie sah in seinen Augen, was er dachte. Dass
der nächste Kampf nicht gerecht sein würde.

 
 

 
    LINUS
    und die Stollen der Weißen

 
    Linus schlug die Augen auf.
    Lichter flirrten über ihm. Er hörte fremde
Stimmen, spürte Hände an seiner Wunde … die Erinnerung kehrte überraschend
schnell zurück. Svija und das weiße Mädchen, die Wüter, das Erwachen im Grab …
Lichter und Gesichter und Stimmen. Er lebte.
    „Siehst du uns? Hörst du mich?“
    Linus blinzelte und schaute sich genauer
um. Vor ihm war ein Mann, mit buschigem Bart

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