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Mondtaenzerin

Mondtaenzerin

Titel: Mondtaenzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederica de Cesco
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keine feste Adresse hast?«
    Giovanni schüttelte den Kopf.
    »Nur so aus Vorsicht.«
    Peter öffnete den Mund, doch Giovanni beachtete ihn schon nicht mehr, wandte sich mir zu und griff nach meiner Hand.
    »Komm, Alessa. Da ist eine Sache, die ich erledigen muss. Aber ich bringe dich zuerst nach Hause.«
    Ich zog die Hand weg, bevor er sie nehmen konnte.
    »Ach, geh schon, Giovanni«, sagte ich etwas gereizt. »Ich kenne den Weg!«
    Dann sah ich seine Augen, die mich anblickten, und in mir wurde es finster. Er war unglücklich und besorgt und fühlte
sich wie ein Schuft. Da war etwas, das ihn nervös machte. Dunkelheit begann sich in mir auszubreiten. Ich konnte es nicht ertragen, dass er unglücklich war. Aber er ist es ja schon viele Male gewesen, dachte ich, und ohne dass ich eine Ahnung davon hatte. Mach die Sache nicht komplizierter, Alessa, dachte ich mir. Ich legte meine Hand auf seinen Arm.
    »Geh, Giovanni, dann hast du es hinter dir. Ruf mich an, wenn du kommst. Ich habe zwei Tage frei.«
    Er nickte, bevor sich seine Augen auf Viviane richteten. Sie schwankte leicht, als ob es ihr übel sei.
    »Wann geht dein Flugzeug?«
    »Welches Flugzeug?«
    Sie sprach mit schleppender Stimme, wobei ihr Kopf nach vorn fiel und sie auf den Boden starrte. Die Antwort kam von Tommy, einem der Musiker, der neben uns stand.
    »Morgen um 18:30 Uhr. Wir fliegen direkt nach London. Und in drei Tagen treten wir in Dublin auf.«
    »Dann sehen wir uns ja noch«, sagte Giovanni.
    Viviane hob ruckartig den Kopf.
    »Wie?«
    Sie stolperte, hielt sich an Peter fest. Ihr Ausdruck war völlig abwesend. War Viviane betrunken?
    »Viviane, du bist müde«, sagte ich. »Komm, wir bringen dich ins Hotel. Und du, Peter, wo schläfst du?«
    Er antwortete ziemlich frostig. »Bei meiner Schwester, natürlich. In der Besenkammer. Und ich glaube nicht, dass ich schlafen kann.«
    Natürlich, dachte ich. Er fühlt sich plötzlich nicht mehr sicher unseretwegen.
    Ich wollte ihn nicht verletzen, aber ich hatte es trotzdem getan.
    »Peter«, sagte ich, »du darfst dich nicht aufregen. Ich werde sehr traurig sein, wenn du nicht schlafen kannst.«
    Er lächelte, schon etwas ruhiger.

    »Manchmal schlafe ich schlecht, aber das hat nichts mit dir zu tun. Ich komme mit wenig Schlaf aus. Das macht nichts, man muss es nur gewohnt sein.«
    Ich nickte ihm zu, aber ich hatte nicht wirklich zugehört. Ich hatte nur einen Mann im Kopf und war blind und taub für die Gefühle des anderen.
    Die Musiker waren müde und gähnten, und Viviane hatte ihre High Heels von den Füßen gestreift, als ob sie die Berührung mit dem Boden suchte, um sicher zu stehen.
    Ich schlug vor, dass wir uns zum Mittagessen wieder im Castille treffen sollten. So hätten alle genug Zeit auszuschlafen. Die Musiker nickten, okay für sie. Viviane blickte zum Himmel empor und sagte kein Wort. Ihr Gesicht war von einem leichten Schweißfilm überzogen. Ich wandte mich an Giovanni.
    »Um eins, geht das für dich?«
    »Ja«, sagte er, wobei er Viviane nicht aus den Augen ließ. Und er setzte hinzu: »Ich denke, es wird das letzte Mal sein, dass wir uns sehen.«
    Viviane hob tastend die Hand, zerrte sich die welke Blüte aus den Haaren. Sie hatte aufgehört, jung und schön zu sein. Ich empfand einen plötzlichen Schrecken, weil ihr Gesicht auf einmal so alt und fast blicklos wirkte. Nicht blind – nein eher, als weilten ihre Gedanken anderswo, und sie war so vertieft darin, dass ihre Umgebung den starrenden Augen nichts zu bieten hatte. Giovanni, der gerade gehen wollte, trat auf einmal dicht an sie heran. Er beobachtete sie intensiv, bevor er zärtlich ihren Arm drückte.
    »Du schläfst im Stehen?«
    Sie antwortete mit vager Stimme:
    »Es muss ja wohl so sein, dass jemand schläft.«
    »Ist sie betrunken?«, fragte Peter, mit ratlosem Blick.
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Aber nein, sie hat doch kaum etwas getrunken.«

    Unter Giovannis forschendem Blick hob Viviane ihr blasses Gesicht zu ihm empor. Sie sprach plötzlich mit einer ganz anderen Stimme, wie in Trance.
    »Ich bitte dich, das zu tun, was du tun musst. Ich … ich zwinge dich dazu! Sonst verzeihe ich dir nicht, übrigens auch sonst niemand. Ich habe schon lange auf dich gewartet. Und wenn ich sage, du sollst kommen, dann kommst du, ja?«
    Giovannis Gesicht war wie entrückt, in seiner Gespanntheit fast dem ihren gleich. Es war wie in einem Theaterstück, sie waren zwei Schauspieler, die eine besondere Rolle spielten und ihren Text

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