MondSilberLicht
Kindesalter getroffen wird, ist nicht anfechtbar und gilt für unser gesamtes Leben, außer einer der Partner stirbt.“
Ich fand diese Vorstellung nach wie vor grässlich, wollte mir aber nichts anmerken lassen und nickte.
„Du kannst ruhig sagen, dass es furchtbar ist.“ Er lächelte mich an. „Aber meistens klappt es erstaunlich gut“, fügte er dann entschuldigend hinzu.
„Also, jedenfalls war Ares zu dem Zeitpunkt, als er deine Mutter traf, schon Egin versprochen. Als Ares zurückkehrte, nahm er Egin zur Frau. Doch sie wusste, dass er sie nicht liebte. Sie hatte deine Mutter am See gesehen. Egin begann ihn zu hassen und diesen Hass übertrug sie auf Elin. Es zerfraß ihn. Sie schärfte ihm ein, deine Mutter zu töten, sollte sie jemals ein Gewässer betreten. Amia und ich konnten zusehen, wie er sich in seine dunkle Welt zurückzog. Wir konnten nichts tun. Er entglitt uns.“
„Aber ich denke, ihr wachst nicht bei euren leiblichen Eltern auf.“
„Die Verbindung zu unseren Eltern bleibt weiterhin stark. Egin starb jedoch, als Elin für unsere Verhältnisse noch sehr jung war. Sie wurde von einem Fischer gefangen. Er quälte sie zu Tode. Das war zu viel für Elin und er schwor, seine Mutter zu rächen. Seitdem lebte er nur für diese Aufgabe.“
„Er muss deiner Mutter aufgelauert haben. Ich weiß nicht, wie er es angestellt hat. Dieser Unfall, das war sein Werk.“
Erschrocken sah ich ihn an und schüttelte den Kopf.
„Nein, das kann nicht sein. Sie ist ertrunken, weil sie nicht mehr zu sich kam.“
„Emma, du musst verstehen, wie gefährlich wir für dich sind. Er fand sie und er tötete sie. Dr. Erickson hatte versucht, sie zu schützen, und sie gewarnt, indem er ihr verbot, jemals ein Gewässer zu betreten, aber es hat nichts genützt. Elin hat nur auf den richtigen Moment gewartet.“
Ungläubig schüttelte ich den Kopf.
„Wenn du zurückkehrst, wirst du dich mit Amia verbinden?“ Die Frage kam mir nur schwer über die Lippen. Doch jetzt wollte ich die ganze Wahrheit. Ich ahnte die Antwort, bevor er sie mir gab.
„Ja. Wenn ich zurückkehre, werde ich Amia zur Frau nehmen.“ Und als wäre nicht alles kompliziert genug, fügte er nach kurzem Schweigen hinzu: „Sie ist Elins jüngere Schwester.“
Ich stöhnte auf.
„Ich werde immer nur dich lieben“, raunte er in mein Ohr. Das machte es nicht leichter.
„Ich verstehe nicht, weshalb es Elin gelingt, Ares’ Autorität zu untergraben. Ich denke, dass das Wohlergehen des Clans für euch an erster Stelle steht. Aber hier geht es um Elins persönliche Rache.“
Calum nickte.
„Du hast recht. Es geht um mehr. Unser Volk stirbt, langsam, aber sicher. Immer mehr unserer Kinder kommen verkrüppelt zur Welt und sind unfähig, lange zu überleben. Viele erreichen kaum ihr Jugendalter.“
Ich sah ihn an, doch er wich meinem Blick aus.
Zögernd sprach er weiter: „Die Meere und Seen sind keine sicheren Orte mehr für uns. Die Menschen vernichten unseren Lebensraum. Das Wasser wird immer schmutziger und unsere Nahrungsgrundlage, die Algen, der Tang und das Seegras, werden ungenießbar. Der Lärm der Schiffe stört die Kommunikation unserer Gedanken, der Gestank der Abgase zerstört unseren Geruchssinn. Immer öfter verliert einer von uns seinen Orientierungssinn. Aus Angst vor den riesigen Schleppnetzen dürfen unsere Kinder nicht mehr das Meer erforschen. Es gibt noch vieles mehr, das unser Leben immer schwerer macht. Nicht nur wir leiden darunter, sondern allen Lebewesen im Wasser geht es so. Erinnere dich an die Wale. Das sind Elins Argumente, wenn er unser Volk dazu bringen will, Krieg gegen die Menschen zu führen. Selbst ich muss sagen, dass er eine sehr überzeugende Art hat, diese vorzubringen.“
„Gibt es keinen anderen Weg?“
„Wenn dir einer einfällt, dann kannst du ihn mir verraten. Wir denken seit so langer Zeit darüber nach.“ Traurig lächelte er mich an.
Ich hatte mir über solche Dinge nie länger Gedanken gemacht. Sicherlich wusste ich, dass wir Menschen für viele Katastrophen verantwortlich waren, aber ich hoffte, dass alles ins Lot kommen würde. Dass die Menschen zur Vernunft kommen würden. Was sollte ich schon tun? Jetzt schämte ich mich dafür. Calum vom Sterben seines Volkes sprechen zu hören, machte mich traurig, doch ein Ausweg fiel mir nicht ein.
Trotzdem wagte ich einen Vorstoß.
„Ihr könntet euch zeigen. Wenn die Menschen wüssten, dass es andere fühlende und denkende Wesen gibt, die uns so ähnlich sind,
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