MondSilberLicht
tot. Sie starb in meinen Armen.“
Deshalb hatte sie so friedlich ausgesehen.
„Ich wünschte, du hättest Calum nie getroffen.“
Ich wusste nicht, was ich darauf sagen sollte.
„Kannst du mich nicht als Tochter anerkennen?“
„Bei uns steht ein König nicht über den Gesetzen, im Gegenteil, er ist der Einhaltung besonders verpflichtet. Deshalb war mein Vergehen auch so verwerflich. Wenn Brenda mir nicht an den See gefolgt wäre, dann wäre vielleicht alles anders gekommen. Es muss ein Schock für sie gewesen sein, als sie mich dort sah. Und als Egin sie erblickte, war es zu spät. Ich ging nicht zurück zu den Menschen und hoffte, dass sie das retten würde. Leider hatte ich unrecht. Egin war eine kluge und berechnende Frau. Sie spürte, dass mein Herz vergeben war. Das hat sie mir nie verziehen, und Elin ist mit ihrem Hass aufgewachsen.“
„Kannst du nicht bestimmen, dass Calum bei den Menschen bleiben darf?“ Ich weigerte mich aufzugeben.
„Würdest du das wirklich wollen?“ Ares sah zu Calum, der hinter mir saß.
Ich wagte nicht, ihn bei dieser Frage anzusehen. Als Ares nickte, verstand ich auch so.
„Es tut mir leid“, flüsterte Ares und sah mich ein letztes Mal an. Dann verschwand er in den Wellen. Ich rührte mich nicht und Calum hielt mich fest. Schweigend blieben wir am Strand sitzen, bis die Sonne endgültig am Horizont aufging. Dann zog Calum mich aus dem feuchten Sand hoch und wir liefen zum Auto.
Amelie wartete auf mich.
„Jetzt beeil dich, wir müssen zur Schule.“
Ich ging in mein Zimmer, stopfte meine Sachen in die Tasche und dachte darüber nach, wie ich mich jetzt in der Schule konzentrieren sollte. Ich fühlte mich wie zwischen zwei Welten. Amelie hockte mit ihrer Teetasse in der Hand auf der untersten Treppenstufe. Als sie mich hörte, stand sie so schnell auf, dass ihr der heiße Tee über die Hand lief.
„Mist“, schimpfte sie und wischte sich die Flüssigkeit an ihrer Hose ab.
Ich schüttelte den Kopf. Das war eindeutig nicht meine Amelie. So nachlässig wäre sie früher nie mit ihren Klamotten gewesen, auch sie schien die Geschichte zu verwirren.
Es klingelte zum Unterrichtsbeginn, als wir in unseren Englischkurs stürzten.
Nach der Schule lief ich zum Pfarrhaus. Calum saß mit Sophie im Garten. Ich setzte mich zu ihnen und nahm mir einen von den Keksen, die auf dem Tisch standen.
„Calum?“, fragte ich nach einer Weile. „Was hat Ares gemeint? Was sollst du mir noch erzählen?“
Er schwieg. Sophie und ich sahen ihn erwartungsvoll an. Ich war nicht bereit nachzugeben. Den ganzen Tag hatte ich darüber nachgedacht. Ich musste alles wissen, nur so würde ich ihn verstehen können.
Sophie stand auf.
„Ich hole dir eine Tasse Tee.“
Eindringlich sah sie Calum an.
„Sag ihr alles, Calum. Du musst es tun.“
Normalerweise mischte sie sich nicht ein, wenn es um die Shellycoats ging. Zum ersten Mal hatte ich den Eindruck, dass sie mehr von diesen Dingen wusste, als sie in den vergangenen Wochen preisgegeben hatte. Dankbar blickte ich ihr nach, als sie, in ihren wallenden bunten Kaftan gehüllt, in die Küche ging.
„Elin und ich, wir sind wie Brüder“, begann Calum zögernd, nachdem sie ins Haus gegangen war. „Als wir Kinder waren, waren wir unzertrennlich. Elin, Amia und ich, wir waren wie Pech und Schwefel. Als Ares’ Ziehsohn bin ich in unserer Gesellschaft seinem leiblichen Sohn, also Elin, völlig gleichberechtigt. Ares hat mich vor Jahren als seinen Nachfolger vorgeschlagen. Seitdem versucht Elin, dies zu verhindern und die Entscheidung des Rates zu seinen Gunsten zu beeinflussen. Das wäre an sich nicht schlimm und es wäre für mich akzeptabel, meinen Platz an ihn abzutreten, doch Elin möchte Krieg mit den Menschen, und das kann ich nicht verantworten. Es würde unser Volk vernichten. Es ist Elin in den Jahren meiner Abwesenheit gelungen, eine beachtliche Schar von Anhängern um sich zu versammeln. Ares besitzt kaum mehr genug Autorität, um sich gegen ihn durchzusetzen. Eigentlich hätte ich längst zurückkehren und mich der Wahl stellen müssen. Aber ich bringe es nicht übers Herz, dich zu verlassen, was bedeutet, dass die Unterstützung für mich im Clan weiter bröckelt. Sie verstehen nicht, was mich hier hält. Und wenn sie es wüssten, würde es das nur schlimmer machen.“
Seine Stimme war bei seinen Worten immer verbitterter geworden.
„Weshalb hasst Elin uns Menschen so?“
„Das hat mehrere Gründe. Die Entscheidung der Partnerwahl, die im
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