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MondSilberLicht

MondSilberLicht

Titel: MondSilberLicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marah Woolf
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zu deinen Bildern passen, glaube ich.“
Er trug sie zu einer riesigen Werkbank und nahm mir meine Mappe aus dem Arm.
„Was meinst du?“, fragte er mich und hielt das Bild meiner Mutter in einen hellbraunen, mit feinen Schnitzereien verzierten Bilderrahmen. Die schöne Arbeit brachte das Porträt erst richtig zur Geltung. Ich nickte und beobachtete ihn, wie er geschickt die Rückwand des Rahmens löste und die Glasscheibe vorsichtig herausnahm.
„Würdest du die putzen?“, bat er mich und reichte sie mir. „Da steht Glasreiniger und einen Lappen findest du im Regal.“
Während ich gründlich die Scheibe reinigte, untersuchte Calum den Bilderrahmen nach kleinen Beschädigungen. Vorsichtig tupfte er passende Farbe und Klarlack auf die Stellen.
Als ich fertig war, setzte ich mich neben ihn auf die Werkbank und betrachtete sein konzentriertes Gesicht, während er arbeitete.
„Ich sehe nach Sophie, ihr kommt allein zurecht?“, fragte Dr. Erickson. Ich hatte seine Anwesenheit schon vergessen.
Schweigend arbeitete Calum, während ich ihn betrachtete. Sein Gesicht strahlte Kraft und Anmut aus. Am liebsten hätte ich seine Wange berührt. Nicht zum ersten Mal fielen mir seine langen schlanken Finger auf. Ich schluckte bei der Vorstellung, dass er mich damit berührte. Es war idiotisch, weshalb sollte er an mir mehr Interesse haben als an den anderen Mädchen, die er, laut Amelie, bisher verschmäht hatte?
Mit einem Mal lächelte er.
„Was ist?“, fragte ich.
Er schüttelte den Kopf. Ich bekam keine Antwort. Bestimmt hatte er bemerkt, wie ich ihn angestarrt hatte.
In dem Moment legte er das Porträt in den Rahmen, setzte die Rückwand ein und verschloss die Halterungen. Dann drehte er das Bild um und hob es ins Licht.
Es war perfekt.
Er legte es mir in den Schoß und nahm als Nächstes die Zeichnung heraus, die ich auf den Klippen gemacht hatte. Das Meer hatte an diesem Tag eine ungewöhnliche blaue Farbe gehabt und es war mir beinahe gelungen, diese Farbe zu mischen. Während Calum die Zeichnung schweigend betrachtete, fiel mir auf, dass seine Augen heute dieselbe Farbe hatten.
Peter und ich waren an dem Tag bis zum Sonnenuntergang auf den Klippen gewesen. Die ruhige, aber bedrohliche Stimmung, die das Meer um diese Zeit ausstrahlte, war auf dem Bild deutlich zu erkennen.
„Möchtest du mir erzählen, was deiner Mutter passiert ist?“, unterbrach Calum meine Gedanken.
Ich schluckte. In den Wochen nach dem Tod meiner Mutter hatte ich versucht, nicht über sie zu reden oder an sie zu denken. Ich dachte, es wäre leichter, zurechtzukommen.
Calum drängte mich nicht. Er wartete ab, wie ich mich entschied. Ich sah ihm in die Augen und wusste, dass ich ihm vertrauen konnte. Ich holte tief Luft und begann stockend von dem Unfall zu erzählen und wie ich sie das letzte Mal gesehen hatte. Calum hatte den Bilderrahmen zur Seite gelegt und lehnte dicht neben mir.
Nachdem ich geendet hatte, schwieg er und sah mich an. Tränen stiegen mir in die Augen und liefen meine Wangen hinunter. Calum wischte sie fort.
„Es tut mir so leid“, flüsterte er, legte einen Arm um mich und zog mich an seine Brust. Ich lehnte mich an ihn. Er roch  nach Sonne und dem Meer.
„Weshalb tust du das?“ Ich wagte nicht ihn anzusehen, hoffte aber, dass er mich nicht loslassen würde.
„Was meinst du?“, fragte er und strich mir über das Haar.
„Du hast mich wochenlang ignoriert“, erinnerte ich ihn. „Und jetzt bist du ganz anders.“
„Ich weiß nicht.“ Seine Stimme klang belegt. „Schon als ich dich das erste Mal sah, wie du zerzaust neben dem Wal gesessen hast, hatte ich das Gefühl, dass du gar nicht gut für mich bist.“
Empört richtete ich mich auf.
„Du kanntest mich nicht einmal.“
Er lächelte und meine Wut verpuffte auf der Stelle.
„Ich sagte, es war ein Gefühl. Du standest im Wasser und hast dich an den Wal geklammert, da wusste ich, dass ich mich in Acht nehmen muss.“
„Und? Jetzt hast du es dir überlegt?“
„Genau“, antwortete er, ließ mich los und wandte sich den Rahmen zu.
Ungläubig sah ich ihn an, doch er war nicht bereit, seinen Sinneswandel weiter zu erklären.
„Weshalb lebst du nicht bei deinen Eltern?“, fragte ich, als ich mich gefangen hatte.
Er schüttelte den Kopf und sagte kurz angebunden: „Ich habe meine Eltern nie kennen gelernt.“ Sein Ton duldete keine weiteren Fragen zu dem Thema.
„Das Bild finde ich am schönsten“, sagte er und ich blickte auf die Zeichnung vor ihm.
„Ich frage

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