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Mondschwingen (German Edition)

Mondschwingen (German Edition)

Titel: Mondschwingen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Sand
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jeden Tag sehen, aber herangekommen …
herankommen kann er nicht.“
    „Thijs will gegen die
Jäger kämpfen, weil sie so brutal und blutrünstig sind, dabei ist er doch keinen Deut besser.“ Amber hatte die Hände gefaltet, ihre
Finger bohrten sich in Fleisch.
    „Ich weiß gar nicht,
warum ich euch das erzähle.“ Glinx strich sich über die Stirn, die Augen hatte
er geschlossen. „Vielleicht weil ich mit meinem Anführer unzufrieden bin. Weil
ich nicht mehr weiß, ob ich falsch denke oder er. Weil ich mit niemandem
darüber reden kann.“
    „Wo ist der Tunnel, der
zu den Kerkern führt?“
    „Im Thronsaal von
Thijs.“ Glinx ließ die Schultern hängen, wirkte unendlich müde. „Hinter einem
Wandteppich.“
    Der Wandteppich mit den
Bergen und dem Wald, dem See und dem Sonnenuntergang. Thijs war dort gestanden,
als er über Gwaedja geredet hatte.
    „Wir brauchen also nur
die Schlüssel, mehr nicht. Wenn wir die Schlüssel haben …“ Amber stockte. „Wir
haben nicht einmal mehr zwei Tage. Sie könnten überall sein, ich meine …“
    „Nun, überall wohl
nicht.“ Glinx hatte sich schon fast wieder von ihnen abgewandt, als er es leise
sagte. „Er will sicher niemandem die Schlüssel anvertrauen, keinem Wächter,
keinem Vertrauten, niemandem. Er wird sie an keinem außergewöhnlichen Ort
aufbewahren, er will sie in seiner Nähe haben, schätze ich.“ Er zwinkerte Amber
zu und ging davon.
    „Sein Thronsaal.“ Amber
fuhr sich über die Lippen, als müsste sie die Worte auf den Fingern fühlen.
„Der Saal war leer, als wir Thijs getroffen haben. Außer seinem Thron habe ich
nichts gesehen.“
    „Genauso wie wir den Tunneleingang
nicht gesehen haben“, erwiderte Svija trocken. „Nächstes Mal müssen wir genauer
hinsehen. Groß ist der Saal jedenfalls nicht.“
    Erst jetzt ließ sie
Linus‘ Hand los. „Wirst du uns begleiten?“ Sie sprach sehr leise nur,
vielleicht weil sie sich vor einem Nein fürchtete.
    Er schüttelte sachte den
Kopf. Er musste nichts sagen, damit Svija verstand. Hier war er Skopenvang
näher wie nirgendwo sonst.
    „Ich werde mit Thijs
reden“, entschied Amber.
    „Er wird dich in die
Kerker werfen, wenn er erfährt, dass du von Gwaedja weißt.“ Glinx trat ein paar
Schritte zurück, als sich ein paar Weiße näherten. „Wenn du so dumm sein
willst, dann sag ihm wenigstens nicht meinen Namen.“
    Dann war er fort und
seine Worte klangen unheilverkündend nach.
    „Ich werde Thijs darum
bitten, den Krieg gegen die Jäger zu verschieben. Vielleicht wird er dann
erkennen, dass die Schlacht auf Skopenvang wichtiger ist – und mir die Wahrheit
über Gwaedja erzählen.“
    „Denkst du etwa, du
kannst es ihm ausreden?“ Svija war es nicht geheuer, dass Amber so leichtfertig
mit ihrem Schicksal spielte. Was, wenn das Gespräch aus den Fugen geriet und
Thijs sie in die Kerker sperrte, wie Glinx es prophezeit hatte?  
    „Ich weiß nicht. Man
kann nie wissen.“
    Amber stand auf und
wollte gehen. Sie würde mit Thijs reden, egal ob Svija sie begleiten würde oder
nicht.
    Linus nickte ihr zu, als
wollte er sie bestärken. Geh schon, geh, schien sein Blick zu sagen.
    Sie verabschiedeten sich
voneinander, ohne zu wissen, wann sie sich wieder sehen würden. Noch vor dem
Krieg? Noch in diesem Leben?
      Die zwei Mädchen ließen den Höhlenturm hinter
sich.
    „Hinein in die Höhle des
Löwen“, flüsterte Amber und grinste.   

 
 
    RUBENS
    in eisigen Tiefen

 
    Rubens wurde vom Ächzen
und Rumpeln des Schiffes geweckt. Er schlug die Augen auf.
    Trümmer. Und Rauch. Und
Wasser.
    Die Erinnerung schlug
ihm ins Gesicht – der Kampf gegen die Elstern, die Kanonen und … dann nichts.
    Der Bug des Schiffes ragte
in die Höhe, hatte sich fast senkrecht aufgebaut und brüllte nun vor Schmerzen
und vor Leid. Rubens war zwischen zwei Kisten eingeklemmt, richtete sich so
vorsichtig wie möglich auf und sah hinab. Unter ihm war Wasser, eine Hand ragte
aus der Gischt.
    Leblose Leiber lagen auf
dem steilen Deck, sie wurden wie Rubens von Truhen oder Fässern oder
umgekippten Masten auf Deck gehalten.
    Über Rubens war der Bug,
drei Armlängen entfernt und dazwischen waren leere Planken. Rubens wusste nicht
wieso, aber er wollte hinauf, vielleicht weil er noch einmal den See sehen
wollte, die anderen Schiffe, irgendetwas. Er griff nach einer Planke, die
hervorlugte, zog sich an ihr herauf, suchte nach der nächsten Unebenheit, zog
sich wiederum an ihr herauf und stützte seinen zittrigen

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