Mondspiel: Novelle (German Edition)
einen flachen Stein gezeichnet. Er hat richtig geleuchtet. Ich habe den Weg nur verlassen, weil ich ihn mir genauer ansehen wollte.«
Plötzlich herrschte Stille in der Küche. Nur der Wind war zu hören, ein leises, düsteres Heulen draußen zwischen den Bäumen. Jessica lief ein Schauer über den Rücken. Augenblicklich nahm sie die Veränderung an Dillon wahr. Da beide an der Kücheninsel lehnten, und sein Körper sie fast von Kopf bis Fuß berührte, konnte ihr seine plötzliche Anspannung nicht entgehen. Ein übermächtiges Gefühl, das über ihn hereingebrochen war, ließ ihn erbeben.
»Bist du ganz sicher, dass du einen doppelten Kreis gesehen hast, Trevor?« Dillons Gesicht war eine ausdruckslose Maske, doch seine Augen loderten.
»Ja«, antwortete Trevor, »er war klar und deutlich zu erkennen. Ich bin nicht nah genug herangekommen, um zu sehen, woraus er bestand, bevor alles auf mich herabgestürzt ist. Er war nicht auf den Felsen gezeichnet oder gemalt, wie ich anfangs gedacht hatte. Die Kreise bestanden aus etwas und waren auf den Stein gelegt worden. Das ist alles, was ich gesehen habe, bevor ich über einen Baumstamm gestolpert bin und alles auf mich runtergekracht ist. Ich habe in die kleine Kuhle an der Seite des Hügels gepasst und bin nur deshalb nicht zermalmt worden. Ich habe mir den Mund und die Nase zugehalten und flach geatmet, sobald nichts mehr nachkam, und gehofft, ihr würdet euch beeilen. Ich wusste doch, dass Tara euch so schnell wie möglich holen würde.«
Dillon sah seinen Sohn weiterhin an. »Brian, hast du diesen Schmutz in mein Haus gebracht? Hast du das im Ernst gewagt, nach allem, was passiert ist?«
Niemand bewegte sich. Niemand sagte etwas. Niemand sah den Schlagzeuger an. Brian seufzte leise. »Dillon, ich habe meinen Glauben, und ich praktiziere ihn, ganz gleich, wo ich bin.«
Dillon drehte langsam den Kopf um und spießte Brian mit seinem stählernen Blick auf. »Du praktizierst diesen Dreck hier? In meinem Haus?« Er richtete sich zu seiner vollen Größe auf, und in seiner Haltung lag etwas enorm Bedrohliches.
Dillon nahm am Rande wahr, dass Jessica äußerst behutsam eine Hand auf seinen Arm legte, um ihn zurückzuhalten, aber er sah sie nicht einmal an.Wut brandete in ihm auf. Die Erinnerungen, finster und abscheulich, stiegen auf, um ihn mit Haut und Haar zu verzehren. Schreie. Dieser Singsang. Der Gestank von Räucherstäbchen, der
sich mit dem Moschusgeruch sexueller Lust verband. Das blanke Entsetzen auf Jessicas Gesicht. Ihr nackter Körper, mit widerwärtigen Symbolen bemalt. Die Hand eines Mannes, die ihre unschuldigen Rundungen schändete, während sich andere schwer atmend und obszön keuchend um sie drängten und zusahen, die mit ihren Händen ihre eigene Erregung fieberhaft steigerten, während sie ihren Anführer anspornten.
Galle stieg in ihm auf und drohte, ihn zu ersticken. Dillon widerstand dem Drang, seine Finger um Brians Kehle zu legen und zuzudrücken. Stattdessen blieb er vollkommen still stehen und ballte seine Hände zu Fäusten. »Nach all dem Schaden, der hier angerichtet worden ist, hast du es gewagt, diese Abscheulichkeiten in mein Haus einzuschleppen?« Sein Tonfall war ruhig und gefährlich, eine Drohung, die einem eiskalte Schauer über den Rücken jagen konnte.
»Trevor und Tara, ihr geht auf der Stelle nach oben.« Jetzt richtete sich auch Jessica auf, denn sie hatte große Angst vor dem, was passieren könnte. »Geht jetzt sofort und ohne jede Diskussion.«
Diesen speziellen Tonfall setzte Jessica nur äußerst selten ein. Die Zwillinge blickten von ihrem Vater zu Brian und verließen gehorsam das Zimmer. Trevor sah sich noch einmal um, weil er sich um Jessica sorgte, aber sie sah ihn nicht an und ihm blieb nichts anderes übrig, als mit Tara zu gehen.
»Ich will, dass du von dieser Insel verschwindest, Brian, und dich nie wieder hier blickenlässt.« Dillon stieß die einzelnen Worte klar und deutlich hervor.
»Ich gehe, Dillon.« Brians dunkle Augen verrieten, dass auch in ihm Wut aufstieg. »Aber vorher wirst du mich
anhören. Ich habe weder jetzt noch früher etwas mit dem Okkulten zu tun gehabt. Ich betreibe keine Teufelsanbetung. Ich habe Viv nie in diese Szene hineingezogen, das hat ein anderer getan. Ich habe mein Bestes gegeben, um es ihr auszureden und sie dazu zu bringen, die Finger davon zu lassen.«
Jessica streichelte mit ihrer Hand beschwichtigend Dillons steifen Arm und spürte die Wülste auf seiner Haut,
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