MondSilberTraum (MondLichtSaga) (German Edition)
Tür auf, um dem Klopfen endlich ein Ende zu bereiten.
Raven stand vor der Tür und drängte sich, ohne ein Wort zu sagen, an mir vorbei.
»Raven, was ist los? Weshalb veranstaltest du so einen Höllenlärm?«
»Wo ist Calum?«, fragte sie, ohne auf meine Frage einzugehen.
Ich deutete mit dem Finger nach oben. »Im Bett.«
»Ihr habt euch vertragen?«
Ich nickte.
In diesem Moment kam Calum die Treppe herunter.
Vergeblich versuchte er, seine verstrubbelten Haare zu glätten.
»Ist etwas passiert?«, fragte er, als er Raven sah.
Erst jetzt fiel mir auf, dass ihr Aufzug mehr als ungewöhnlich war. Raven achtete immer besonders auf ihr Erscheinungsbild. Jetzt sah sie, um es vorsichtig auszudrücken, völlig durcheinander aus. Nichts von dem, was sie trug, passte nur ansatzweise zusammen und auch ihre Frisur war nicht so sorgfältig zurechtgemacht wie sonst.
Ich zog sie in die Küche und drückte sie auf einen Stuhl.
»Sag schon, Raven: Was ist passiert?« Calums Stimme klang alarmiert.
»Sie sind überfallen worden«, flüsterte sie.
Die Tasse, die ich gerade aus dem Schrank genommen hatte, fiel mir aus der Hand. Klirrend zersprang sie auf dem Boden und verstreute ihre Splitter in der Küche.
Niemand von uns sagte ein Wort. Nach einer Weile sah Raven auf.
»Hast du verstanden, Calum. Amia und Miro sind überfallen wurden. Sie haben ihnen aufgelauert.«
Ich machte einen Schritt auf Raven zu.
»Was ist mit Amia?«, fragte ich tonlos. »Was ist mit dem Baby?« Ich rüttelte ihren Arm, um sie zu einer Antwort zu zwingen.
»Elin hat genau gewusst, wo sie hinwollten. Sie haben sie in dem Moment überfallen, indem sie sich getrennt haben. Im Wasser warteten Shellycoats und unsere Elfen wurden von Faunen überwältigt.«
»Woher weißt du das?«, fragte Calum.
»Von Morgaine«, antwortete Raven. »Sie ist mitgeflogen. Sie wollte bei Amia bleiben. Sie kam vorhin zurück.«
»Oh Gott.« Ich konnte es nicht fassen. »Das darf nicht wahr sein. War Jumis nicht da? Er hatte versprochen, Wachen zu schicken.«
»Es war eine Falle, Emma. Sie wussten genau über unsere Pläne Bescheid. Besser als Jumis. Er kam zu spät. Zu spät für Joel, zu spät für die anderen.«
»Was soll das heißen?«
Raven sah Calum an. »Joel, er … er hat sich geopfert, damit Miro mit Amia fliehen konnte. Er und die beiden anderen Shellycoats, die sie begleitet haben, wurden überwältigt. Genau wie unsere vier Elfen. Amia und Miro konnten fliehen. Morgaine hat es gesehen. Als Jumis mit seinen Männern anrückte, sind diese Feiglinge geflohen. Joel und die anderen haben sie mitgenommen.«
»Wir müssen ihn befreien. Sie werden ihn verwandeln.« Ich krallte meine Finger in die Bank, auf der ich saß. Das konnte nicht geschehen sein. Calum setzte sich neben mich und griff nach meiner Hand. Ich sah ihn an. Sein Gesicht war kalkweiß. Sein bester Freund. Er hatte seinen besten Freund verloren.
»Ich hätte mitgehen müssen. Ich hätte wissen müssen, dass so etwas passiert«, presste er hervor.
Raven schüttelte den Kopf. »Das stimmt nicht, Calum. Niemand von uns hätte wissen können, dass so etwas geschieht. Wir wussten doch selbst nicht, wann Amia aufbrechen musste. Und wir haben extra nur so eine kleine Mannschaft geschickt, um kein Aufsehen zu erregen. Jemand muss es trotzdem geschafft haben, die Undinen oder Elin zu benachrichtigen.«
»War er dabei? Hat Morgaine ihn gesehen?«
Raven schüttelte den Kopf.
»Ich bringe ihn um. Ich bringe ihn eigenhändig um, wenn er Joel auch nur ein Haar krümmt.«
»Sie werden ihn nicht verschonen.«
Ich sah Raven an. Es war grausam, so etwas zu sagen.
»Jemand muss es Amelie sagen.« Raven blickte mir in die Augen. Ich konnte nicht anders als nicken. Dann stand sie auf.
»Calum, kommst du zum Schloss? Wir müssen uns eine neue Strategie überlegen. Joel wird unseren Plan verraten.«
Calum wirbelte herum.
»Das würde er niemals tun!«, schrie er Raven an. »Niemals, hörst du.«
Raven wich zurück. »Er ist längst nicht mehr er selbst, Calum. Ich weiß, dass er dies unter normalen Umständen nicht tun würde. Du musst dich beruhigen, Streit bringt uns nicht weiter.«
»Es ist besser, wenn du jetzt gehst«, forderte ich Raven auf. »Calum kommt so schnell wie möglich nach.«
Raven nickte.
Ich zog Calum zu mir auf die Bank. Er legte seine Arme um mich und verbarg sein Gesicht an meiner Schulter. Ich hielt ihn fest und schwieg. Nichts, was ich sagte, würde ihn trösten. Er hatte
Weitere Kostenlose Bücher