Mondspiel: Novelle (German Edition)
Geringste. Dafür hast du gesorgt. Ich bin sofort in die Fußstapfen meiner Mutter getreten, oder etwa nicht? Du wusstest, dass ich die Zwillinge niemals aufgeben oder sie Pflegeeltern überlassen würde.Als du vorgeschlagen hast, eine Fremde einzustellen und die beiden vielleicht auseinanderzureißen, wusstest du, dass ich alles tun würde, damit sie zusammenbleiben.«
Er zuckte ohne jede Spur von Reue die Achseln. »Sie gehörten zu dir. Sie waren ihr ganzes Leben lang mit dir zusammen. Wer wäre besser geeignet gewesen als du, Jessica? Ich wusste, dass du sie liebst und dass du dein Leben für sie riskieren würdest. Sag mir, was daran auszusetzen ist, dass ich das Beste für meine Kinder wollte?«
»Sie gehören zu dir, Dillon. Hierher, wo du bist. Sie brauchen einen Vater.«
Sein Lachen klang bitter und enthielt keine Spur von Humor. »Einen Vater? Ist das die Rolle, die von mir erwartet wird, Jessica? Ich erinnere mich an meine früheren Fähigkeiten auf diesem Gebiet. Ich habe sie mit ihrer
Mutter in einem Haus auf einer Insel ohne Feuerwehr allein gelassen. Denkst du so lebhaft daran zurück wie ich? Du kannst mir nämlich glauben, dass es in mein Gehirn eingebrannt ist. Ich habe sie bei einer Mutter gelassen, von der ich wusste, dass sie nicht bei klarem Verstand ist. Ich wusste, dass sie ständig unter Drogen stand und labil und gewalttätig war. Ich wusste, dass sie ihre Freunde hierhergeholt hat. Und, was noch schlimmer ist, ich wusste, dass sie sich mit Leuten abgegeben hat, die Okkultisten waren. Ich habe sie in meinem Haus geduldet, obwohl meine Kinder da waren. Und du.« Er fuhr sich mit den Fingern durch sein schwarzes Haar und zerzauste die unbändigen Locken, so dass ihm das Haar in sein vollkommenes Gesicht fiel.
Er stieß sich vom Bücherregal ab, eine blitzschnelle Bewegung, fließend wie Quecksilber, und lief dann mit der Anmut eines Balletttänzers und der Verstohlenheit eines Leoparden durch das Zimmer. Wann hatte seine Obsession begonnen? Er erinnerte sich nur noch daran, dass er sich danach gesehnt hatte, nach Hause zu kommen und in der Küche zu sitzen, um das Mienenspiel auf Jessicas Gesicht zu betrachten. Er hatte seine Songs über sie geschrieben. In ihrer Gegenwart hatte er Frieden gefunden. Jessica besaß die Gabe zu schweigen. Und zu lachen. Er hatte sie unablässig beobachtet, und doch hatte er am Ende auch sie im Stich gelassen.
»Dillon, du urteilst zu streng über dich«, sagte Jessica leise. »Du warst damals noch so jung, und alles kam gleichzeitig – Ruhm und Reichtum. Deine Welt hat auf dem Kopf gestanden. Du hast oft gesagt, du wüsstest nicht, wie die Realität aussieht, wo oben und wo unten ist. Und du hast hart daran gearbeitet, dass für alle das
Beste dabei herausspringt. Die anderen brauchten das Geld, das du verdient hast. Alle waren von dir abhängig. Wie konntest du von dir erwarten, dass du alles andere auch noch perfekt hinkriegst? Du warst nicht für Vivians Entscheidung, Drogen zu nehmen, verantwortlich, und du warst auch nicht für die anderen Dinge verantwortlich, die sie getan hat.«
»Wirklich nicht? Sie war krank, Jess. Unter wessen Verantwortung fiel sie, wenn nicht unter meine?«
»Du hast sie zahllose Male auf Reha geschickt. Wir alle haben ihre Drohung, sich umzubringen, wenn du sie verlässt, gehört. Sie hat damit gedroht, dir die Kinder wegzunehmen. « Sie hatte viel mehr angedroht als nur das. Mehr als einmal war Vivian ins Kinderzimmer gestürzt und hatte geschrien, sie würde die Zwillinge in das schäumende Meer werfen. Jessica presste sich eine Hand auf den Mund, als diese quälende Erinnerung sie bestürmte. Dillon hatte versucht,Vivian in eine psychiatrische Klinik einweisen zu lassen, aber sie war sehr geschickt darin, die Ärzte zum Narren zu halten, und diese glaubten ihr die Geschichten über einen untreuen Mann, der sie aus dem Weg räumen wollte, während er Rauschgift nahm und mit Groupies schlief. Die Regenbogenpresse bekräftigte ihre Anschuldigungen ohnehin.
»Ich habe es mir zu leichtgemacht. Ich bin abgehauen. Ich bin auf Tour gegangen und habe meine Kinder, dich und Rita ihrem Wahnsinn ausgeliefert.«
»Die Tour war schon seit langer Zeit gebucht«, wandte Jessica ein. »Dillon, das ist alles Schnee von gestern. Wir können nichts an den Dingen ändern, die passiert sind, wir können nur sehen, wie es weitergeht. Tara und Trevor brauchen dich jetzt. Ich will damit nicht sagen, dass sie
bei dir leben sollen, aber sie
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