Mondschwingen (German Edition)
blutverschmiert. Die Schwerter prallten aufeinander, vibrierten vor
ohnmächtiger Freude.
Der Feind machte einen Schritt nach hinten
und stieß das Schwert erneut nach vorn. Toiva parierte, was nicht leicht war,
denn der Sternenjäger war kräftig. Seine blauen Augen blitzten auf.
„Dicke Wale“, knurrte er „haben nichts auf
Schiffen verloren.“
Die Worte prallten an Toiva ab. Sie senkte
blitzschnell das Schwert, machte zwei Schritte nach rechts und ließ das Schwert
sausen. Sie streifte den Jäger an der Seite, unter der Brust. Er taumelte
zurück, sah erschrocken in ihr Gesicht und fasste sich gleich wieder. Doch er
war einen Moment zu lang unachtsam gewesen. Die Klinge fuhr in seine Brust.
„Tote Menschen haben nichts auf poliertem
Boden zu suchen“, entgegnete Toiva mühevoll. Ihr Schwert glitt aus ihrem Feind,
der mit großen Augen in die Knie ging.
Toiva war schlecht. Sie hatte schon lang
nicht mehr gekämpft.
Der Sterbende sah zu ihr hinauf, wollte
etwas sagen. Blut klebte ihm am Kinn.
Die Königin wandte den Blick ab und sah
sich nach den nächsten Opfern um. Ein Mann mit schwerer Rüstung wirkte beinahe
verloren in all dem Kampfgetümmel. Toiva bahnte sich einen Weg zu ihm und griff
ihn von der Seite an.
Er wehrte ihren Schlag mit einem
Metallschild ab und drückte es nach vorn. Toiva verlor fast ihre Waffe und trat
einen Schritt zurück. Sie wollte seinen nächsten Schlag abwehren, doch sie war
zu langsam. Er traf sie an der Hüfte.
Sie
spürte die Klinge, sie war ganz kalt.
Dem nächsten Angriff konnte sie kaum mehr
standhalten, der Griff vibrierte. Sie schaute ihrem Feind nicht mehr in die
Augen, fühlte nur Angst und Schmerz. Der Jäger wurde stärker, fegte ihr die
Waffe aus der Hand und schleuderte Toiva zu Boden.
Erst jetzt guckte sie dem Feind wieder ins
Gesicht. Er lächelte nicht, er sah auch nicht stolz aus. Nur müde. Langsam kam
er auf sie zu, Blut tropfte von der Klinge herab. Der Jäger sah ihr ein letztes
Mal in die Augen, als der die Waffe hob.
Toiva griff nach ihrem Schwert und sauste
in die Höhe. Dann stürzte sie sich von oben auf ihr hinab und stieß ihm die
Klinge in den Rücken.
„Kommt mit mir.“ Björnvansen hatte ihren
Arm ergriffen und flog mit ihr wenige Schritte über den Köpfen der Kämpfenden. Hoch
genug, um nicht heruntergezogen zu werden. „Ich hab Euch beobachtet. So könnt
Ihr unmöglich weiterkämpfen, wenn Ihr noch ein wenig weiterleben wollt.“ Er kam
auf dem Boden auf, zwischen ein paar Fässern, nahe der Brücke. „Glaubt Ihr,
allein zu Euren Schiffen zu gelangen? Ich könnte …“
„Ich bin nicht schwerverletzt“, unterbrach
sie ihn unwirsch. Sie hob ab, wollte dabei so unverletzt wie möglich
ausschauen. Björnvansen nickte ihr zu und stürzte sich zurück ins Gewühl. Toiva
fasste sich an die Seite, biss die Zähne fest aufeinander. Mit
schmerzverzerrter Miene atmete sie durch die Nase, zwickte sich in die Hand, um
das feurige Pochen in ihrer Hüfte zu unterdrücken.
Sie wollte nicht gehen, wie eine flüchtende
Feige. Schwer schnaufend hing sie schwebend inmitten einem Nest aus Tauen, nah
an einem Mast, den sie immer wieder umklammerte, wenn der Schmerz zu groß
wurde.
Von hier oben konnte sie nur schwer Freund
von Feind unterscheiden, es war einziges gesichtsloses Gewusel. Schreie,
Waffengeklirr, all das erschien ihr so unwirklich.
Björnvansen schrie ihr etwas zu, doch sie
verstand ihn nicht. Erneut wallte Schmerz in Toiva auf, ihre Hüfte tat so
grässlich weh. Ihre Hand ruhte dort, Blut floss zwischen ihren Fingern hervor.
Sie keuchte und krümmte sich vor Schmerzen.
Unkonzentriert flog ihr Blick über das Deck
der Schiffe; überall wurde gekämpft, geschrien und gestorben.
Den Schatten in den Tauen sah Toiva erst
sehr spät. Er kam unter ihr heraufgeklettert, langsam nur. Toiva machte schon
einen Schritt ins Leere, doch sie merkte gleich, dass ihr die Kraft zum Fliegen
fehlte.
Eine Hand packte sie am Oberarm und riss
sie zu sich herum. Ein weißes Gesicht schwebte in der Dunkelheit, Toiva
erkannte es sofort.
„Ihr seid … dieser Handlanger von Kastja“,
krächzte sie. „Der Mann, der vor wenigen Tagen in der Mühle aufgetaucht ist,
Ihr habt dem Jungen eine Botschaft überbracht.“
Der Mann nickte, seine langen Haare klebten ihm im Gesicht. „Der bin ich. Und Ihr seid die
Königin, wie ich erkannt habe. Eine nette Beute, muss ich sagen.“
Er hielt ihr einen Dolch an die Kehle, er
fühlte sich kühl an auf ihrer
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