MondSilberLicht
rausgerückt war. Ich sah mich wütend nach ihr um und erntete ein Grinsen. Alle begrüßten sich mit einem großen ‚Hallo‘. Valerie wich nicht von Calums Seite.
Kaum waren die Sachen ausgepackt, liefen alle mit Geschrei in den See. Ich blieb zurück. Ich und Calum. Wir standen auf den kleinen Felsen und schauten aufs Wasser. Unschlüssig überlegte ich, was ich tun sollte. Zum ersten Mal kam ich mir blöd vor mit dieser unsinnigen Angst vor dem Wasser. Weshalb ging er nicht mit hinein? In dem Moment trat er ganz nah hinter mich. Die Luft zwischen uns begann zu vibrieren. Ob er es auch spürte?
„Weshalb hast du Angst vor dem Wasser?“ Er erinnerte sich also. Warum ließ er sich gerade jetzt herab und sprach mit mir, dachte ich missmutig. Und er klang nicht im Mindesten unfreundlich.
Ich schüttelte den Kopf und seufzte. Mehr als mich auslachen konnte er nicht. „Ich kann es nicht erklären. Ich habe Angst vor der Tiefe, der Dunkelheit, vor Ungeheuern, such dir was aus.“ Sollte er denken, was er wollte.
„Das solltest du auch, Angst haben, vor Ungeheuern, meine ich.“
Jetzt machte er sich wirklich über mich lustig.
Ich drehte mich um und schaute ihn an. Seine ernsten blauen Augen brachten mich wie üblich aus dem Gleichgewicht.
„Deine blöden Kommentare kannst du dir sparen“, sagte ich und versuchte, meine Stimme hochmütig klingen zu lassen, was mir nicht gelang.
Ich würde ihm zeigen, dass ich keine von den dummen Trinen war, die ihn anhimmelten, weil er sich herabließ, ein paar Worte mit ihnen zu wechseln.
Sofort änderte sich der Ausdruck in seinem Gesicht. Er zog seine Augenbrauen hoch und schaute mich erstaunt an. Dann drehte er sich um und schlenderte zurück zu den Decken.
Unschlüssig schaute ich ihm nach. Jetzt konnte ich mich unmöglich neben ihn setzen. Ich hatte wohl etwas überreagiert? Ich biss mir auf die Lippen.
Vorsichtig tastete ich mich die kleine Klippe hinunter. Mit den Füßen ins Wasser zu gehen, würde nicht schlimm sein. Meine größte Sorge war zu erfrieren. Ich setzte mich auf den Stein und planschte mit den Füßen im Wasser. Das war okay, dachte ich, und ließ mich langsam hinuntergleiten. Nach einem kurzen Moment spürte ich Sand unter meinen Füßen. Erleichtert richtete ich mich auf. Das Wasser reichte mir bis zu den Knien. Es war nicht so kalt, wie ich erwartet hatte.
Plötzlich war da etwas anderes. Es griff nach meinen Waden. Ich erstarrte, begann zu zittern. Es umschlang mich, es war weich, lang und eklig. Ich wollte schreien, aber ich brachte keinen Laut hervor. Das Zittern wurde stärker. Alle meine Ängste wurden Wirklichkeit. Calum riss mich aus meiner Erstarrung.
„Emma, was ist los? Komm raus da. Nimm meine Hand.“
Ich konnte mich nicht rühren.
„Em, komm schon. Du brauchst dich nur umzudrehen. Ich ziehe dich raus.“ Seine Stimme beruhigte mich.
Langsam wandte ich mich um und schaute in sein besorgtes Gesicht. Ich reichte ihm meine Hand und er zog mich aus dem Wasser, als wäre ich eine Feder. Mit beiden Händen hielt er mich an den Oberarmen ein Stück von sich weg und schaute mir prüfend ins Gesicht.
„Was ist passiert?“
„Da hat was nach mir gegriffen“, stammelte ich.
„Das waren Algen, hier an den Felsen sind sie überall. Weshalb gehst du ins Wasser? Gerade noch hast du gesagt, dass du Angst hast.“ Unwillig schüttelte er seinen Kopf über meine Dummheit.
Ich atmete zu schnell.
„Komm, gehen wir in die Sonne, du bist ganz durcheinander.“ Das klang versöhnlicher.
Er legte seinen Arm schützend um meine Schulter und zog mich an sich. Die Berührung erschreckte mich noch mehr. Es war, als würden elektrische Impulse durch meinen Körper rasen. Er musste es ebenfalls gespürt haben, denn sofort zog er den Arm fort.
„Hier.“ Er reichte mir meinen Bademantel und ich wickelte mich darin ein, froh über die Wärme, die mich sofort umgab.
Aus einer der Thermoskannen schenkte er mir warmen Tee ein.
Ich traute mich nicht ihn anzuschauen und ließ mich auf die Decken fallen. Meinen Kopf legte ich auf meine Knie.
„Woher kommt diese Panik?“, fragte er. Seine Stimme klang neugierig.
War ich ihm eine Erklärung schuldig? Ich zögerte. Ich gab dieses Geheimnis nicht gern preis.
„Das ist nicht einfach zu erklären.“
Ich sah ihn an, seine blauen Augen entfalteten ihre ganze Kraft. Ich umfasste meine Teetasse fester und löste mich von seinem Blick.
„Versuch es einfach.“ Seine Stimme war seidenweich. Er setzte sich nah neben mich auf
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